Man greift sich ans Hirn

Das Beben ist noch nicht einmal vorüber, noch wartet man auf Nachbeben, und die Länder mit Pazifikküsten rüsten für erwartete Tsunamis - da bringen die Zeitungen in ihrem Wirtschaftsteil schon Nachrichten, daß sich das Erdbeben nicht wirklich auf die Wirtschaft und die Börsen auswirken wird. Die Nationalbanken müssen nur ein wenig mehr Geld drucken und ins Land pumpen, das verkraftet der Yen abe rauch noch, und weiter geht's, Fräulein Reiter, was war der nächstre Punkt? Ach ja, die Bestuhlung im Konferenzraum ...

Eigentlich ist alles, was jetzt kommt, nur noch lästig. Wir haben es in unseren Hirnen bereits abgehandelt, die Konsequenzen berechnet, unsere Dispositionen getroffen - wen interessiert noch die Wirklichkeit?

Während die Internetkonsumenten im Zehnminutentakt informiert werden, daß hier noch 20 Tote, dort noch drei Schiffe und ein Atomkraftwerk in Mitleidenschaft gezogen wurden. Leider keine Life-Bilder, aber das kommt noch, ein Hubschrauber ist schon unterwegs. Auf Twitter takten die Meldungen vermutlich im Zehntelsekundenbereich. Schon dieses neue Display gesehen? Hoffentlich entscheides sich Nokia nicht für Windows, die Bilder laden sich dann langsamer. Guck mal, wie die Schiffe herumgeworfen werden. Hast Du gestern das Video mit dem Downhiller vom Mont Blanc gesehen? Irre.

Wen interessiert aber überhaupt Japan? Läse ich nicht grad "Musashi" von Eiji Yoshikawa - mich auch nicht. (Übrigens ein Buch, bei dem ich mich zunemend frage, ob das, was ich da lese, japanische Poesie und wahre Schlichtheit, oder einfachst gestrickter Hollywoodkitsch ist, oder beides sich einfach zufällig entspricht, nur hier echt, dort gemacht ist.)

Ach ja, in Tokyo sind 4 Millionen Menschen ohne Strom. In einer Viertelstunde werden es wahrscheinlich 3,566 Mio sein, dann weiß man es ja hoffentlich genauer. Immer dieses Ohngefähr. Dann, wenn wir die ersten Bilder von den Stränden von Hawaii und Chile bekommen. Ich geh in der Zwischenzeit mal aufs Klo.

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