Dieses Blog durchsuchen

Sonntag, 5. Juli 2015

Der Inhalt Heiliger Sprache

Jeder Übersetzer weiß um die Schwerigkeit, die Poesie eines Werks - und im letzten ist jedes geschriebene Wort ein Stück Poesie, ob es ein Gedicht oder eine philosophische Aussage ist - in eine andere Sprache zu transformieren. Und es ist meist unmöglich, wenn das neue Werk nicht zumindest eine Neuschöpfung ist, die vom poetischen Inhalt ausgeht, nicht von der bloßen sprachlichen Form. Und es mit diesem Inhalt auch zugleich in eine neue Kultur stellt. Dennoch geht etwas unwiderbringlich dabei verloren, und das ist niemals nachholbar: Daß jedes Werk auf eine Zeit hin und aus ihr heraus geschaffen wurde.

Drückt sich aber in diesem Werk eine zeitlose, ewige Tatsache aus, kann auch die Form nicht verändert werden. Nur so ist dieser Inhalt gleich präsent.

Es ist nicht gut, aus dem Latein in der Heiligen Messe beziehungsweise Liturgie einen Fetisch zu machen. Es ist auch nur die halbe Wahrheit, daran festzuhalten zu verlangen unter Hinweis auf Zwecke und Nutzen. Das alles reicht nicht, das alles sind nur Folgenbeschreibungen.

Der wahre Grund muß in der Ehrfurcht vor dem untransponierbaren Inhalt liegen, der in eine neue Sprache transformiert niemals mehr derselbe sein kann, ÜBER den eine neue Sprache nur noch sprechen kann. Nur im Festhalten an dieser damit immer "heiliger" (und abgehobener) werdenden, nur noch liturgisch verwendeten Sprache, in die der Gründungsimpetus untrennbar verwoben ist, die im Laufe der Zeit aber auch immer weiter auf diese nur anschaulichen Inhalte hin angepaßt wurde, kann auch dieser Inhalt gleich und unverändert weitergegeben werden. Mit größter Behutsamkeit sind deshalb auch nur jene poetischen Aussagen einfügbar, ein Kult damit veränderbar, die diese Inhalte noch präziser, noch begrifflich ausgefeilter zur Darstellung bringen. Weshalb es immer große Heilige waren, die den Inhalten in Anschauung verwandt geworden waren, deren Gebete nach und nach die Liturgie, den Kult angereichert haben. Und nur Heilige könnten es sein, die ein Reform eines Kults durchführen, nur Heilige, die ein Vorhandenes weiter in die Welt hinein ausfalten, auf daß diese für eine Zeit aus ihr heraus greifbar bleiben.*

Ansonsten kann man nur noch über diesen Inhalt sprechen, der als Arkanum zunehmend in die hermetischen Hände jener wandert, die die alte Sprache noch verstehen, und sich in ihr und damit in den Inhalten bewegen können. Aber man gibt ihn damit nicht mehr - weil immer mangelhaft - in der kultischen Handlung selbst weiter. Was umso tragischer wird, wenn die Heilige Handlung selbst Träger der realen Vermittlung Gottes in die Welt ist - im Sakrament.



*Darin wurzelt dieser "tödliche Instinkt", mit dem seit geraumer Zeit in immer kürzeren, ja extrem kurzen Prüfräumen sämtliche Päpste der Neuzeit heiliggesprochen werden. Denn damit (und im letzten: nur damit) lassen sich Reformen sakrosankt stellen. Umgekehrt setzt eine Liturgie von jedem, der in die Heilige Handlung eingreift, diese Heiligkeit voraus. Und genau das ist die fatale Konsequenz, einer Umkehrung gleich, wie sich aus der "Volksbeteiligung" in der Liturgie der Katholischen Kirche zeigt. Der den protestantischen Trugschluß verbreitete, Heiligkeit wäre subjektivistisch attestierbar, ja überhaupt durch Selbstgefühl attestiert. Die Folgen sind logisch zusammenhängend: Nicht nur, daß der VdZ eine erstaunliche Menge von Menschen kennt, sie sich selbst und sogar ausdrücklich als "heilig" bezeichnen.

Mehr noch: Die heutigen Heiligsprechungsverfahren² sind überhaupt zu Heiligsprechungen der Anhänger des Heiligzusprechenden geworden, und damit zu Mitteln aktueller, selbstreferentieller Kirchenpolitik. Im Falle Johannes Paul II. und Polen wurde dies sogar explizit als Grund für eine enorme Dringlichkeit - Stärkung der heutigen (!) faktischen polnischen Kirche durch "Sanktifizierung" - ins Treffen geführt. Und im Fall des aktuellen Papstes (samt Emeritus) hat sich diese Heiligsprechung bereits auf deren Zeit als Lebende ausgeweitet: Die zahlreichen Apologien der Päpste, die ihr Handlen und Sprechen "benedicieren" (also: gut-sprechen; aktiv und wörtlich verstanden), tragen allesamt den Charakter von Argumenten in Heiligsprechungsverfahren.

²Das alles vom VdZ gesagt, ohne sich ein Urteil darüber anzumaßen, ob die betreffenden Personen wirklich heilig waren oder nicht. Dennoch: Wenn es heute auch meist heißt, daß Heiligsprechungen den Charakter der Unfehlbarkeit tragen, so gibt es gute Argumente dafür, daß dies eine unzulässige Ausweitung der Definition der päpstlichen Unfehlbarkeit ist. Die sich nicht zuletzt in der Heiligsprechungsformel selbst, also der dabei verwendten Sprechformel (sic!) ausdrückt, deren Inhaltsbezug v. a. seit dem 1. Vatikanum allzu großzügig ausgelegt wird. - Da greift also ein Rad ins andere. Die Warnung Kardinal Newmans vor der Unfehlbarkeitserklärung des Papstes (nicht des Inhalts, als der realen Wirkung auf die Kirche wegen) könnte also noch berechtigter sein, als er selber meinte. Denn mit dem unfehlbaren Papst (welche Unfehlbarkeit seither nach und nach vom Amt in die faktische, menschliche Person wanderte) wurde in unausbleiblicher Wirkungskette auch das Kirchenvolk ... unfehlbar, weil heilig.

Denn im Anhängen an eine Person (oder ein Ding) nimmt man an dessen Wirklichkeit teil. Aus dieser anthropologischen Tatsache begründet sich die Einheit und das Schicksal der Welt in seinem Bezug zur Vorsehung (Ordnung) Gottes überhaupt (die in der "Quellperson" Jesus Christus verankert ist - nur in ihr, in Gott selbst, wird Maske und Mensch dahinter eins: im Willen des Vaters: "wer mich sieht, sieht den Vater".)

Weshalb menschliche Identität nur als (imperativischer) Bezug zur Maske (persona) zu verstehen ist. Die Ordnung Gottes (wenn man sie sich bildlich vorstellen möchte) ist eine Ordnung von "Masken", als Ideengefüge aus/in Gott. (Namen und Begriffe sind ja ganz real Auftrag.) Wo jemand die Maske ablegt, oder ständig hervorlugt³ (wie es das narzißtische Kind tut, das diese Wirklichkeiten in "ich" und Maske noch nicht auseinanderhalten kann), sie also "verdoppelt" und damit enteigentlicht, tritt er aus dieser Ordnung heraus. Selbst das Gender-Problem wurzelt GENAU darin.

Das ist aber bei so hohen Ämtern wie Papst oder Kaiser von entscheidender Bedeutung, denn sie verlieren damit als "Personen" ihre reale Einungskraft. Kaiser oder Papst sind deshalb historisch immer unter "Ornaten" verschwunden, und haben nach außen nur ALS Amtsträger in entsprechendem Ritus gehandelt. An ihnen DARF nur das Amt als Kopf eines Organismus sichtbar sein. Auf die Spitze getrieben muß man sogar sagen: Ein König, der die Insignien des Reichs geringschätzt und ablegt, IST gar kein König mehr, sondern nur noch Herr XY. Das hat in der Geschichte der Menschheit nachweisbar die allergrößte Bedeutung! Und sie hat es noch heute, nur kennen es nur noch wenige, weil sie sich und den Menschen nicht mehr kennen.

³Ein katastrophales Signal, im übrigen, weil sich der Mensch HINTER einer Maske in seinem faktischen Sein selbst ins Zentrum der (göttlichen) Ordnung der Theateraufführung schiebt. (Man stelle sich das ganz real während einer Aufführung am Hoftheater zu Wien vor. Schauspiel heißt nämlich genau das: Verschwinden des privaten Menschen hinter der Rolle, der Maske.)

Der Witz dabei: Weil dieses Verschwinden hinter einer Maske eine hohe und ständig neu zu erbringende sittliche Leistung ist (die nur in der Tugendhaltung nach und nach "leichter" wird, denn Tugend IST das Verschwinden hinter der Maske), die Anstrengung verlangt, ist es in einer Zeit, der es GERADE UM dieses Hervortreten geht, in der alles darum geht, sich das "Leben zu erleichtern", denn das ist der Charakter der Gegenwart, ist es also heute logisch, daß solchen "Hervortretern" besondere "Sympathie" entgegengebracht wird. Es ist aber - man täusche sich da nur nicht! - die (hämische) Sympathie der Vergemeinung, in der sich Übeltäter bekanntlich gerne zu "Gemeinschaften" finden.

Der VdZ hat in seinen Monaten im Obdachlosenheit (2001) genau das hautnah erlebt: Wo man in Bruderschaft unter seinesgleichen willkommen ist, solange man diesen schrecklichen Zustand (in dem alle ihre Masken des öffentlichen Theaters ablegen) nicht zu überwinden trachtet, um wieder hinter eine/seine (!) Maske zu gelangen.

Genau das stellt sich in einer jüngst veröffentlichten Umfrage zu Glaubwürdigkeiten dar: Dergemäß Papst Franziskus persönlich (als Bergoglio) fast die höchste Stufe an Glaubwürdigkeit erreichte, während die Kirche (!) nur noch vor der EU-Kommission, aber sogar hinter der Politik rangiert. (Man trennt das also! Frage sich doch einmal einer, wie das möglich ist! Denn gerade und NUR im Papst wird Kirche unüberwindlich und untrennbar real, darin gründet ja sogar das Unfehlbarkeitsdogma!) Der Papst hat es also geschafft, sich persönlich, als Juan Bergoglio, in wahrer Schizophrenie von der Kirche "abzukoppeln" - anstatt sie und nur sie "zu sein". Aber mehr als das: Er hat gewisse Eigenschaften des Amtes in seine private Jackentasche gesteckt, und ist auf und davon gelaufen. Denn natürlich ist sein Glanz nur dem Glanz des Amtes geschuldet. Der Witz dabei: Es gibt jede Menge "Katholiken", die darüber jubeln! Über die Gründe dafür wurde alles gesagt.

Wie bei einem Schauspieler also, der zwar nie eine Rolle (gut) gespielt hat, aber es dennoch (über Meinungsmache, Täuschung, Blendung) geschafft hat, ALS XY zum größten Schauspieler gekürt zu werden. Und eiderdautz - solche Schauspieler gibt es heute tatsächlich zuhauf.
 
 
 
 
 
*050715*