Teil 3) Warum Hitler gar nicht seine Politik machte,
sondern die Idee eines Deutschen Reiches ihn zwang
Noch ein Punkt aber soll herausgegriffen werden, den von Flocken auf eine Weise darstellt, mit der der VdZ nicht einverstanden ist. Denn anderseits behauptet er ja, daß die Politik des Dritten Reiches keineswegs in der Politik des Zweiten (Bismarck-)Reiches und auch nicht in der des Ersten Reiches stand. Anderseits behauptet er nun seltsamerweise, daß deren Politik in keinerlei Zusammenhang steht und stand. Aber das ist sicher falsch! Vielmehr muß - und das müßte endlich geschehen! - die Außenpolitik Deutschlands in einem einzigen Zusammenhang seit 1806 gedeutet werden. Die unter Notwendigkeiten stand, die sich aus der Einigungsbestrebung der Linken ab 1806 ergab udn von preußischen Generalen als erste - unter dem militärischen Druck durch Napoleon - aufgegriffen wurden. (Die deutsche Einigung ging also tatsächlich vom Militär aus, wenn man es so bezeichnen will.)
Ein so starkes Gebilde inmitten von Europa aber stand von Anfang an unter besonderen strategischen Überlebensgeboten. Es war zum einen zu klein, um es mit "allen" ausnehmen zu können, sodaß es einen Mehrfrontenkrieg immer vermeiden mußte. Vor allem fehlte es an Rohstoffen und Menschenmassen, was angesichts der neuen Massenkriege richtig als Kriterium der neuen Kriege (dieses Thema wurde im 19. Jhd. unter Militärs viel diskutiert: Wie würde dieser neue Krieg aussehen?) Diese Erfahrung der Implikationen seiner Lage hatte Preußen gemacht, und so war es der Vorreiter (und bald Dominator) eines Deutschland, das die "preußische Lage" wiederspiegelte und seine Außenpolitik auf einen neuen Begriff seiner selbst bezog - als Nation. Denn vorher hatte jeder der deutschen StaatEN, jedes Volk gewissermaßen, das sich als eines begriff und damit als Staat begriff, seine eigene Außenpolitik gemacht, die auf ein ganz anders verstandenes Europa Bezug nahm. Bayern, Österreich, Hannover sind die besten und bei weitem nicht einzigen Beispiele dafür. Und die "Deutschenverachtung" der hessischen Könige, die ihr Land geostrategisch ganz anders begriffen, war legendär. Zu behaupten, daß das "zu nichts führte" oder gar "gegen einen selbst gerichtet war ist bis heute nicht bewiesen. Europa, die deutschen Staaten und Völker hätten auch ganz andere Wege gehen können.
Deshalb mußte seine Überlebensstrategie (und jeder Staat mußte diese Frage ja lösen), wollte man nicht immer unter dem politischen Diktat stärkerer Mächte (Rußland, Frankreich, England, auch Österreich mußte als potentieller Kriegsgegner gesehen werden) stehen, eine Strategie sein, die unabhängiges politisches Handeln ermöglichte. Dazu kam die besondere Gefahrenstelle der fehlenden Seemacht, die schon geographisch England im Ernstfall gefährliches Übergewicht gab. Deutschland aber brauchte Importe, denn der moderne Krieg (aber auch die moderne Landwirtschaft) brauchte Rohstoffe, die es in Deutschland nicht oder nicht genügend gab. Diese mögliche Blockade durch England war deshalb eine Achillesferse des Überlebens eines Nationalstaates "Deutschland". Das hat sich in den beiden Weltkriegen auch bewahrheitet.
In dieser geostrategischen Situation hatte Deutschland tatsächlich gar keine andere Wahl als den Angriffskrieg als erste Option zu wählen, und den Krieg der Mobilität zu erfinden - rasch Entscheidungsschlachten bei je separierten, überraschten Gegnern herbeizuführen. Es mußte auf jeden Fall verhindern, daß sich Feinde verbünden und ihre Militärmacht konzentrieren konnten. Das hatte ja schon Friedrich der Große vorexerziert.
Was Hitler dann ab 1933 machte war deshalb kein Ausweis seiner persönlichen oder ideologischen Psychopathologie und Kriegssehnsucht, sondern war nichts anderes als die konsequente Fortführung der einzigen Überlebensstrategie, die diesem Preußen-Deutschland seit 150 Jahren eingefallen war. Im Generalstab des (Dritten) Deutschen Reiches wurde also genau so gedacht wie in dem des Zweiten, bzw. seit 1806, ja seit dem Hohenzollern Friedrich II., dem Großen. Die Hauptstränge der deutschen Politik unter Hitler waren deshalb gar nie eine Erfindung Hitlers, sondern sie waren die Notwendigkeiten, in denen sich Hitler selbst wie in einer Zwangsjacke fand, als Grundstrategeme der Außenpolitik eines "Deutschland" (das mit dem heutigen vergleichbar ist) überhaupt. Sie zwingen aber sogar der heutigen deutschen Außenpolitik ihre Gesetze auf, ob man das sehen will oder nicht.
Und insofern hat also von Flocken Unrecht, wenn er meint, daß es keinen roten Faden der Politik seit 1806 bis zu Hitler gab. Es gab ihn, und es gibt ihn bis heute. Nur hat er genau mit dem zu tun, was nun auch durch dieses Compact-Heft zu legitimieren versucht wird, weil ihm die Grundlegitimation fehlt: Ein als Nationalstaat verstandenes "deutsches Reich", ein nationales Deutschland. Als universalistischer Staatsgedanke, der sich um keine Völker und Kulturen und Religionen kümmert, sondern lediglich pragmatisch, auf eine abstrakte Staatsidee hin gedacht wurde.
Daß heute gerade "die Rechten" diesen (ursprünglich linken) Staatsgedanken mit "Identität" füllen wollen, und so wirkt es oft genug, ist deshalb so etwas wie ein Treppenwitz der Geschichte. Erstens, weil diese abstrakte Idee nie "rechts" war, sondern nur einer Linken zugeschrieben werden kann, die an sich bereits universalistische Ideen als ihre ideologische Grundlage hatte und hat. Und zweitens, weil gerade wenn man Heidegger ernstnimmt, der bei der "Neuen Rechten" eine so herausragende Rolle spielt, man diesen (zweitwirklichen, voluntaristischen, positivistischen) Universalismus als Grunddefekt der technischen Moderne (sehr richtig) begreift.
Deshalb hinkt der Vergleich, den von Flocken zwischen (der Ausländerpolitik) Friedrich II. (der Große) und heute (als "vorbildlich") zieht, auf beiden Beinen. Sagt aber viel aus. Denn dieses damalige Preußen war wie das heutige Deutschland eine universalistische Idee, die der Wurzellosigkeit geschuldet ist. Denn der Staatsbegriff dieses damaligen Preußen war dem des heutigen Deutschland mehr als verwandt, er hat sich perenniert. Deshalb zieht sich, ob man das sehen will oder nicht, noch ein roter Faden durch die deutsche Geschichte, der aber historisch nicht anders als durch die Umdeutung des Staatsbegriffs seit der Aufklärung legitimiert werden kann. Nicht durch Volksprozesse. Wo er erstmals (und im übrigen aus reinem Pragmatismus, als posthoc-Rechtfertigung einer bereits entwurzelten Lebensweise des Establishments, samt der besonderen Rolle, die der Kapitalismus darin spielt) keine völkische Verwurzelung und Einheit (was bis zum Universalienstreit zurückgeht) mehr kennt, sondern zur bloßen Vereinbarung, zum bloßen bewußten Willensakt wird. Der aber auf die gewachsene Identität und Kultur eines Volkes keine Rücksicht mehr nimmt, sondern es "als Staatsvolk" neu begründet.
Insofern wirkt also sogar eine der Hauptfahnen der Rechten, die sich an der desaströsen Einwanderungs(nicht)politik zur Kampffahne in den Wind stellt, seltsam auf den Kopf gestellt. Als versuchte man jetzt und wieder einmal, eine "deutsche Identität" zu stiften, die es in dieser Form gar nie gab und geben kann (mit allen Parallelen zu den USA!), und das heißt sogar: sie neu zu erfinden. Etwa indem man sie eklektizistisch mit "Kulturrelikten" vollstopft. (Wozu sich ja auch ein Martin Luther hervorragend eignet, dieser Inbegriff des nur subjektivistisch möglichen Auseinanderreißens von Idee und Fleisch.) Eine Identität auf die man sich zuerst zwar bezieht, um das Offensichtliche (mit untauglichen Begriffen) zu begreifen: Den Wahnsinn einer politisch initiierten Zerstörung durch Massenzuwanderung und "Integration". Deren eigentliche Opfer aber gar nicht "die Deutschen" sind, sondern die Hessen, Bayern, Hamburger, Wiener, Landshuter, Dresdner und Kölner und ERST ÜBER SIE die Deutschen als Sammelbegriff, der selbst aber noch lange keinen Nationalstaat begründet.
Deshalb hinkt der Vergleich, den von Flocken zwischen (der Ausländerpolitik) Friedrich II. (der Große) und heute (als "vorbildlich") zieht, auf beiden Beinen. Sagt aber viel aus. Denn dieses damalige Preußen war wie das heutige Deutschland eine universalistische Idee, die der Wurzellosigkeit geschuldet ist. Denn der Staatsbegriff dieses damaligen Preußen war dem des heutigen Deutschland mehr als verwandt, er hat sich perenniert. Deshalb zieht sich, ob man das sehen will oder nicht, noch ein roter Faden durch die deutsche Geschichte, der aber historisch nicht anders als durch die Umdeutung des Staatsbegriffs seit der Aufklärung legitimiert werden kann. Nicht durch Volksprozesse. Wo er erstmals (und im übrigen aus reinem Pragmatismus, als posthoc-Rechtfertigung einer bereits entwurzelten Lebensweise des Establishments, samt der besonderen Rolle, die der Kapitalismus darin spielt) keine völkische Verwurzelung und Einheit (was bis zum Universalienstreit zurückgeht) mehr kennt, sondern zur bloßen Vereinbarung, zum bloßen bewußten Willensakt wird. Der aber auf die gewachsene Identität und Kultur eines Volkes keine Rücksicht mehr nimmt, sondern es "als Staatsvolk" neu begründet.
Insofern wirkt also sogar eine der Hauptfahnen der Rechten, die sich an der desaströsen Einwanderungs(nicht)politik zur Kampffahne in den Wind stellt, seltsam auf den Kopf gestellt. Als versuchte man jetzt und wieder einmal, eine "deutsche Identität" zu stiften, die es in dieser Form gar nie gab und geben kann (mit allen Parallelen zu den USA!), und das heißt sogar: sie neu zu erfinden. Etwa indem man sie eklektizistisch mit "Kulturrelikten" vollstopft. (Wozu sich ja auch ein Martin Luther hervorragend eignet, dieser Inbegriff des nur subjektivistisch möglichen Auseinanderreißens von Idee und Fleisch.) Eine Identität auf die man sich zuerst zwar bezieht, um das Offensichtliche (mit untauglichen Begriffen) zu begreifen: Den Wahnsinn einer politisch initiierten Zerstörung durch Massenzuwanderung und "Integration". Deren eigentliche Opfer aber gar nicht "die Deutschen" sind, sondern die Hessen, Bayern, Hamburger, Wiener, Landshuter, Dresdner und Kölner und ERST ÜBER SIE die Deutschen als Sammelbegriff, der selbst aber noch lange keinen Nationalstaat begründet.
*090817*