Dieses Blog durchsuchen

Montag, 13. Juli 2015

Es geht ja nur um ein paar Gebirgsforellnderln

Wie wenig die Logik der "Energiewende in Deutschland" verstanden wird, beweist ein Artikel in einem der selbsternannten Qualitätsblätter in Österreich. Der Standard berichtet davon, daß Deutschland den gemeinsamen Energiemarkt mit Österreich aufzukündigen gedenkt, um eine Stromgrenze in Bayern zu errichten. 

Päpstlicher Aufforderung nach zärtlich behandelter Natur wird Folge gelsitet
Und da schreiben dann die Qualitätsjournalisten: Klar, das sei ja nur den öden Verhinderern - etwa bei neuen Stromtrassen - zu verdanken! Die, die weitere Stromautobahnen und Windräder boykottieren, und so. Wie längst in diesem Land: ahnundslos immer und überall. Das aber garantiert. Dennoch mannhaft, weil zu allem eine weltverbessernde Meinung.

Der Grund ist natürlich ebenso einfach wie naheliegend: Während durch die Windräder und Solarplätschen - Papst Franziskus nennt sie spirituell ungemein tief "zärtliche Eingriffe in eine ökologisch liebkoste Natur" - der Strom zu gewissen (und weitgehend unberechenbaren) Zeiten im Übermaß vorhanden ist, ist er ungeeignet, eine Dauerversorgung zu gewährleisten. Aber er drückt zu gewissen Zeiten den Preis an der Strombörse Leipzig.

Das hat die Österreicher, die "beggar thy neighbour" als eines der Grundprinzpien des österreichischen Wirrtschaftswunders gerne aufgegriffen haben, zu dem verwegenen Gedanken gebracht, die Elektrizitätsproduktion aus Stauseen - die richtigerweise längst "Pumpkraftwerke" heißen - zu Geldproduktionsmaschinen auszubauen. Das heißt: Wasser wird nicht mehr wie es zu früheren Zeiten romantisch hieß von munter springenden Bergbächlein und kristallklaren Gebirgsflüßlein gesammelt - das auch, aber das ist nur Initial- und Zusatzressource - sondern unter Durchbohrung der Gebirge mit gewaltigen Druckstollen untern gesammelt, und nach oben gepumpt.

Aber nur, wenn der Strom ... billig ist. Weil die Windräder laufen, daß ihre Kugellager durchbrennen (und das tun sie regelmäßig), und Solaranlagen sich aufheizen, daß man jedes Steak binnen Sekunden durchbraten könnte. Dann fällt der Preis in Leipzig in Rekordtiefen, und die Propheten der Neuen Welt schreien: Seht! Seht! Die Strompreise fallen. DURCH DIE ERNEUERBAREN. Sieg!

Genau dann schlägt freilich der österreichische Geschäftssinn zu. Der sich vom vielgerühmten ungarischen* nur durch ein paar Breitengradzehntel unterscheidet. Und man kauft. Gerne. In Leipzig. Während die deutschen Steuerzahler natürlich den garantierten Abnahmepreis an die ökologisch so herzerweichend bewegten Umweltheiligen zahlen, der aber um ein Vielfaches höher liegt, als an den Börsen an Verkaufswert zu erzielen ist.

Das heißt: Hoch subventionierter Strom, der durch ökonomisch unsinnige Windpropeller und die chinesische Arbeitslosigkeit drückende Solarpanele an Nordsee und im Westerwald produziert wird, wird billigst nach Tirol und Salzburg geliefert. Damit werden dort freudig jene Pumpen betrieben, die das Wasser wieder und wieder nach oben pumpen, damit es dann, wenn die Windräder cden verdienten Feierabend machen, wann immer es ihnen halt einfällt, jenen Strom liefern, der dem deutschen Netz nun wieder blitzartig fehlt. Motto: Anruf genügt, und die Quellwasser springen.

Denn natürlich braucht Österreich diesen Pumpstrom nicht. Denn es hat ja seine Kohlekraftwerke, und vor allem: seine östlichen Nachbarn, die gerne den Atomstrom zur Grundversorgung liefern, den Österreich selbst zu produzieren aus moralischen Gründen bekanntermaßen entrüstet ablehnt. (Uhnd weil wir so viel Grünstrom ans europäische Netz liefern, erhält der Wiener Stromabnehmer sogqar ein Zertifikat, das er beim nächsten Beichtgang gerne vorweist: SEIN Strom ist garantiert CO2-neutral, also vor Gott einwandfrei produziert!) 

Sodaß die unsäglichen Windparks im österreichischen Land schönes Ehrenlaub des Rettungsausweises des Planeten sind. Aber kaum mehr. Denn da gibt es ja noch die Flüsse, Ströme ... und Österreich hat hoeh Fallhöhen (denen gemäß sogar die Donau als Gebirgsfluß eingestuft wird) Wie wär's mit "Land der Berge, Land der Pumpkone" statt "... Land am Strome"? Ja, gut, dafür muß  man rhythmisch etwas flexibel sein, aber das geht doch auch bei den Töchtern? "Heimat großer Töchter und Söhne" in der innovativistischen und ungemein gerecht gewordenen Bundeshymne, wo es früher die Weiblichkeit so kränkend nur hieß: "Heimat bist Du großer Söhne".

Was Deutschland da versucht, ist also eine logische Frage notwendiger Verhandlungstaktik. Irgendwie wollen sie da nicht mehr den selbst verursachten österreich-günstigen (Markt-)Strompreis, der der Wiener Regierung als Siegel einer höchst erfolgreichen Politik dient und "sozial verträgliche" Steuerabschöpfung (des Mittelstands) an so vielen anderen Orten leichter möglich macht, so plump subventionieren. Marktpreis gut und schön, aber so ...?

Freilich, im Dilemma: Denn EIGENTLICH braucht die deutsche Energiewende österreichischen - teuren, weil antizyklisch, ja willkürlich produzierbaren - Pump-Speicherstrom lebensnotwendig. Der hier ja nicht mehr tut als jene heimeligen Alpentäler zu ruinieren, die noch nicht von deutschen Touristen überschwemmt werden und nur irgendwelchen Schnapsenzianen, Gebirgsforellerln und Steinadlerkretinerln dienen. Die Frage ist nur, ob Österreich dieses leicht verdiente Geld gleich dringend braucht. Oder weiß, daß es das nicht braucht. Immerhin würde dann auch in Österreich der Strompreis deutlich steigen, der Standard sorgt gleich für die Versorgung mit teutschen Argumenten. Oder für die Vorbereitung nächster Steuererhöhungen, man weiß ja, was man der staatlichen Presseförderung schuldig ist.

Darf man eine (niemandem der Beteiligten schmeichelnde) Prognose wagen? Geht man nach den Postings unter dem Standard-Artikel ist nämlich das Ergebnis eindeutig. Wirklichkeitsfremder, ahnungsloser, desinformierter als intellektuell hochgerüstete Österreicher kann man eigentlich nicht mehr sein. Immerhin erlebt man sich aber hier endlich wieder als vorhanden, da ist das Ergebnis gleichgültig. Es geht ja um nix, außer um ein paar Gebirgsforellnderln. Davon haben wir ja eh genug im Tal daneben.

Oder schaffen es doch noch die teutschen Brüder, uns im Depperlwesen zu übertreffen? Es gibt auch dafür Hinweise. Die Ostmark ("Ostarrichi") hatte ja schon bei der Gründung durch Otto III. die Sonderstellung des "beggar thy neighbour". Der freilich seit 200 Jahren nicht einmal mehr durch die Drehtür geht, für die ihm der Deutsche den Vorrang gibt. Immerhin könnte es draußen regnen, und Hitze wäre auch unerträglich.




*Schon in der Monarchie lobte man die ungarische Mentalität bei Geschäften auf folgende charmante Art: Der Ungar bietet einem mit breitem Lächeln bei der Drehtür den Vortritt an. Und ist trotzdem als erster draußen.




***