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Sonntag, 28. März 2021

Bis zum Staub, aus dem alles ist (2)

 Teil 2) Soziologische Strukturen und ihre Ideen


Nun freilich, auch den VdZ stört Unordnung, die immer gleichbedeutend ist mit Dingen, die nicht geliebt, die in keiner Ordnung gehalten werden. Was können dabei doch noch sinnvolle Zielsetzungen sein? Vielleicht Müllzerkleinerer, vielleicht durch Mikrobeninjektionen aufbereitete Müllhalden, die durch einen möglichst reichhaltigen Müllmix in möglichst kurzer Zeit einen möglichst weiten biologischen Raum bieten. Eine verschimmelte Gurke neben einem Plastikfrettchen könnte etwa das beste Mittel sein, um die Zeit abzukürzen, in der das Plastik zerfällt, und sich in die ersten Materiestufen zurück gliedert - Staub. Erde. Dreck also.

Aber für sich gesehen sind Aktionen wie "Plastikverbot", mit dem wir es freilich längst zu tun haben, vollkommen sinnlos, ja sogar gefährlich. Unser Leben verläuft immer innerhalb einer Kultur. Und hat sich darin eine ungeheuer komplexe Gemengelage geschaffen, in der jedes Teil seinen Platz hat, und so gut wie alles mit so gut wie allem zusammenhängt. 

Man kann nicht einfach einen Baustein herausziehen und meinen, was auch immer mit ihm zusammenhängt sei nun gelöst. Dieses Ganze ist eben nicht einfach als "Summe" von Teilen zu sehen, ja nicht einmal nur als unentwirrbar komplexes Durch- WEIL Miteinander von Dingen, die in Beziehungen stehen, und deshalb immer innerhalb von Prozessen stehen. Sondern die Dinge brauchen einander! Deshalb verlangt Umgang mit der Umwelt in erster Linie größte Bedachtsamkeit und Ehrfurcht der Überlieferung gegenüber. Und das ist vor allem den Weltrettern an die Stirne zu nageln. 

Plastik ist unverzichtbar, und es ist als Problem gesehen ganz sicher nicht kurzfristig lösbar. Je mehr Arbeitsschritte aber angewandt werden, um das Plastik zu behandeln, desto mehr muß uns klar sein, daß jeder solcher Arbeitsschritte Energie KOSTET, und deshalb die Gesamtrechnung mit dem Müll nie aufgeht. 

So, wie sich keine Gesamtrechnung (als Mosaik, dessen Gesamtbild in Gottes Hand liegt, zu dem alles Ding einen Platz in einem Gesamtgefüge beiträgt) dieser vielzitierten "Zivilgesellschaft" (was für ein Unsinn! wie verbreitet aber als Schlagwort) ausgeht. Die da mit dem einzelnen Steinchen meint, das Gesamtbild in die Hand nehmen zu können. Und damit unausbleiblich Erwartungen schafft, die niemand erfüllen kann, und damit ein ungeheures Potential der Frustrationspotentiale schafft, die zur Aggressionsbereitschaft wird.

"Die Welt ist nicht so, wie sie ist, weil so viele Schlechtes tun. Sondern weil nur wenige Gutes tun," heißt es in dem Film. Mit diesem unerträglichen Aktivistenmotto endet er sogar, als Botschaft, die hängen bleiben soll. Unerträglich, weil überhaupt wahr erst, wenn man definiert, was "gut" ist. Das "Gute" der Öko-Aktivisten ist es jedenfalls nicht. Das hier Gemeinte ist es jedenfalls nicht, weil das Gesamtbild nicht als geschenikhafte Einsenkung gesehen wird, sondern als Produkt des eigenen Tuns, das auf wundersame Weise ein unserem Willen entsprechendes Gesamtbild "schafft", 

In "Risk and Culture" zeigt Mary Douglas, daß es eine "ökologische Bedrohung an sich" nicht gibt. Vielmehr gibt es eine bestimmte Auswahl von Gefahren, deren Auswahl selbst eine profunde Aussage über die psychosozialen Strukturen einer Kultur sind. Die mit ihren unterbewußten Ängsten, die sublimiert werden, mit ihren Bewältigungsstrategien von Schuld und Sinnleere (sic!) zu tun haben. Aber nicht mit einer "absoluten Umweltgefahr." 

Das ist schon daran erkennbar, daß sie nie rational sind! Sie sind nicht einmal "empirisch", wie natürlich bei allen diesen Dingen behauptet wird, die als Sublimierungen dienen. Und sie sind auch keiner "freien" Wahl entsprungen. Urteile darüber, was gefährlich ist und was gut ist sind immer sozial, damit ökonomisch, psychologisch und religiös bedingt, und sie sind auch immer eines: Sie sind grenzwertig im Sinne von grenzüberschreitend. Von Menschen, die sich an den Rändern der Kultur sehen, dieser eigentlich gar nicht mehr zugehörig, obwohl sie von ihr abhängig sind. 

Diese Widerspruchshaltung ist also nie wirklich auf Ablösung ausgerichtet, sondern auf ein Selbst-Gefühl, um sich in der Abgrenzung durch den Widerspruch gewissermaßen "selbst wahrzunehmen." (Man sieht somit die Nähe zum Narzißmus.) Das wird auch darin deutlich, daß - eben! - Gesamtkonzepte, konstruktive Gegenentwürfe immer fehlen, über einen nur angerissenen Charakter einer Alternative nie hinausgehen, die anzustreben es vor allem natürlich an Risikobereitschaft fehlt. Schöpferisches aber braucht diese "Gewalt", in der sich der schöpferische Mensch ins Nichts fallen läßt. 

Deshalb ist der Charakter der Öko-Bewegungen an sich auf die Gruppenexistenz ausgerichtet, sind alle Gegenbehauptungen bloße Attitüde. Sämtliche ihrer Werte sind deshalb so abstrakt, daß jeder sie befürwortet, niemand sie verneinen würde.

Das Gutmenschentum, das soll damit gesagt werden, ist keine Einzelerscheinung. Es ist an sich eine (Douglas sagt sogar: sektenhafte) Gruppenerscheinung mit identitätsorientierter Funktion: Sie soll im bestehenden (kritisierten, "hinterfragten") Gesellschaftsganzen einen anderen Weg zum Elitären ermöglichen, ohne die Wehen des Schöpferischen (das eigentlich das Elitäre begründet, das ja in einem Schöpfergott gipfelt) durchmachen zu müssen. 

Jene Bewegungen aber, die sich gegen "Umweltverschmutzung" wenden, die also (gewissermaßen) Schmutz kritisieren, sind eine Analogie zum "Reinsein wie Gott." Der Umweltsaubermann sublimiert den psychologischen Anspruch auf Göttlichkeit. Darin liegt aber auch die Wahrheit der oben zitierten Aussagen über die Zusammenhänge von Hygiene und Wohlstand (als Weltbesitz).

Gut ist etwas nur, wenn es auch wahr und damit schön ist. Gutes außerhalb des logos (Sinn, Ausrichtung auf) gibt es also nicht. Und das heißt: Gutes zu tun ist eine Frage des Gehorsams dem Sinn gegenüber, in den alles eingebettet ist. Noch enmal: Weil es dieses Ding ohne solchen übergeordneten, das Einzelne umfassenden Sinn nicht geben würde. 

Wie also kann es Gutes geben, das keinen Sinn hat? Dieses Gute ist kein Bild, das abzubilden ist, wie es die Generation der post-68er Intellektuellen glaubt. Die bereits in solidem Wohlstand aufgewachsen, intellektuell gut ausgebildet, den Elterngenerationen "überlegen" wurden. 

Für sie hat sich das Gute von den Dingen gelöst. Für sie wurden die Dinge zur Idee, wurden die Ideen das, was die Welt jederzeit, beliebig und radikal "ändert". Ihre Ideen sind "reiner" als die Dinge, und damit sind die Öko-Eliten, die gegen Umweltverschmutzung antreten und damit den Eltern die Dinge aus der Hand nehmen, auch die Göttlicheren.

Aber das Gute ist ein Wille, den Sinn einer Sache zu stärken, wie er in deren Wesen angelegt ist, und somit im ehrfürchtigen Hegen des Dinglichen den Sinn zu bejahen. Und darin beginnt das Gute direkt an der Haut, denn hier beginnt es in der Liebe, die es ebenfalls nur konkret am Ding gibt, und die allen Dingen somit zugrunde liegt. 

In der Liebe zum Ort, an dem wir stehen, und an all dessen Beziehungen, die er hat, weil und so lange er ist. Denn alles Seiende ist ein Schnittpunkt des Lichts, der die empfangene Liebe schöpferisch zu einem Sein umsetzt und (erst) darin, als abgewandeltes, durch eines Individualität verändertes Licht weitergibt.

Von den Dingen weg, von der Ordnung der Dinge weg, in der sie stehen, bedeutet somit ein Losreißen vom Sinn. Und macht die Reinheitshandlung zu einer nur noch symbolischen Handlung eines Gutheitsbildes, die nicht mehr nach Sinn fragen darf. Umso mehr findet sich somit in den Öko-Umweltschutzbewegungen und -ideen in sich stehende, gut zu sein vorgebende Einzelhandlungen, die aber im großen Ganzen keinen Sinn mehr ergeben. Die nur noch Ablaufoptimierungen, bloßer Technizismus sind, der seine Gutheit aus einem ablaufimmanenten Logizismus ableitet. 

Dessen Formeln den Ordnungsträgern der Elterngeneration unbekannt sind, weil deren Vorgangsweise und Lebensprinzip das des Sinns war. Auch das "Plastikverbot" (das ohnehin kaum ein Prozent des verwendeten Plastik betrifft, aber kaum jemanden unbehelligt läßt) richtet im Ganzen gesehen mehr ökologischen Schaden an, als es solche beheben könnte.

An diesem Thema zeigt sich somit exemplarisch, was der gesamten Öko-Bewegung zugrunde liegt. Die im Einzelnen von vielerlei "Logik" begleitet wird, die wie ein Begleitwalzer über alles drübergelegt wird, die aber sinnlos ist. Sodaß sie auch nur Unsinn produziert. Weil alles vom Sinn ausgeht, wird auch diese Öko-Zielsetzung (wie jede andere) nur Schaden und sinnlose Geldvernichtung bringen. Als Last, die die Menschen zu tragen haben werden. Denn die Last des Lebens selbst bemißt sich nach dem Räderwerk des Sinns.


*220321*