Es ist Zeit, wieder einige - fast zufällig herausgegriffene - Artikel der Vergangenheit neu ins Schaufenster zu stellen. Sie sollen zeigen, daß die Konzentration auf die aktuellen Geschehnisse leicht zur Täuschung führt, wir stünden in einer Zeit des "Nie Dagewesenen" oder "historischer Einmaligkeit."
Wahr ist vielmehr, daß sich das Leben, die Geschichte, das menschliche Existieren immer nur rund um immer gleichbleibende Archetypen bewegt. Und diese sind es, mit denen wir zu tun haben.
Das ist der Grund, warum manchmal neue Artikel gar nicht lohnen. Weil alles ohnehin schon gesagt ist. Es ist nur vergessen. Sie sollen somit lediglich anhand einiger alter Artikel wieder in die Erinnerung gebracht werden. Weil scheinbar Aktuelles und nur aktuell zu Verstehendes auch auf diesem Blog schon VOR ZEHN JAHREN zu lesen stand.
Artikel wie diesen hier. Er stammt vom 15. Oktober 2010.
Zu hohe Bildung
Bildung ist eben nicht die Sache angelernter Information, sondern der Umgang damit. Sie ist deshalb eine Angelegenheit der Persönlichkeit, und damit des persönlichen, und das heißt: familiären Umfelds. Nur wenn sich diese Gesamtheit nach oben orientiert, und das heißt: nach sittlicher Erhebung, wird sich auch langfristig (man sagte früher immer: drei Generationen dauert jedes Heben, eine der Verfall) das "Bildungsniveau" der Menschen eines Staates heben.
Es ist also schon von dieser Warte aus völlig widersinnig, zu meinen, man könnte kurz- oder mittelfristig soziale Probleme beheben, indem man die Menschen mit mehr Information vollstopft. Bildung ist nicht "erlernbar" - sie wird deshalb ja heute meist nur imitiert. Was sich in den Charakterbildern - Charakterbilder der Selbstbehauptung und Systemfunktionalität - der allermeisten mit akademischen Titeln geschmückten Mitbürger zeigt.
Schon gar weil man übersieht, daß jede Standesveränderung, zumal eine nach oben, als Identitätsveränderung in einem subtilen Zwischenspiel von Umwelt und Person stattfindet, und deshalb über eben diese drei Generationen enorm viel Spannungspotential bietet.
Darin liegt eines der Hauptprobleme heutigen Universitätswesens, wie überhaupt der Menschen, die fast durchweg eine inadäquate, zu hohe Ausbildung durchlaufen sollen, die ihrem Stand nicht entspricht, und an der sie so regelmäßig scheitern, daß dies nur zu verbergen war, indem das Anspruchsniveau (aber natürlich auch das Ansehen) nach und nach auf beschämende Tiefen gesenkt wurde.
(Dies noch gesagt ohne Bezug zum heute so unseligen "so viel als möglich" anstelle des "angemessenen".)
*161220*