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Sonntag, 6. Dezember 2020

Vom Zustand der Kultur abhängig

Das Verblüffendste an antiken Münzen ist etwas, das scheinbar niemandem aufgefallen ist, der sich mit Geld, Ökonomie und Werttheorien befaßt hat. Denn es wird nirgendwo erwähnt. Erstmals hat es der britische Diplomat und Ökonom Alfred Mitchell-Innes in einem aufsehenerregenden Artikel in der New York Times im Jahre 1913. Wo er unter dem Titel "What is money - Was ist Geld" auf die diffuse und nirgendwo geklärte Natur dessen hinwies, was seit je die Ökonomie und die Menschen der Gegenwart im Besonderen bewegt: Geld

Anscheinend, schreibt Mitchell-Innes vor über hundert Jahren schon (den zweiten Artikel aus 1914, "The credit theory of money - Die Kredittheorie des Geldes" finden Sie hier), ist niemandem klar, daß es noch nie eine "wissenschaftliche Theorie" gegeben hat, die einerseits so vorgeschoben worden ist, der es anderseits aber so an jeder Fundierung gefehlt hat. Das muß man ohne Übertreibung sagen, so Innes.

Es kann kein Zweifel bestehen, daß Geld nie mehr als Symbol gewesen ist. Auch die Münzen in der Antike. Die nur eines hatten, und das immer: Das Signum oder das Portrait des Herausgebers des Geldes. Als Garanten des Wertes! Selbst die Beschaffenheit der Münzen, der Anteil an Edelmetall, die Größe etc., waren dagegen gleichgültig.

Was Geld "ist", ist deshalb grundsätzlich jenem (fast möchte man sagen: Transzendenten) Bereich zuzuschreiben, den die Mythologie weit besser erfaßt als jede offizielle Wirtschaftstheorie der Neuzeit. Denn Geld ist, so die Theorie von Geoffrey Ingham, die er in "The Nature of Money" ausfaltet, nichts "an sich", sondern eine auf sozialer Übereinkunft beruhender Wertmaßstab. Dessen Wert also nicht - wie bei den antiken Münzen - auf angebliche "ewige Werte" wie Gold oder Silber oder egal was zurückgeht, sondern auf die soziale Übereinkunft.

Geld ist ein Kreditmittel! Es ist jener Kredit, den sein Herausgeber vom Empfangenden nimmt, der es dann weitergibt, indem er das Versprechen weitergibt, daß dieses Symbol tatsächlich Wert "hat", also eines Tages durch "irgendetwas" (mehr oder weniger Definiertes, im Grunde immer aber etwas, das mit "Arbeit" zu tun hat) eingetauscht werden kann.

Das zu sagen steht gegen fast alle landläufigen Behauptungen und Überzeugungen von Experten, das ist klar. Es steht noch mehr gegen das, was die meisten Menschen glauben und so gut wie alle Ökonomen ihnen erzählen. 

Aber genau das macht es noch deutlicher: Denn auch diese Behauptungen gehören zum Spiel, sozusagen, in dem das Geld angeblich einen Wert "an sich" habe. Weil dieser durch dieses oder jenes Realium gedeckt sei, das zugleich ein seltsam absolutes Gegenwärtiges ist.

Wie gut oder schlecht eine Währung ist, ist deshalb von geistigen Zuständen, man muß und will es noch konkreter sagen: Vom Zustand der Kultur abhängig.

Zu glauben, wie es zu Beginn der Neuzeit auftauchte, daß eine Münze oder ein Geldschein - das ist immer gleichgültig weil nichts als Schein, Symbol vielfacher Art und solch ein "Schein" existierte historisch schon lange vor jeder Münze - in Gold oder Silber (einem Schatz) "gedeckt" sei, ist somit reiner Mythos. Nein, mehr noch, es ist ein Irr- und Aberglaube, daß es solchen Wert als Realium in dieser Welt gibt.

Dies soll nur ein weiterer Hinweis auf die gleichzeitige Verankerung der Kultur als System eines historischen sozialen Gefüges in einer weltlichen Dinghaftigkeit und Variabilität 

(als amplitudenhaftes, rhythmisches Bewegen zwischen Sein und Nichts, das sich jeweils im verschmelzenden, und sich doch gleichzeitig und sofort ablösenden Kusse mit dem Absoluten, dem Sein selbst, vorstellbar wie ein Abholen des Idealbildes in Gott, im Hinaustragen als und zur Welt, und dessen Verwehen, das zur Rückbewegung führt)

und anderseits diesem existentiellen Abhängen vom Absoluten sein. Denn der Mensch ist seinem Wesen nach verdankt und damit ... Schuldner. Und er ahnt deshalb, daß es nur ein Medium geben kann, das Wert verabsolutiert: Ein Symbol dieser Verschuldetheit, die nur in Gott gedeckt ist.


*011220*