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Montag, 2. November 2020

Erste Entwürfe eines Gesamtbildes (1)

Aus dem Tagebuch - Erste Entwürfe zu Grundlinien 
einer christlichen Kultur und Wirtschaft 


[...] Wo zuletzt sogar das ein stilles Anliegen wurde, den eigentlichen Denkprozeß nur zu provozieren, aber im Leser selbst ablaufen zu lassen, als dessen eigene Leistung. [...]

Und wie es das Gesetz des Theaters ist. Weil es das Gesetz der Erkenntnis in der Welt ist. Man findet in sich die Bausteine, und setzt sie schließlich selbst zusammen. Damit ist Erkenntnis wirklich jener schöpferische Prozeß, der sie sein muß. Wo die Tangenten verlängert werden, die Richtungen aufgenommen, in die alles weist - die Linien aber dann selbst verflochten werden müssen. Oder, wie im Theater, wie in der Kunst, die Bilder selbst entstehen weil selbst gebildet werden. Aus den Wirklichkeiten, die unsichtbar hinter allen dargestellten Dingen stehen.

Diese werden angedeutet, werden freigeschaufelt, werden durch Katharsis (die ein Verbrennen der niedrigen, falschen, sündigen Beimengungen zu allen faktischen, historischen Dingen ist) freigelegt. Und dann zu einer neuen Lösung verbunden. Die wiederum deshalb artikulierbar, darstellbar, in eigenen Bildern herstellbar ist, weil sie mit bereits vorliegenden höheren, himmlischen Wirklichkeiten (die man durch das in-der-Welt-sein in sich trägt, als Anrufe der Wahrheit, des Wissens Gottes) zu jener himmlischen Wirklichkeit werden, die letztlich der Heilige Geist IN UNS herstellt und bewirkt.

Somit ist es denn der Heilige Geist, der aus uns spricht. Tatsächlich, real. Nicht "wir". Und das geschieht im Sterben, im Wegnehmen von allem, was von uns als Eigenwille in die Welt strebt. So werden wir zum Fenster und Tor des Heiligen (Geistes). [...]

Und in diesem Punkt deckt sich alles, auch das Wirtschaften. Denn im Weggeben dessen, was uns behört, öffnen wir eben dieses Tor. Damit ist alles Herstellen und "Verkaufen" ein "Verschenken", dem aber - in der moralischen Entsprechung - ein Wiederschenken begegnet. 

Das ist es, was die Verbindlichkeit menschlicher Gesellschaft(en) ausmacht. Das ist es, was eine christliche Kultur so einzigartig macht, und so bedeutend. In der die Obrigkeiten dafür zu sorgen haben, daß sie frei bleibt von fremden Einflüssen, die diese Gegebenheiten ausnützen wollen oder könnten. Weil sie auf Werten beruhen, die dieser christlichen Ethik nicht entsprechen.

[...] Nur auf dieser Grundlage, der Verbindlichkeit von Geschenk und Gegengeschenk, entsteht überhaupt (!) ein soziales, ein wirklich soziales Gefüge. Das seine Moral aus einer allgemeinen und allgemein wechselseitigen Verbindlichkeit aus persönlichen Verpflichtungs- wie Vertrauensverhältnissen bezieht. [...] 

[...] SOZIALE GEFÜGE, DIE IN SOLIDARITÄT UND VERBINDLICHKEIT mit offener Zukunft BESTEHEN WOLLEN, KÖNNEN NUR AUF DANKBARKEITSVERHÄLTNISSEN AUFGEBAUT WERDEN. 
Die Implikationen dieser Feststellung reichen dermaßen weit, daß sie auszuführen hieße, eine komplette Anthropologie, ja eine Metaphysik der Schöpfung selbst auszuführen. Denn alles ist als Dank auf Gott hin ausgerichtet. 
Weil ein Werk Eigenschaften seines Hervorbringers hat, stoßen wir damit direkt ins Herz einer Analogie zur Dreifaltigkeit. In der Gott im Heiligen Geist sich selbst ein Dank- und Sühnopfer darbringt. [...] 

 

Morgen Teil 2)


*091020*