Dieses Blog durchsuchen

Samstag, 27. März 2021

Bis zum Staub, aus dem alles ist (1)

Es gibt im Handeln zwei Ebenen, die voneinander - seltsamerweise? ja, seltsamerweise, für ein gewisses Denken auf jeden Fall - völlig unabhängig sind. Das eine ist, daß jeders Handeln einem Bild folgt, einem Gestaltbild. Und insofern den ganzen Leib des Menschen einschließt, samt dem, was das Geistige am meisten vorbereitet und prägt, dem sensitiv-seelischen. 

Dann aber gibt es die Ebene des Sinns, des Wahren, des Richtigen. Auf dieser Ebene erschließt sich der Sinn des Menschen als Ganzes, denn hier entscheidet sich, ob ein Handeln sinnvoll ist oder nicht. Ein Beispiel: Es kann wunderbar befriedigend sein, Geschirr zu waschen, und man kann dabei herrlich soziale Verknüpfungen abarbeiten.

Was man aber nicht sieht ist, daß das herrlich glänzende Porzellan vom Nächsten, von dem ich aber nichts wußte, in den Müll geworfen wird. Weil niemand das Geschirr noch braucht, und nicht nur beim nächsten Essen nächstes frisches Geschirr zur Verwendung kommen wird, sondern mit dem Wegwerfen ein Überangebot an Tellern abgebaut werden soll. 

Es war also sinnlos, sich so viel Mühe zu geben, das warme Wasser zu organisieren, die Seife, die Handtücher zum Polieren. Und es war im Ganzen sinnlos, zuvor mit anderen zu streiten, wer denn nun diese lästige Aufgabe erfüllt.

Diese umständliche Einleitung (die natürlich etwas vereinfacht, oft ist es etwas komplizierter) kam dem VdZ in den Sinn, als er die Dokumentation auf Servus TV "Plastik" sah. Wo von Beginn an großes Augenmerk auf die individuelle Aufgabe gelenkt wird, die da schlicht lautet: Plastik ist zu vermeiden! Und jeder habe dazu seinen Beitrag zu leisten. Höhepunkt war ein Satz, der wie ein Motto gleich zu Beginn vom Sprecher vorgesetzt wurde, und zu dem wohl ein großer Teil der Zuseher zustimmend nicken würde, ja der sogar "tiefgründig" wirkt. Und der da heißt: Die Natur produziert keinen Müll. Aber dieser Satz ist ... nicht richtig.

Denn sehr wohl produziert "die Natur" Mülle, Abfall. Und sie verfährt damit genau so wie mit allem, was der Mensch, der alles, was er hat, verwendet, ge- und verbraucht, womit er produziert und arbeitet und Geschirr abwäscht, der einzigen Ressource, die er hat. Und das ist - die Natur. Dieselbe Natur, die angeblich "keinen Müll" produziert, macht beim Menschen eine Ausnahme. Der zwar dieselben Bestandteile verwendet, wie "die Natur", der daraus aber seltsamerweise "Müll" herstellt. Wie kann das sein?

Eben. Es kann gar nicht sein. Denn auch das, was der Mensch durch verschiedenste chemisch-technische Prozesse in bestimmte Möglichkeiten verwandelt, die den natürlichen Stoffen innewohnen, und die der Mensch ob gewisser Eigenschaften herausfindet und kompiliert oder destilliert und extrahiert und was auch immer.

Das Treiben, Plastik zu vermeiden, ist aber sinnlos. Es ist sinnlos, wenn nicht gleichzeitig auf bestimmte Funktionen verzichtet wird, die Plastik derzeit erfüllt. Und weswegen es nicht nur erfunden, sondern so vielfach und von Jahr zu Jahr mehr (!) eingesetzt wird. So gut wie KEINE Maschine, die wir verwenden, kommt ohne Plastik aus, und unser technisch hochgezüchtetes Leben ist ohne Plastik völlig undenkbar, ja ruht auf den Schultern von Plastik.

Aktivismus in jeder Form sollte also sozial geächtet werden, weil es eine Zerstörung unserer Kultur verlangt. Anders ist ein Verzicht auf Plastik nicht durchführbar. Er würde ein völliges Verändern der Art verlangen, wie wir leben. DARÜBER kann man dann diskutieren, meinetwegen. 

Aber dieser Aktivismus, mit dem wir immer mehr zu tun haben, und der wie ein Massenrechen durch die Reihen der Menschen fährt, um aufzugabeln, was immer ihm in die Zinken gerät, ist eine reine Alibihandlung, und insofern sogar eine glatte Lüge. Er ist ausnahmslos eine symbolische Handlung, die nach bestimmtem Bilde geformte körperliche Gestalt imitieren soll, von der wir aus der Vergangenheit erfahren haben, daß sie als "gut" klassifiziert wurde. Und vor allem eines: Im Rahmen unserer sozialen Konstrukte hoch geschätzt und mit weit ausholender Geste belobigt wird. Sodaß er sich als soziale Norm aufspielt, die da behauptet, eine Moral zu installieren, die der Rettung der Welt dient.

Es kann nur einen Weg geben, um "Müll" zu reduzieren, und der hat mit Zeit zu tun. Im Film finden sich einige Beispiele, auch wenn dieses Machwerk (das das Genre Dokumentation als Propaganda und Einklatscher für eine bestimmte Stimmung mißbraucht) darauf viel zu wenig und viel zu wenig grundsätzlich eingeht. Denn die Aussage, daß Plastik zwischen zwanzig und mehreren hundert Jahren braucht, um abgebaut zu werden, überbringt eine erstaunliche Botschaft! Nämlich die, daß jedes Plastik mit der Zeit verschwindet weil durch natürliche Prozesse mannigfacher Art in immer feinere Bestandteile zerlegt wird. Ja sogar manchen Lebewesen (wie manchen Wasserpflanzen samt deren Parasiten, womit die Nahrungskette ja erst am Anfang steht, die letztlich beim Menschen endet) wichtige Bestandteile liefert.

Man kann Vorgänge finden, die diese Zeit reduzieren, die das Naturmaterial Plastik braucht, um entweder durch andere Lebewesen zerlegt und verdaut, durch verändernde Prozesse wie Temperaturunterschiede, mechanisches Einwirken (alleine die Wellen im Meer wirken wie Mahlsteine; die angebliche "Plastikinsel" im Pazifik hat es nicht nur nie gegeben, es gibt sie nach wie vor nicht; bis das Plastik dort anlangen würde, ist es bereits zerlegt) oder gemäß dem Zweiten thermodynamischen Grundgesetz durch Entropie und manchmal mehrere Stufen weit in so grundlegende Grundbestandteile zerfällt, die möglich und erwünscht sind. Bis zum Staub. So gut wie immer gibt es dazu reichste Unterstützung durch Lebewesen, ob groß oder winzig klein, die von den Plastikteilen sogar leben, die sie konsumieren, verdauen, und auf niedrigere Materieebenen zerlegt wieder ausscheiden. Bis zum Staub eben. Man schätzt, daß nur zwei bis drei Prozent des Plastiks, das in den Ozeanen landet, ein oder zwei Jahre "überlebt". Es kann auch gar nicht anders sein, denn sonst wären die Ozeane tatsächlich voll mit Plastik. Aber das sind sie nicht! All das Gerede vom Mikroplastik, das "überall" zu finden ist, ist in der verwendeten Art eine Lüge.

Aber dafür wird etwas Wichtiges verschwiegen. Daß praktisch alle Zwischenschritte, die gesetzt werden, um Plastikmüll zu vermeiden, nicht nur (energie-)aufwendig und im Ganzen völlig sinnlos sind. Weil sie dem großen Ziel (einer liebenden, schützenden Behandlung der Natur) widerläufig und kontraproduktiv sind. Oder gar noch mehr Müll verursachen (weil keinen Ort haben, also im großen, universalen Nichtort des Zerfalls zu Staub enden) wie es Plastik tut. 

Man denke an den Ersatz von Plastiksäckchen im Verkauf durch Naturfasern. Eine hier seinerzeit vorgestellte Studie aus Kalifornien ist dieser Frage nachgegangen, und zu einem erschütternden Ergebnis gekommen. Insofern ist das Thema ein besonders illustratives Beispiel dafür, wie unsinnig ökologisches "Denken" sein kann, ja, in seiner Grundverfaßtheit auch ist. Weil es dem Handeln immanent seiende Qualitäten (im Wesentlichen immer: Liebe), die es ohne dieses Handeln also gar nicht gibt, zu angeblich für sich stehenden Dingen macht.

Alleine der Transportaufwand für Textilsäckchen anstelle der früheren Plastiktüten verfünffacht sich im Verlauf sämtlicher Anwendungsstufen. Dazu kommt der Aufwand für das Handling, die Lagerprobleme, nicht nur durch die größere Menge, sondern durch Verrotten, den Mangel an Hygiene, die Umweltbelastung" durch das Waschen, der vielfache Energieverbrauch für die Herstellung. Und wenn gar noch Recycling dazukommt, läuft die Rechnung völlig aus dem Ruder. Mit dem sensiblen Bereich, der mit Naturstoffen nicht zu lösen ist: Die Hygienestandards alleine in den Bereichen Medizin und Lebensmittel sind ohne Plastik überhaupt nicht mehr einzuhalten. 

Wir sollten nicht vergessen, daß der Wohlstand in unseren Ländern, der letztlich sogar ein Wohlleben durch verlängerte Lebenszeit ist, ist ausschließlich einem völlig anderen Hygienekonzept zu verdanken, als es weite Teile der Welt bis heute pflegen. Mary Douglas bringt es einmal sogar auf die Spitze, in dem sie schreibt, daß (wenn man es komplett durchdenkt) größerer Wohlstand immer auf höheren Hygienestandards beruht. Denn Hygiene bedeutet nicht nur Unvermischtheit, sondern ist eine Frage der Ordnung. Und das Vermögen zu Wohlstand ist zuerst ein Vermögen des Ordnens weil der Herrschaft über die Lebensbedingungen. Man schätzt, daß mindestens ein Drittel des Plastiks, das in die Ozeane gelangt, alleine aus medizinisch-hygienischem Material stammt!

Morgen Teil 2) Soziologische Strukturen und ihre Ideen


*220321*