Immer wenn es zu einem Thema, das eine Zeit lang in unseren Medien hochgekocht wurde - meist in Zusammenhang mit der Ankündigung von Katastrophen - still wird, sollte man ihm einmal so richtig nachgehen. Das bestätigt sich immer wieder. Und was man dann sieht belegt meist, wie belanglos und irrelevant - oder bewußt verlogen - wir informiert werden.
Eines dieser Themen war der sogenannten "Brexit", also der Austritt Großbritanniens aus der EU. Was schallten da nicht an Kassandra-Rufen durch die Landschaft, um zu vermeiden, daß vielleicht das eine oder andere europäische Land auch auf diese verwegene Idee käme. Großbritannien würde abstürzen, schwere nachteilige Folgen hätte es zu befürchten, Arbeitslosigkeit, Rezession, Kapitalflucht, Armut, kurz - ein Desaster nach dem anderen!
Die Realitätsbezogeneren freilich waren etwas zurückhaltender, und sie haben Recht behalten, berichtet Journalistenwatch. Denn die wirtschaftliche Lage Großbritanniens ist ausgezeichnet. Die Produktionszahlen der Industrie sind am höchsten Stand seit 22 Jahren, die Arbeitslosigkeit ist so niedrig wie seit 1973 nicht mehr, die Inflation ist moderat und im EU-Schnitt, der Export floriert, und auch ausländische Industrieunternehmen investieren, wie jüngst BMW, das nun seinen Mini doch in Oxfort bauen wird, und nicht in den Niederlanden, wie es mal hieß. Ja, im Bankensektor gibt es eine kleine Delle, da ist einiges nach Paris und Frankfurt abgewandert, aber das ist verkraftbar. Im großen Ganzen blicken die britischen Unternehmer, ja die meisten Briten, mit großer Zuversicht in die Zukunft! Also auch der britischen Psyche scheint es hervorragend zu gehen. Trotz Brexit. Trotz? Müßte man nicht eher sagen: WEGEN des Brexit?
Wollen wir einmal unterstellen, daß die bange Sorge so gar vieler ehrlich gemeint war. Wollen wir annehmen, daß sie es nicht besser wußten, wirklich glaubten, daß passieren würde, was sie den Briten angeblich so gar nicht an den Hals wünschten. Wollen wir also nicht unterstellen, daß man das genaue Gegenteil befürchtete, nämlich daß es so kommen würde, wie es nun kam, und daß das britische Beispiel Schule machen würde. Weil plötzlich so viele entdecken, daß die EU zu einem Moloch verkommen ist, der alles andere als das Gemeinwohl der Europäer im Sinn hat, sondern nur noch seinen Selbsterhalt, um nicht zu unterstellen: Ganz andere Interessen.
Dann aber muß man sich doch die Frage stellen, ob unsere Eliten die Welt überhaupt noch denken können. Ob sie überhaupt noch in der Lage sind, sich eine Welt vorzustellen, die außerhalb ihrer Schemata, in die sie offenbar wie in Zwangsjacken eingespannt sind, existiert. Das wäre nämlich ein dringender Anlaß, sich von ihnen zu trennen.
Aber wetten wir, die wir leider schon gelernte Pessimisten weil Realisten sind? Die Berichterstattung wird sich auf etwas Neues einschießen. Sie wird uns nun mit Berichtwolken des Inhalts überziehen, daß die EU eine hohe moralische Sendung hat, die einen Menschen verlangt, der nicht so engstirnig - wie die Briten - auf den eigenen Vorteil bedacht ist, sondern durchaus in der Lage ist, um eines höheren Gutes willen auch Einbußen hinzunehmen. Immerhin geht es ja ums Seelenheil.
Verdammt, daran haben die Briten offenbar nicht gedacht. Der VdZ wußte ja, daß es da einen Haken geben mußte. Schon seine Mutter meinte doch stets: Bösen Menschen geht es immer gut. Na gut, nötigenfalls werden wir sie zu unseren höheren Moralstandards schon noch zwingen. Noch ist ja nichts wirklich ausverhandelt.
*310717*