[...] Das heißt (wenn man so will) dann auch den Einschluß von "Sozialleistungen" für jene, die noch nicht oder nicht mehr am mehr oder weniger reziproken Wertaustausch egal aus welchen Gründen teilnehmen können. Das kann man dann meinetwegen "Sozialstaat" nennen. So war er jedenfalls gemeint, auch wenn man Röpke oder Erhard liest, obwohl letzterer deutlich liberalistisch war, Röpke hingegen noch viel substantieller abendländisch dachte.
Ich bin auf ihn sogar über Architekturkritik, die er in Istanbul verfaßt hat, gestoßen. Die ich vor etlichen Jahren (erinnerlich um viel Geld, noch dazu ist sie ein relativ dünnes Heft) bei einem Antiquar - ich weiß nicht wo - auftreiben konnte. Er hat schon vor hundert Jahren das Ende dieser Kultur wie deren Charakteristik aus der Architektur abgelesen. Dazu braucht man schon sehr tiefe geistige Fundamente. [...]
[...] Wenn das oben Gesagte nicht gegeben ist, wenn eine Gesellschaft (und ein darauf bezogenes Gefüge wie es der Staat ist) nicht auf diesen durch Dankbarkeit und Dankbarkeitspflicht zwischenmenschlich verankerten Grundzügen aufbaut, kann man von einem intakten Sozialgefüge gar nicht mehr sprechen.
Es ist auch nicht konstruierbar oder rekonstruierbar. Denn kein Zusammenleben läßt sich auf Gesetzen und Vorschriften aufbauen. Jedes soziale Gefüge, das sich nur oder auch nur vorrangig darauf berufen kann, bricht mit der Zeit zusammen, denn es wandelt sich von Solidar- zu Kampfverhältnissen. [...]
In einer christlichen Kultur aber will jeder die Gestalten vervollkommnen, die alle Seiten umschließen, also Dinge weil Orte (!) vollkommen machen. Und die Welt ist ein Mosaik von Orten, AUF DIE HIN jeder geschaffen wird. Das rechtfertigt dann das Vertrauen in Gottes Vorsehung, in dem sich jeder Mensch "sicher" fühlen kann, sodaß er seiner Hingabe kein Maß anlegen muß.
Er wird nicht verletzt, um es salopp zu sagen, wenn er sich auf seinen Ort hin transzendiert, selbst übersteigt, also nicht seinem niedrigen "Wollen" folgt, sondern dem Wollen des Heiligen Geistes gehorsam ist. Dort liegt ja dann seine maximale Freiheit, in der Anähnlichung an Gott, seinen Schöpfer.
Und wenn doch verstoßen wird (was immer heißt: Dem Eigenwillen folgen, der Welt, die einen umgibt, nicht Gerechtigkeit und Angemessenheit zutrauen), so ist das nicht Maß aller Dinge, sondern ein von allen anerkannter und zugestandener Bruch mit dem Ganzen, der sogar (wie im Verbrechen) von der Obrigkeit, vom Rechtssystem (das die inneren Gesetze der Kultur enthält, aber vor allem deren Grenzen aufzeigt) bestraft wird.
Auch gerechtes Wirtschaften entsteht somit, aus der Eigeninitiative der Einzelnen, auf das Gemeinwohl bezogen. In dem das Wohl und Heil möglichst aller gefördert - aber vor allem: nicht behindert - wird. Das jeder im letzten natürlich selbst und in Freiheit anstreben muß, ist somit nur eine Folge. Indem jeder allen Anrufen die wesensgemäßen (ortsgemäßen) Antworten gegenüberstellt. Das heißt, daß der "Kaufpreis" nichts anderes ist als eine dem Wert des erhaltenen Geschenks ("Verkaufsakt") entsprechende Wertleistung.
Wir hatten das bereits in unserer Kultur erreicht. Denn das ist die eigentliche Leistung des Abendlandes, die sich bis zur höchsten Kulturhöhe im Mittelalter, bis zum 12. Jahrhundert, steigerte. Als geschlossene, nicht von interkulturellen Wirtschafts- und sonstigen Beziehungen aufgebrochener Kulturraum. Als geschlossene Gesellschaft, in der sämtliche Obrigkeiten ihre Aufgabe darin sahen, diesen Raum nicht nur aufzubauen, sondern auch zu schützen.
Denn jedes soziale System - und man muß sogar so weit gehen, die gesamte Schöpfung, die gesamte Welt als solches zu sehen! - besteht NUR dann (weil alles ins Weltlose und Nichts abfällt, wenn es das Systemische, das Ganze aufgibt oder verläßt) wenn es auf seinem innersten Gesetz aufruht:
GABE und GEGENGABE, getragen und getrieben von der moralischen Verpflichtung zur (über-)adäquaten Gegengabe, in die hinein der Mensch sich opfert, auf die hin er sich transzendiert.
Das ist zugleich der einzige Sinn alles dessen, was wir als Wirtschaften bezeichnen, die Ausfluß des Lebensvollzugs ist, der ein Oszillieren einer Zweipoligkeit ist, die innerhalb eines Dritten, der Liebe, des Geistes (Freiheit, Liebe, Wahrheit, etc. etc.) west.
Die Welt wird somit von der aus Freiheit angenommenen Verbindlichkeit getragen - und das ist letztlich die Liebe. Deshalb braucht jedes System die Kirche als der perfekten Gesamtgestalt im Geiste, die die Welt hervortreibt: Die Kirche als einzige (!) Quelle der Menschen, und das heißt der Kultur, denn der Mensch ist Welt ALS Kultur.
Das Abendland kann somit nur durch und mit einer (starken, unangetasteten) Kirche ent- und bestehen. Wo immer diese als oberste Lehrerin und oberste moralische Instanz angezweifelt und verdrängt wird, bricht die Kultur auf das, was sich in Ersatzlehren, in neuen Weltgrammatiken ausdrückt - wie dem Evolutionismus, wie dem Liberalismus, dem Kapitalismus, dem Marxismus-Kommunismus, dem (fatalistischen) Hegelianismus (als falschem Bild vom Wesen der Geschichte), etc.
Nur im Maß auch, in dem die Welt christianisiert wird, kann eine Öffnung in die Internationalität geschehen. Eine Öffnung auf andere Kontinente zu. Wie 1492 nicht zufällig aus einem tief katholischen Spanien heraus tatsächlich geschehen ist.
Aber dies geschah bereits zu einem Zeitpunkt, wo die entscheidenden Brüche im (europäischen) Abendland bereits geschehen sind. Die sämtlich im "langen 13. Jahrhundert" abliefen. Jener Zeit, wo das Abendland aus einem "maximal dem Paradies, dem Traum ähnlichen Zustand" in einen (allgemeinen) Kriegsmodus fiel. Der fünf Jahrhunderte später den Kontinent buchstäblich in Ruinen legte. [...]
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