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Sonntag, 20. März 2011

Aus dem Naturrecht heraus

Wernz-Vidal schreibt in seinem Kommentar zum "Ius cannonicum", daß kein Gesetz der Welt (und auch keine private Abmachung) die hierarchische Stufung der Ehepartner aufheben oder verändern kann. Hier handelt es sich, sagt der Kirchenrechtler, um reines Naturrecht, dessen unabänderlicher Anspruch als Vorausetzung zum Gelingen (hier: einer Ehe) sich aus dem Wesen der Dinge ergibt. Einem sogar durch Offenbarung bezeugten sogar, wie Reidick schreibt. Dies betrifft übrigens auch die elterliche Gewalt.

Die Hierarchie gehört zum Wesen des Sakraments, und damit auch zum Wesen des Vertrages. Ihm ist auch das im Ehepakt (als Kern) übertragene "ius in corpus" - das Recht auf den Körper des anderen im Sinne der vollen Leibesgemeinschaft - zugeordnet (nicht umgekehrt!) Das zeigt sich auch in der Bedingtheit, die das "Ius in corpus" nämlich hat, es ist nicht unwiderrufbar. Die Unauflöslichkeit der Ehe gründet also nicht dessen Perpetuität. Damit ist auch klar, daß das "essentialum proproietatum" des Ehepakts - jene Bestandteile, die ihn zustandekommen lassen - noch tiefergegründete Bestandteile hat, als die Körperlichkeit, es besteht nicht volle Identität zwischen Ehebund und dem Übereignen körperlicher Rechte, im Sinne der Zeugung von Nachkommenschaft als vornehmste Frucht.

Es ist ja in den Augen mancher Autoren (s. u. a. Gasparri) eigentlich nicht einmal notwendig, daß die beiden Partner wissen, wodurch Nachkommenschaft entsteht. (Was ein "Smiley" fast verdient hätte.) Wenn auch die Mehrheit der Kommentatoren zum Kirchenrecht der Auffassung sind, daß zwar keine physiologische Kenntnisse, wohl aber die Kenntnis des Zusammenhangs Geschlechtsverkehr und Nachkommenschaft notwendig sei. Bleibt, daß es begründet erscheint davon auszugehen, daß zur Gültigkeit der Ehe der Zusammenhang mit der Übertragung des Ius in corpus, über den Rechtspflichtcharakter des dbitum coniugale nämlich, bei Abschluß der Ehe im klaren sein müssen.

Zumal Übereinkunft der Autoren darüber zu herrschen scheint, daß der konkrete Ehewille nicht auf die Übertragung des Ius in corpus zu "zielen" brauche, es genüge vielmehr der Wille, hic et nunc eine Wahre Ehe zu schließen.

Die Kirchenrechtlerin Reidick schreibt zudem, daß auch die Unauflöslichkeit kein direktes Ziel des Ehewillens sein muß. Auch bei Unkenntnis darüber kann ausreichender Ehewille bestehen, ja selbst dann, wenn Unkenntnis darüber den Beweggrund zum Eheabschluß bildet. (Auch in diesem Fall gilt freilich, daß nichts gewollt sein kann, was nicht zuvor gewußt ist - ein alter Rechtsgrundsatz: "nil volitum nisi praecognitum".)

Wobei klar zu scheiden ist - und das ist ein sehr kluger Satz über die menschliche Wirklichkeit - zwischen dem, was positiv gewollt ist bzw. gewollt sein muß, und dem, was ausdrücklich ausgeschlossen werden darf, damit es zu einer gültigen Ehe kommen kann. Positiv gewollt sein muß nur der Abschluß einer Ehe. Mann und Frau müssen den Willen haben, sich als Gatte und Gattin aneinander zu binden, und um das wirksam zu können, müssen sie wenigstens wissen, daß die Ehe eine dauernde Gemeinschaft von Mann und Frau ist zur Erzeugung von Nachkommenschaft.

Dieses Minimum ist nicht mehr reduzierbar, sodaß man auch sagen kann, daß man es hier mit dem irreduziblen eigentlichen Wesenskern der Ehe zu tun hat. Und in der Tat ist ja das jenes Grundverständnis zwischen den Gatten, auf dessen Zustandekommen normalerweise die Absicht der Kontrahenden sich konzentriert. Das Ius in corpus darf nur nicht positiv ausgeschlossen werden. Aber das Grundverhältnis der Ehe liegt diesem voraus, es ist nicht schlicht identisch!

Darum ist nicht das Ius in corpus sondern das matrimonium ipsum das notwendige Ziel der ehelichen Wilenseinigung, der eigentliche Kern des Ehevertrages. Die Gültigkeit der Ehe wird ja durch die nicht vorhandene Gemeinschaft des alltäglichen Lebens (man beachte: die Gewissensehe, also eine Ehe, die vor der Umwelt geheimgehalten wird, was möglich ist, und wo getrenntes tägliches Leben durchaus möglich ist, durchaus in Parallele mit der Josefsehe, die das Ius in corpus bewußt nicht in Anspruch nimmt), aber auch nicht durch den Nichtvollzug des Ius in corpus (hier gibt es eine Annullierung "aus Gnade" bei der Rota, Anm.) Ehe ist also noch umfassender, noch tiefergreifender, als selbst diese Kernpunkte.

Und ihr eigentlicher, ihr eigentlichster Kernpunkt ist die Einheit. Und die Einheit der Ehe - subsummierbar unter "Treue", mit Führungsverpflichtung des Mannes, Gehorsamspflicht der Frau sowie beiderseitige Verpflichtung zur Liebe und Hingabe - ist hierarchisch strukturiert!

Worauf will das alles hinaus? Daß die Ablehnung der hierarchischen Zueinanderordnung von Mann und Frau - eine Ehe nicht zustandekommen läßt. Und das, das ist in der heutigen Zeit, bei der gesetzlich verankerten "Gleichstellung" der Frau, bei der realen öffentlichen Meinung, bei diesem gesellschaftlichen Klima, ein ... Hammer.

Und tatsächlich gibt es Kirchenrechtler, die der Meinung sind, daß ein außerordentlich hoher Prozentsatz der heute geschlossenen "Ehen" NICHT GÜLTIG geschlossen sind, daß also ein hoher Prozentsatz heutiger Paare unverheiratet bleiben.

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