Es ist ein wenig überzeichnet, aber an sich guter Anlaßpunkt auf einen weiteren Unsinn der Zeit hinzuweisen. Er hat mit der Rolle des Vaters zu tun. Die in dem Moment ausgelöscht wird, in dem der Vater ebenfalls - wie die Mutter - als schmuseweiser Kuschelkontakt auftritt. Denn damit, meinetwegen: mit dem Wegfall des martialischen Aussehens ALS Mann, eben: das Männliche, genau damit nimmt man dem Kind jene Polarität, aus der heraus er erst Welt begreifen, ja mehr noch, einmal Welt zu gestalten und zu schaffen vermag. Denn Weltschaffung heißt, sich auf eine Idee hin zu transzendieren. Diese Idee ist nunmehr dem Kleinkind, dem Säugling gar, notwendig fremd. Der aus einer tiefen Identifikation mit dem traumgleichen Verbundensein mit der Mutter heranwächst. Im Laufe des Älterwerdens aber in eine zuerst fremde und damit natürlich bedrohliche Welt hineinwachsen lernen muß. Das heißt: zur Persönlichkeit reifen muß, die geistige Spannung zu ertragen vermag.
Geistig deshalb, weil sie sich eben genau über bloß sinnliche Wohlgestimmtheit, Spannungslosigkeit also, hinweg heben lernen muß. Der GUTE Vater ist deshalb nicht der, der seine Haut glättet, um dem Kind die Differenz zur Welt, zum Welthaften möglichst nicht bemerken zu lassen, weil es diese Differenz womöglich nicht einmal gibt. Und das ist es ja auch, worunter die Männlichkeit heute leidet! Nämlich nicht an der "körperlichen Abwesenheit" des Mannes, das ist ein Unsinn, sondern an der Abwesenheit dessen, was Welt ausmacht - und das ist der Geist, das ist also Männlichkeit. Die nicht den körperlichen, sondern den geistigen Identitätspunkt sucht, in der Welt der Ideen, die überhaupt erst Welt IST.
Salopp formuliert: Der Mann MUSZ bärtig, fremd, widerständig sein. Weshalb er an der Wiege des Kindes gar nichts zu suchen hat. Die Wiege ist Mutterdomäne, Terrain der Mutter. Die muß das Kind dann ganz langsam und behutsam an die widerständige, stachelige Welt heranführen, um erst noch mehr, später immer weniger Rückzugspunkt der Schwäche und der Nacht zu werden. Aber die Welt, der Tag ist die Domäne des Mannes. Dem Baby MUSZ deshalb die Welt des Mannes, des Vaters, fremd und feindlich sein, wie sollte es anders sein? Aber es muß eben lernen, sich langsam in Erweiterung und Wachstum dieser Welt zu stellen, sie auszuhalten, ja sie zu gestalten, ohne ständig den Kuscheleffekt, die Vermassung zu suchen. Und diese Verweichlichung der Kinder, dieses Wegretuschieren des Unterschieds ist genau das: Vermassung, Eingliederung in die Kuschelfabrik Masse.
Also, wer ein Mann sein will, der rasiere sich nicht. Und meide die Weltvermeidung durch Rasierschmieranten wie Wilkinson, die diese Weltvermeidung als Marketing-Gag schamlos rein aus Marketinggründen zur Maxime der Vater-Kind-Beziehung entstaltet und die Weltanschauung der Menschen ändern will, um ein paar Rasierer mehr zu verkaufen. Und deshalb eine Haltung erfindet, die kulturell desaströs wirkt. Eine Kultur, die sich zu rasieren beginnt, ist nämlich bereits tot. Die Geschichte zeigt es. Dei Hölle ist voll mit kuscheligen Spielvätern. Keller, vierter Gang dann links, nach Herbert fragen.
*040717*