Brahms hat in seinen vier Symphonien immer nur dasselbe probiert, ist von anderen Werken - darin liegt seine Stärke - je nur zurückgekehrt, erfahrungsgeschwängert, und hat noch einmal den Erstentwurf verbessert. Es war nicht seine Form, die dritte ist von der letzten seiner vier Symphonien kaum noch zu unterscheiden.
Wie anders Beethoven und - Bruckner, der ewig Unterschätzte. Hier ist ein Weg, hier ist ein Ringen um alles, um wirklich alles. Und beide enden mit ihrer Neunten, die Schubert in seiner Achten schon fast vorwegnahm, er schaffte es nicht mehr. Dworak noch einmal seltsam in Utopie überdrehte, als wollte er neu beginnen. Denn seine ersten acht Symphonien sind noch solche Entwicklung. Aber ihm ist - wie slawisch - sozusagen der Geduldsfaden gerissen, er ist nach Amerika gegangen, und frustriert zurückgekommen. Aber er hat die Utopie benützt, um neu anzusetzen, die Eidnrücke haben ihm ungewälzt,. Er kam nicht zur Vollendung. Während Mahler, der auf die Oper gerichtet war, in allem was er machte, die Symphonie sowieso ganz anders sah, technischer, wagt der VdZ zu sagen. Beethoven zuvor war sie eigentliche Form, er endigte himmelsgeschwängert, ohne ihn zu erreichen. Es bleibt voluntaristisch "schillerisch".
Bruckner hingegen in der Demut des einfachen Bauernburschen, der sich nie für groß genug hielt und Wagner nicht einmal die Hand zu geben wagte, bei dem er doch so viel an technischen Parallelen - beide Teilhaber an derselben Zeit und Musikstufe - sah, er schaffte diesen Übergang.
Bruckner hingegen in der Demut des einfachen Bauernburschen, der sich nie für groß genug hielt und Wagner nicht einmal die Hand zu geben wagte, bei dem er doch so viel an technischen Parallelen - beide Teilhaber an derselben Zeit und Musikstufe - sah, er schaffte diesen Übergang.
Bruckners Neunte ist deshalb umso hörenswerter. Nicht, weil der VdZ gesteht, daß er seine Symphonien mehr schätzt als selbst die Beethovens, aus reiner subjektiver Vorliebe also. Er hört in Bruckner etwas anderes. Es ist das wirkliche, abschließende Ringen eines "Musikanten Gottes" um das Seelenheil, das Schicksal des Lebens, seine Tragik, seine Erfüllung im Hoffen. Hier pocht ein Mensch mit allem was er hat ans große Tor, ohne noch an seine Kraft zu glauben - nur zu bangen, daß es reiche. Mit allen seinen bisher bereits angedachten Formen, noch einmal, noch einmal entwickelt, transformiert. Das ist die Wagnersche Form in Bruckner, nur anders, ohne Selbstaufspielung. Großartig unter Furtwängler interpretiert. Eine Seele kam zur Ruhe. Hier klingt wie bei seiner wahrlich vollendeten (und im Linkverweis meisterlich* vorgetragenen) Kantate Os iusti der Mensch im All aus, die der VdZ vor etlichen Jahren das Glück hatte, in einem kleinen aber feinen Chor singen zu dürfen, denn nicht viele Chöre wagen sich über dieses rhythmisch sehr komplex gebaute Stück. Parce nobis, Domine!
*Speziell in dieser Kantate zeigt sich in der Fähigkeit zur Getragenheit eine Könnerschaft, die jenes Tempo erlaubt, das diese Kantate erst leuchten macht. Wahrscheinlnich wäre sie erst bei einer Dauer von 12 Minuten vollendet vorgetragen. Fast immer wird es zu schnell gebracht. Das ist aber kein Stück der Virtuosität. Denn erst im Meditieren erschüttern diese letzten Takte bis ins Mark. "Et non suplantabuntur gressus eius ... " die im "Halleluja" ins All verklingen. Vielleicht gelingt das Stück deshalb so selten vollkommen", weil auch den Sänger mehr und mehr eine Bewegung zum Ewigen erfaßt, die ihn unwiderstehlich zum Schluß nur noch in Tränen der Sehnsucht singen läßt. Einen gelngenen Schluß hat der VdZ deshalb ... noch nie gehört. Gebe Gott, daß er selbst ihn seinerzeit näher an der Ewigkeit sang. Vieleicht übersteigt er das, was ein Mensch überhaupt noch kann. Bruckner aber so gerne gehabt hätte. Der Leser mag aus dieser Version ahnen, was der VdZ meint. Deren Abschluß ist schon nicht so schlecht. Und, wagt er zu sagen, dann hat man Bruckner begriffen. Wahrscheinlich kann man Bruckner bald überhaupt nicht mehr singen. Oder aufführen. WER wollte ihn interpretieren? Denn Bruckner verstehen heißt, unter der verzweifelten Last der eigenen Sünde zusammenbrechen und auf die Gnade zu hoffen. Dann klingt er gut. Bruckner war in den Augen des VdZ vermutlich ein Heiliger, ein Mystiker. Aber einer der echten Art. Niemad sonst hätte so ein Ave Maria schreiben können. Aber die Heiligen der Gegenwart erkennt man nicht mehr.
*020116*