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Samstag, 26. August 2017

Jede Kultur hat weil braucht Parallelmächte (2)

Teil 2) Parallelmächte sind kein Widerspruch, 
sondern Bedingung für einen Rechtsstaat




Denn auf was für Gesetze beziehen sich die Liberalen?  Auf die momentanen, die durch Bezug auf "Verfassungstreue" in quasi-religiösen Status gehoben werden? Gesetze sind nie reine Formalwerke, und zu beklagen, daß "pöhse" Richter sie interpretieren, ist gelinde gesagt naiv. Kein Gesetz kann jemals erschöpfend sein, es ist immer nur Wegmarke auf ein dahinterstehendes Gesetz, und jeder Richterspruch ist nur eine Interpretation dieses inneren Sinns, des logos eines Gesetzes, den Verbalisierungen immer nur in mehr oder weniger Deckungstreue ausdrücken können. Wo ein Gesetz aufhört, sich auf diesen seinen inneren (und das heißt: transzendentalen) Sinn zu beziehen, wird es zum technischen Zuschlaginstrument. Jeder Staat braucht deshalb immer solche Parallelmächte. 

Nur in einem theokratischen Staat ist genau dieses Prinzip (der Verbindlichkeit der absoluten Wahrheit) ausgeschaltet (zugunsten einer zu Verhaltensrichtlinien erstarrten Dogmatik als Weltweg; der Islam - aber bei weitem nicht nur der Islam; die political correctness etwa ist eine ebensolche Religion - zeigt, wo das hinführt.) Und es ist alles andere als ein Zufall, daß in einer in Autonomismus (Individualismus) atomisierten Kultur, ind er man die Kirche in die Bedeutungslosigkeit abgedrängt hat, solche Formen des Theokratischen fröhliche Urstände feiern.

Nie, zu keinen Zeiten hat ein Gesetzeswerk aus sich heraus auch die Grundidee, die allen Gesetzen zugrundeliegt, das Gemeinwohl, die absolute Gerechtigkeit, schützen können. Auch die Richter in der Nazi-Zeit haben sich auf Gesetzesformalismen berufen. Gesetzeswerke können eben immer nur ein inneres Gefüge schützen, aber niemals jene Legitimität bringen, die für ein Volk außer Frage steht. Das macht den Umstand, daß jeder Richter auch Recht SCHAFFT, nicht zu einem beklagenswerten, sondern zu einem sogar wünschenswerten Umstand.* Auf den Formalgehalt, den Buchstabengehalt von Gesetzen alleine zu pochen ist das, was die Römer als "summum ius, summa iniuria" (die Summe aller Gesetze ergibt die Summe des Unrechts) bezeichnet haben. Anders als Tichy's Einblicke schreibt, sind also Parallemächte kein Widerspruch zum Rechtsstaat, sondern die Bedingung, daß ein Rechtsstaat zu keiner Diktatur des Formalrechts wird sondern eben - zu einem Rechtsstaat, den es nur gibt, wenn die Idee (und Vernunft) der Gerechtigkeit über dem Formalrecht steht.²


Morgen Teil 3) Der Liberalismus führt zur Theokratie - Die Anmerkungen







*050817*