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Sonntag, 11. April 2021

Filmempfehlung (1)

Kevin Kostners Phase der größten Erfolge liegt schon etwas zurück. Wenn jemand aber so hoch gestiegen war, gibt es gar kein Höheres mehr, dann kann alles nur noch geringer sein, mißt man es mit reinem Ehrungs- und Auszeichnungsmaßstab.

Denn zu Anfang der 1990er feierte er unter anderem mit "Dancing with Wolves - Der mit dem Wolf tanzt" und "Waterworld" große Erfolge. Aber bald mischte sich viel Mist in sein Wirken. Dennoch hat der VdZ seine Entwicklung als Künstler immer ein wenig verfolgt, und so auch seinen aktuellsten der Filme mit ihm, "Let him go - Laß ihn gehen" (2020), riskiert. 

Und es nicht bereut. Ab und zu finden sich eben Perlen in all dem Mist, den Kostner sonst noch gedreht hat. Ob es letztendlich in inhaltlicher Höherführung auch einmal kulminieren wird, sodaß der weltliche Ruhm posthoc eine ihm entsprechende Innendimension erhält, bleibt abzuwarten.

Kostners schauspielerische Leistung ist dabei das Überschaubarste an ihm. Seine Stärken (und die hat er) liegen woanders. Daß Kostner (halb-)indianischstämmig spielt dabei vielleicht eine Rolle. Es soll hier deshalb erwähnt werden, weil es nicht so überdeutlich wie in "Dancing with Wolves", sondern auch in "Let him go!" seine Bedeutung hat, aber viel komplexer. 

Nicht nur kommt dieses Erbe im mittlerweile gereiften Gesicht des Schauspielers durch, sondern es hat auch in diesem Filmgeschehen entscheidende Bedeutung. Aber auf subtile Art und Weise, und das macht schon Kostners frühere Filme interessanter als die Oscarflut, die sie manchmal auf sich zogen, verwischen könnte.

Einmal mehr ist ein Culture Clash thematisiert, als Aufeinandertreffen von Indianerkultur und westlicher Zivilisation. Welch letztere lückenlos und despotisch herrscht, unhinterfragbar ist, und deshalb nötigenfalls ohne Scheu mit Gewalt durchgesetzt wird. 

Es ist auffällig, wie eng Kostners Schaffen als Künstler wieder und wieder um eine Frage kreist: Der nach der Entstehung und Legitimität des Rechtsystems, in dem wir leben. 
Der Culture Clash könnte aber die Frage sein, ob es ein Recht gibt, das NICHT im Subjektiven wurzelt. Sodaß sich Gerechtigkeit als Motiv allen Rechts als Frage nach Zugang zu den immer transzendenten Quellen des Rechts sowie nach der Legitimität dieser Quellen herausstellt.

QR Trailer "Let him go"

Der Film steht also in einer inhaltlichen Kontinuität, die sich in den Hauptfilmen Kostners zeigt. Die alle die "Werdung des Rechts" zum Inhalt haben. "Let him go" ist damit aber sogar ein Western, und zwar im eigentlichsten Sinn. Das ist nämlich auch das Thema des Westerns! Es ist das Thema der Landnahme der Europäer, die den Kontinent überschwemmt und an sich gerissen haben, und deren Zivilisationswerdung. 

(Siehe Teil 4) Exkurs zu den Quellen des Rechts)

Man sieht diesen thematischen Kern im Schaffen Kostners auch daran, daß er gerne sogar als Produzent (wenn nicht Regisseur) mitmischt, wenn dieses Thema im Zentrum steht. Als Kampf um ein Rechtssystem und um einen Rechtsstaat, und zwar durch alles urtümliche Chaos durch.
Dieses Chaos ist aber - und das macht diese Filme von Kostner so interessant - von Frauen getrieben. Frauen, deren Willen die Männer aus Liebe durchsetzen. 
Dieser Wille ist aber nicht in Übereinstimmung mit einem objektiven Recht zu bringen, er nimmt darauf keine Rücksicht. Das Chaos ist also frauenbedingt, und wir werden davon bestimmt. 

Genau darum geht es auch in "Let him go - Laß ihn gehen", das im südlichen Minnesota und nördlichen Nord Dakota spielt. Ein Streifen Nordamerikas, der übrigens einen im Rahmen der USA weit überdurchschnittlich hohen Anteil deutschsprachiger Einwanderer hat, und deren Landnahme auf Kosten von Sioux-/Lakota-Indianerstämmen ging. 

Zwar kämpfen auch in "Let him go!" nur Männer. Aber sie kämpfen alle im Auftrag der Frauen.

Morgen Teil 2) Der Kampf des Matriarchats um das Recht endet in Gewalt.


*280321*