Es gibt im Grunde zwei Arten von Unternehmertum. Es gibt den Unternehmer, der getragen von einer Produkt- und Diensleistungsidee ist, und davon zu leben versucht (was nicht selten, aber es ist nicht das Schlechteste, sich "Arbeit kauft", wie man gerne sagt) und es gibt den Cleveren, der Gewinne macht, Vermögen anhäuft.
Nicht zufällig ist letzterer Typ das, was man "modernen Gründungstyp" nennt, und den man mit der "GesmbH light", wie sie im Vorjahr eingeführt, und gleich wieder abgeschafft wurde, bevorzugt werden sollte (und, welch Zufall, vor allem betrügerischen Machinationen Vorschub leistete). Er ist ortslos, "flexibel" (auch so ein Wort der Scheuslichkeit, das in hohem Ansehen steht), und fackelt nicht lange. Seine Bindung zum Produkt ist gering, sein Unternehmen muß vor allem mathematisch funktionieren, sein fast ausschließliches Augenmerk gilt deshalb der Logistik, und die Ewigkeit der Dinge zählt ihm wenig.
Erster Typ ist hingegen eingebettet in sein soziales Umfeld, er ist direkt darauf ausgerichtet, seine Fähigkeiten, seinen Pioniergeist, der sich praktisch immer auch auf eine (innere) Verbesserung des Angebots ausrichtet, seinem direkten Umfeld zu offerieren, und der weiß, daß eine Hand die andere wäscht, daß wirtschaftliches Funktionieren nur mit sozialer Verbindlichkeit und Verantwortung füreinander - das ist beidseitig, betrifft Kunden wie Anbieter - möglich ist.
Er wurde nahezu ausgerottet. Unter dem Scheuslichkeitswort "Strukturbereinigung" verbarg sich in der gesamten Nachkriegszeit eine ungehemmte Verlagerung des Wirtschaftens hin zu zweiterem Typ, dem Cleveren, der auch gerne mal in den Promiseiten auftauchte. Der mit findigen Ideen bestehende Strukturen unterwanderte, ausnützte, "verbesserte", Handelsspannen damit meist gleich mit ruinierte - und sich so mittel- oder langfristig sein eigenes Grab schaufelte. Aber ehe es so weit kam, sprang er noch rasch ab.
Ganze Branchen wurden so "umstrukturiert". Indem sie ruiniert wurden. Wie die zahllosen kleinen Photogeschäfte - etwa, als unbedarftes Beispiel - wie sie der Verfasser dieser Zeilen in seiner Kindheit in einer niederösterrichischen Kleinstadt erlebte, von denen eines nach dem anderen in den 1970igern zusperrte, gruben genau solche ortslosen Filialbetriebe das Wasser ab. Ablaufoptimierung war ihr Schlüsselwort, egal wovon, egal für wen.
Einer der "Pioniere" dieser Branche ist nun gestorben, wir wollen es beim Hinweis belassen. Aber nennen wir die Dinge selbst beim Namen. Er ist außerdem beileibe nicht allein, und sein Beispiel ließe sich durch nahezu alle Branchen fortführen. Was als "hochangesehene Geschäftsleute" - seltsamerweise kaum je ohne gewaltige Pleitegeschichte, deren Bekanntwerden sie manchmal knapp doch noch abwenden konnten, etwa durch Verkauf, auch in diesem Fall - in die Nachrichtenspalten der Tageszeitungen und Einladungslisten von Schulbällen seinen Weg findet, ist nicht selten ganz etwas anderes ... Schmarotzer. Gewissenlose. Wurzellose. Die ein Beispiel eines Zynismus der Gegenwart boten, das eine etwas andere Behandlung verdient hätte. Ihre Verdienste haben nämlich recht, recht enge Grenzen, ja es ist fraglich, ob sie den Schaden, den sie angerichtet haben, der viel substantieller ist, auch nur annähernd gutmachen konnten. Zumal ihre Rechnung in überhaupt keiner Hinsicht aufging. Es sei denn, sie waren clever genug, um vorzeitig auszusteigen.
Wie sagte einer der nominell reichsten Männer Österreichs, der sogar in der Forbes-Liste auftaucht, ein hochbetagter Mann, der mit genau denselben Methoden Milliarden aus dem Erlös seiner Ladenketten erzielte, die er mit dem Ruin einer anderen Branche verdient hatte, die vor zwanzig Jahren an einen deutschen Handelskonzern ging? "Ich bin rechtzeitig ausgestiegen, es hat angefangen, mühsam zu werden. Was mir damals gelang, wäre heute nicht mehr möglich." Aber Männer wie diese haben die 1960er geprägt. Haben ein ganzes Land geprägt. Die Goldspangen der Wirtschaftskammern, geleitet vielleicht gar von Personen, die in ihrem ganzen Leben keine existentielle Situation kannten, sind ihnen sicher gewesen.
Aber ... oh ja, es gäbe sehr viel im Wertegefüge der Gegenwart zu korrigieren. Es bräuchte dazu nur eine umfassende, objektive Sachverhaltsklärung - eine RICHTIGE Bilanz. Sie haben aber eine Kultur (und als Teil davon: eine Wirtschaft) regelrecht überrumpelt. Um sich dann schnell aus dem Staub zu machen.
Das muß denn doch einmal gesagt werden.
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