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Donnerstag, 20. März 2014

Funktionalistischer Zentralismus

Einen gewiß sehr richtigen Vorschlag bringt Martin Mosebach in einem Rundfunkinterview, das er dem Deutschlandradio gab. Auf die Frage, wen er sich als Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz denn wünsche, meinte er: Wenn er sich etwas wünschen dürfte, dann - daß es gar keine Bischofskonferenz mehr gebe. Die Zusammenfassung der Bischöfe zu einem ganzdeutschen Gremium habe die Illusion einer Nationalkirche gebracht, die in Wahrheit die persönliche Verantwortung aber auch Durchschlagskraft der einzelnen Bischöfe schwäche. Statt einer geeinten Stimme gäbe es nun eine Stimme des Kompromisses unter lauter einzelnen Geschwächten, deren jeder sich hinter der Anonymität des Gremiums verschanzen könne. Damit hat sich auch die Bedeutung des Bischofs in seiner Aufgabe verundeutlicht. Bischöfe haben sich hinter Beschlüssen von Bischofskonferenzen verkrochen, genauso sich für die Gläubigen das Wesen der Kirche zu einer Meta-Organisation hin aufgelöst hat, der sie gegenüberstehen - statt einer Person.

Zusammenfassungen und hierarchische Zuordnungen hatte ja auch vor dem 2. Vatikanum das Kirchenrecht immer gegeben, in Erzbistümern etwa, oder in anlaßbezogenen Synoden. Seither aber hat die Schaffung von Bischofskonferenzen neue Zuständigkeiten gebracht, die im Kirchenrecht gar nie vorgesehen wären, und auch dem Prinzip persönlicher Verantwortung und Zordnung - Bischof und Kirchenvolk in einer Diözese -  widersprechen. Denn in jedem Bischof begegnet den Menschen die volle Priester-, Leitungs- und Gnadengewalt der Kirche. "Für den Gläubigen ist sein Bischof der Papst," meint Mosebach dazu.

Der Verfasser dieser Zeilen hat in seiner Zeit in der Diözese St. Pölten selbst erlebt, wie sich nach und nach diözesane Einrichtungen in vorgeblich schlagkräftigere, gesamtösterreichische Einrichtungen aufgelöst hatten und auflösen sollten. Mit jedesmal demselben Ergebnis: die diözesanen Strukturen haben sich in Luft aufgelöst, die Einrichtungen verkamen zu wurzellosen, parallelkirchlichen Spielwiesen von Funktionären. Wo sie im Einzelnen und vor Ort noch im Bestand blieben war dies nur dem gesunden Instinkt lokaler Verantwortlicher zuzuschreiben. Am Beispiel St. Pölten hat sich damals gezeigt, daß diese überregionalen Gremien die quasi legalisierte Fluchtmöglichkeit vor der diözesan-bischöflichen Disziplin bedeuteten. Vom Geld, das für solche Einrichtungen der "Überdiözese", die ja zu guten Teilen die Strukturen einer Diözese imitieren, verbraten wird, gar nicht zu reden.

Während die Wirkkraft der Kirche nirgendwo zu-, sondern überall abnahm! Was man natürlich der bequemen Ausrede genereller Zeittendenzen zuschrieb. Statt zu sehen, daß man selbst diese Tendenzen schuft und schafft.




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