Dieses Blog durchsuchen

Mittwoch, 23. Dezember 2020

Aber eine Lösung ist ferner denn je (2)

 Teil 2) Was tun?


Was tun? Über ein Staatsmodell nachdenken, das in einer Art Föderation, die nicht unbedingt auf territorialem Prinzip aufbaut, auch wenn es das nicht beseitigen wird können, aber den Staat akzeptiert, ja will, mit hohem Selbstverwaltungsgrad (aufgrund der sehr unterschiedlichen Identitäts-, Religions- und Weltanschauungsprinzipien). Die Schweiz hat Ähnliches seit fünfhundert Jahren vorexerziert, übrigens: beileibe nicht friktionsfrei! Aber die Klammer hat immer gehalten. Und die Monarchie hat es im 19. Jahrhundert noch (erfolglos) versucht: Staatsföderation ohne nationale Teilungen.

Auch die Römer übrigens haben das so gehandelt: Gebiete zugewiesen, oder aber - im 5. Jahrhundert - über einen "Drittelerlaß" Besitzer größerer Ländereien enteignet, die solcherart gewonnenen Gebiete den Zuwanderern (Langobarden) zugeteilt.

Das wird zweifellos heißen - und ich wüßte nicht, was es verhindern sollte, wir befinden uns in allen europäischen Großstädten auf dem besten Weg dazu - daß man Bezirke von Wien Gruppierungen in Selbstverwaltung zuteilt, das wird heißen, daß man neue Ländergrenzen (vielleicht sogar aus heutiger Sicht Staatsgrenzen überschreitend) definiert, auch hier Gebiete zuweist. Daran sollte wahrscheinlich weitergedacht werden, es gibt historisch zweifellos Parallelen, man denke an die Juden (deren Integrationswille vor allem ab dem 18. Jahrhundert sogar ausgesprochen hoch war) - wir sollten uns der Angelegenheit also nüchtern stellen, um bereits bekannte Probleme nicht erneut hoch zu beschwören, um vor allem aber dem Unterbewußten nicht die Chance zu lassen, sich (neuerlich in bekannten Formen) zur Dämonie auszuwachsen! Vielleicht findet der Österreicher so sogar noch zu sich.
 
***
 
Ich habe mich bei meinem heurigen Zypernbesuch (im türkischen Norden) mit Entsetzen ob des dort Gesehenen gefragt, was man damit bezwecken kann, hunderttausende Anatolen, Bauern, in zyprische Städte und Siedlungen zu stecken. Ähnliches geschah ja in Europa - der weit überwiegende Teil (ein Export türkischer Sozialprobleme, übrigens!) der Zuwanderer aus der Türkei, und diese sind das wohl größte Problem, das wir mit Migration und Integration haben, auch zahlenmäßig, ein Kulturproblem, stammt aus dem anatolischen Hochland. Es sind Bauern. Sie finden bei uns keine Arbeit, werden hier nicht gebraucht, und leben zwangsläufig in hohem Maß von den bestehenden Sozialstrukturen, erhoffen sich eine bessere Zukunft vor allem über die - gleichfalls von den bestehenden Strukturen finanzierten - besseren Ausbildungen für ihre Nachkommen.

Gleichzeitig erleben wir seit Jahrzehnten einen Strukturwandel (so nennt man politische Desaster seit langem) in unserer österreichischen Landwirtschaft. Mit dem größten Problem: den fehlenden Nachfolgern.

Da also wandern Bauern zu - und dort fehlen sie. Doch das Problem findet keinen gemeinsamen Nenner ... Sogleich und dazu passend erinnere ich mich auch an eines der unsinnigen Seminare "Bewerbungstraining", das auch mir vor Jahren einmal das AMS verordnete. Ich saß da unter dreizehn Jugoslawen und Türken, kaum einer, der mehr herausbrachte, als "Staplerschein", was seine berufliche Perspektive darstellte; dazu noch zwei Österreicher, Steinmetz der eine, die nur noch warteten, ihre Pension antreten zu können. 

Aber: nach viel Mühe gelang es mir, mit einem der älteren Türken (sehr netten) Kontakt herzustellen. Wir wohnten ja fast Tür an Tür im 10. Bezirk, in einem Viertel, dem ursprünglich ältesten von Favoriten, originaler geht es kaum noch, das heute regelrecht von einer nagelneuen islamischen Infrastruktur gekennzeichnet ist.

Schließlich habe ich herausgefunden, daß er auf einem anatolischen Bauernhof groß wurde. Er erzählte mit gar glänzenden Augen von den Tieren seiner Kindheit, wie er das Landleben liebe, den Umgang mit Pflanzen und Tieren. Aber hier warte er nur noch auf die Rente - dann werde er in seine Heimat zurückgehen, um zu sterben. Ich riet ihm, das sinnlose Suchen nach Hilfsarbeiterstellen in Lagern (zu mehr reichte seine Qualifikation nicht) zu beenden, und stattdessen zum Beispiel in Gärtnereien zu suchen, in Betrieben jedenfalls, die doch seinen Qualifikationen und offenbar seinen Neigungen entsprächen.

Sie meinen, die EU wäre das Problem? Ja, dann müßte man wirklich sagen: wozu haben wir Politiker? Da besteht ein Problem? Ja, es ist ein Problem der EU-Gesetzes- und Förderstrukturen - also müssen DIESE umgebaut werden, weil sie an den Wirklichkeiten vorbeigehen, und reale Probleme einfach ignorieren: die Länder den Gesetzen anpassen wollen, anstatt umgekehrt. Und die Problemformulierung lautet: Wir haben hier hunderttausende Landwirte, Kleinlandwirte! Lassen wir doch wieder eine Landwirtschaft zu, in der wir diese wieder brauchen?!


*161220*