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Samstag, 5. Dezember 2020

Der Sinn der Krankheit

Zwar wird viel darüber gerätselt, und manch einer meint auch, die Lösung gefunden zu haben, aber ein Gedanke scheint dem VdZ kaum präsent, geht es um die Frage, ob Krankheit denn einen Sinn hätte. Und wenn ja, welchen. Oder, was weit eher zutreffend scheint, welche. Mehrzahl.

Die Rede ist von einem Sinn, also einer Aufgabe, die eine Bewegung "auf - zu" erzwingen will, sodaß sich eine Behinderung am Weg durchs Leben als Schmerz, als Leid zeigt. Der über das, was man mit "Kreuz" meint, hinausgeht, also somit den Sühnegedanken nicht für ausschlaggebend hält. 

Wenngleich der so gut wie immer eine Rolle spielt, denn jeder Schmerz ist Anzeige auf einen Fehler im System, der letztlich immer auf die Sünde des Menschen zurückgeht. Und sei es die des ersten Menschenpaares, von Adam und Eva, in der Erbsünde als die wie natürlich erscheinende Geneigtheit, vom Gesetz des Seins abzuweichen, vom Willen, vom logos als allem Sein inhärenten "auf - zu" abzufallen.

Hier soll aber tatsächlich von einem Sinn gesprochen werden, der in der Beschränkung liegt, die jede Krankheit bedeutet. Und die sich als Schwächung äußert.

Denn wohl nicht selten ist genau diese Schwächung ein wesentliches Moment am Sinn der Krankheit. Weil sie uns hindert, einen Willen an der Welt umzusetzen, uns also so zu wirklichen, wie wir es uns vorstellen.

Dieser Wille, den wir aufgrund unserer Erkenntnis als weltgewordenen logos (auf-zu) fassen. Der, wenn er der Erfüllung der Welt und unserer Aufgabe in ihr dienen soll, dem göttlichen Willen, dem logos allen Seins analog, also spiegelgleich ist. Spiegelgleich, nicht er selbst (denn wir sind nicht Gott!). Damit die von uns bestimmte (soweit bestimmbare) Richtung des Seienden, das in unserer bzw. eines Menschen Verantwortung steht. Und das nur im Maß seiner Teilhabe an diesem Sein überhaupt Welt und Realität wird und wurde.

Deshalb ist unser Wille täuschbar und so gut wie immer unsauber. Weil wir für unser Urteil, auf das sich der Wille beruft, der Erkenntnis entspringt. Und diese Erkenntnis selbst wiederum eine Frage unseres Willens zur Wahrheit ist. Womit klar wird, daß unsere Erkenntnis der Wahrheit (des Seins bzw. des im Seienden enthaltenen analogen absoluten Willens Gottes im Sein) dem Maß unserer Heiligkeit (man muß es so direkt sagen) entspricht.

Damit ist klar, daß je mehr wir unseren täuschbaren und getäuschten Willen bzw. unsere getäuschte Erkenntnis von unserem Eigenwillen trennen können, den wir im Körper und der uns umgebenden Körperlichkeit der Dinge, die wir geordnet haben, verfestigt weil manifestiert haben, umso eindeutiger, umso klarer kann uns das Licht der Wahrheit selbst durchdringen. 

Wir können also in dieser Lostrennung von unserem bloßen irdischen Wollen (was nicht weniger heißt als diesen Willen dem göttlichen analog richten zu wollen, also der Wahrheit gegenüber offen zu sein) die Wahrheit klarer sehen. Wie weit klar ist nicht unserem Wollen unterworfen, das liegt im Ermessen und Wollen des Seins selbst, ist also Entscheid Gottes.

Ein wesentlicher Teil dieses Wollens liegt nun (wir haben es oben bereits angedeutet) in unserer Leiblichkeit bzw. in der Leiblichkeit selbst manifestiert vor uns. Im Falle einer guten Kultur (man kann hier dieses Wort verwenden, nur hier IST es Kultur) hilft uns diese Leiblichkeit, in dem sie die immer auf Vielfältiges ausgerichtete Sinnlichkeit läutert weil auf ein hohes Ziel (der Wahrheit in Ganzheitlichkeit, also Gestalt selbst) ausrichtet.

Im (leider meist vorliegenden) Fall einer mangelhaften Kultur (also Unkultur oder gar Anti-Kultur, also dem Zustimmen zu einem Wollen, das nicht aufs Insgesamt der Gestalt der Wahrheit ausgerichtet ist) liegt aber auch eine mangelhafte Ausrichtung unseres zentralen Wollens (im innersten Kern des Ich, sozusagen) auf die Wahrheit vor. Der unsere eigene Leiblichkeit damit im Wege steht! Deren Wirken also aber auch eine Frage der körperlichen Kraft ist.

Und nun wird es dem Leser wohl klar, worauf wir hinauswollen. Denn diese Kraft ist dem oder beim Gesunden, der fehlorientiert ist, der also nicht in seiner Haltung "tugendhaft" (das bedeutet das Wort) ist, dessen Seiendes (siehe oben) also vom Sein abweicht und sogar abweichen will (weil, wie man es auch sehen könnte, auf etwas Falsches hin trainiert ist, somit das hat, was man als sündliche Neigung bezeichnet), oft tatsächliches Hindernis zur Geglücktheit des Lebens. 

Weil die innerste Kraft des Seelischen, die Geistigkeit als die das Leibliche beherrschende Umfassendheit des Ich (der höchsten Vernunft, deren der Mensch fähig ist, die also einen Auftrag zur "Vergeistigung der Materia" bedeutet) zu schwach ist. Zu schwach für die Kraft, die die Leiblichkeit in der Welt entfaltet! Der dieses eigene (schwache) Ich übertrifft, der diese Kraft zur Vergeistigung nicht gewachsen ist.

Machen wir es konkret, damit vorstellbarer: Die Hübschheit eines Menschen ist einerseits ein Gut! Wer würde nicht nur hübsche Menschen sehen und um sich haben? Aber dieser Hübschheit kann im Fall, daß das Ich zu schwach ist, das Maß der Schönheit fehlen. Dennoch genießt Hübschheit eine Kraft in der Welt, die der eigenen Sittlichkeit weit überlegen ist. Die hübsche Frau, der hübsche Mann kann mit Versuchungen konfrontiert sein, die ihn überwältigen. An Zahl, an Stärke. 

Dasselbe läßt sich über die Kraft sagen. Menschen mit hoher körperlicher Kraft müssen vom Seelischen her eine adäquate Kraft entwickeln, und dem sind sie oft nicht gewachsen. Somit ist ihr Gesamtschicksal (im Heil, in der Lebensgeglücktheit) in der Hand ihres Körpers, nicht in der ihrer Vernunft. Wer kennte nicht Menschen, die permanent fehlentschieden haben. Die sich in Leidenschaften einließen, die ihr Leben in mehr oder weniger große Unordnung brachten. Durch Untreue in der Ehe, durch Süchte aller Art, durch Leidenschaften, denen sie fast hilflos ausgeliefert sind.

Wir sind somit am Punkt unserer Aussage: Diese Kräfte, diese körperlichen Kräfte werden durch die Krankheit geschwächt. Somit kann die Krankheit die Chance bedeuten, den Leib "aus dem Spiel" zu nehmen. Und unser Leben der Vernunft neu zu öffnen, deren Stimme vielleicht mehr als zuvor zu hören, deren Licht mehr und mehr wirksam werden zu lassen, damit wir das Wahre erkennen. In welchem Licht wir die oft extrem komplexen Geflechte, die unsere Psyche (als irdisches Konstrukt des innersten geistigen Ich, im Selbst) im Laufe unseres Leben angelegt hat, zu durchdringen. 

Denn diese psychischen Konstrukte wirken, sofern sie der Wahrheit (als reinsten Geist) widersprechen oder nicht entsprechen eben nur irdisch, und damit körperlich. Die Neigungen eines Menschen drücken sich deshalb, wie der Leser sicher bestätigen kann, in seiner Körperhaltung aus. Sie ähnelt dadurch dem Maß, in das wir unsere irdische Existenz in die Wahrheit getaucht haben - oder nicht. 

Nimmt nun die Kraft des Körperlichen ab, haben wir somit "den (besseren) Durchblick" auf die Wahrheit selbst. Und sind somit in der Lage, unseren psychischen Konstrukten, die uns oft genug von der Wahrheit abhalten (sollen), zu entkommen. 

Damit ähnelt sich der Fall einer Krankheit dem, was wir im Sterben erleben. Wo sich ebenfalls unser innerstes Ich, die geistige Substanz (die wir im letzten alle sind), vom Körperlichen ablöst. Womit wir im Sterben (das - gebe Gott! - ein langsames bzw. unserer Aufgabe, die wir darin zu lösen haben, entsprechendes Geschehen ist) eine unermeßliche Chance haben, uns im letzten Moment, sozusagen, doch noch für die Wahrheit zu entscheiden. Weil uns der Körper, diese in unserem irdischen, faktischen Leben entstandene Gestalt der Neigung, aus der Hand genommen wird. Wir die Verfügungsgewalt über diese Materia mehr und mehr verlieren. 

Wie in der Krankheit. Die vom Tod unterscheidet, daß wir die effektive Chance haben (weil sie eben keine Destination zum Tode hin ist, wie im Sterbenden, wie in dem, wo das Gesamte diese Welt verlassen will und muß) noch einmal auf den Weg des Gelebten zurück zu kommen. Jeden Genesenden unterscheidet deshalb von jenen, die ein "Nahtoderlebnis" hatten (und das sind, meint der VdZ, erstaunlich viele!) nur das Maß, die graduelle Trennung des Geistes vom Leibe. Die beide zusammen (und NUR beide zusammen!) das ausmachen, was der Mensch an sich ist. Auch wir. 

Die Krankheit ist somit eine Chance für uns, durch einen geschwächten Körper die Fenster zur Wahrheit, die Einlaßöffnungen für das Licht, weiter aufzureißen und wahrzunehmen, wie es im Getriebe und in den Bedrängtheiten des Lebens der Fall ist.*

Damit können wir auch in Zeiten der Krankheit Entschlüsse fassen, die unser Leben tatsächlich neu ausrichten. Können Weichen stellen, die uns auf (von uns als solche erkannte) bessere Wege leiten. 


Nachbemerkung: Diese Feststellungen gelten nicht weniger für Zeiten, in denen wir an unsere Lebensführung durch nicht "gewollte" Kräfte eingeschränkt sind. Man denke an Gefangenschaft, an Eingesperrtheiten, an Armut durch Krieg und Katastrophen, an kulturelle, gesellschaftliche, politische Bedrückungen. Nicht wollen wir damit aber sagen, daß diese Zustände GEWOLLT SEIN SOLLEN oder sogar gewollt sein DÜRFEN. Sie wären damit ein Schlag ins Gesicht des Guten, als das sich das Sein in der Welt (immer! das Nicht-Gute, das Schlechte ist immer ein Mangel am Sein!) äußert. Am besten ist immer noch, in voller Kraft und Lebensstärke der Vernunft zu folgen. Ja, von "Chance durch Krankheit" zu sprechen OHNE alles zu tun, was die Vernunft gebietet, um ihrer zu wehren, ist sogar Sünde, ist Zynismus!


*Darin liegt wohl das Einzige, das sich der Corona-Krise abgewinnen läßt. Es ist nicht die physische "Krankheit" (über die wir uns nicht einmal äußern wollen - als Ausdruck unserer Verachtung für das hysterische Gerede darum), sondern es sind die Bedrückungen, in denen wir an der Verirrung des gegenwärtigen Geisteslandschaft in unserer Kultur leiden. Sogar so leiden, daß die menschliche Phantasie aus der erfahrenen Bedrückung und Beschränkung Weltverschwörungen und Geplantheiten abzulesen meint, die vielleicht nicht immer zutreffend sein dürften. Es reicht, wenn wir die menschliche Dummheit dadurch bemerken, die derzeit kulminiert, also in einem orgasmierenden Höhepunkt sich selbst überschlägt. 

Was wir am deutlichsten in der Grenzüberschreitung bemerken, die sie bedeutet: Wo sie ins Irrationale umschlägt. Als irdische Variante (sozusagen) des Transzendenten. Dem das uns an Haltung und Ethos irdisch Mögliche so übersteigt, daß wir wissen, ahnen, intuitiv erfassen, daß kein irdisches Mittel ausreicht, um sie zu erfassen. Weshalb wir uns auf symbolische Taten beschränken.


*191020*