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Mittwoch, 14. April 2021

Filmempfehlung (4) - Exkurs zu den Quellen des Rechts

 Teil 4) Exkurs zu den Quellen des Rechts


Am Sheriff des Ortes, in dem sich der "Let him go!" letztlich vollzieht, wird jedenfalls deutlich: Das offizielle Rechtssystem vollzieht das Recht einer regionalen, in Lebensweise und Wertewelt abgrenzbaren Bevölkerung. Dieses Recht (letztlich das Recht der USA, dessen Rechtssystem durch seine Rückkoppelung an den Volkswillen diese Mutung, der hier gewissermaßen ins Kochrezept geguckt wird, auch tatsächlich hat) wird also gar nicht von abstrakten Prinzipien getragen, sondern von einem viel stärkeren Lokalspirit. Das ist der vielleicht interessanteste Aspekt, sodaß sich einfach stärkeres "subjektives" Recht durchgesetzt hat. 

(Hintergrund-Parallelstrang, gewissermaßen der Kontrabass) Wenn aber, wie wir festgestellt haben, das irdische Recht (Recht in Welthaftigkeit, konstitutiv wie apperzeptiv, aus dem Numinosen, Transzendenten inspiriert) immer in einem realen Individuum wurzelt, ja wurzeln muß, das aber seine Subjektivität (als Willkür aus Eigenwillen) überwunden hat (also dem Transzendenten gehorsam ist), dann wird die Qualität dieses Menschen (was grosso modo als "Grad der Heiligkeit" zu verstehen ist) das Kriterium. 

Historisch hat in diesem Neusiedlungsland des Western Frontier lange Zeit furchtbares Chaos geherrscht. Der amerikanische Westen war - spätestens nach dem Rückzug der großen Mächte Spanien, Frankreich und England - vom Faustrecht bestimmt. Erst im 19. Jahrhundert hat sich ein Rechtssystem durchzusetzen begonnen. Das zuerst aber von Einzelkämpfern getragen war, die unter Einsatz ihres Lebens das schufen, auf dem sich dann überhaupt erst eine amerikanische Kultur und Zivilisation bilden konnte. 

Und es scheint auch wirklich so, als wüßte der Mensch davon, und seine instinktive Suche" nach einem menschlichen Verursacher ist keine Fehlleitung, sondern wahrhaftiger Instinkt.  

Weil nun der "normale Mensch" leben konnte, weil sich erst im Recht die wesentlichsten Eigenschaften der Menschen entfalten können. Im Faustrecht läßt sich keine Familie großziehen, kann sich keine Kultur entwickeln, die aus mehr besteht als aus Waffenpflege und Kampftechnik, vor allem aber: Kann sich keine Wirtschaft entfalten. Die immer als System sozialer Obligation (Verpflichtung) von auf Wechselseitigkeit und damit Vertrauen aufbauenden Leistung beginnt. Die aber Schutz vor Gewalt und Störung durch "das Fremde" braucht. 

Dem aber nun dieser "absolute, vollkommene Mensch" fehlt. Den es in zweifacher Hinsicht aber nun gibt: In der letzthinnigen Unfehlbarkeit der Kirche, die im Stellvertreter des Gottmenschen gipfelt. 

Dieses Rechtssystem, das sich von diesen Einzelkämpfern ausgehend allmählich und unter Zustimmung der Mehrheit der Bevölkerung durchgesetzt hat, ist somit ursprünglich subjektiv bestimmt gewesen. Dem nur der Konsens der Mehrheit den Rücken stärkte. Worauf erst es sich durchsetzen konnte, weil Recht von allgemeiner Zustimmung abhängt. Erst danach hat ein Staat Platz, der dieses Recht an sich zieht. Was bis heute nicht ganz gelungen ist. Gott sei Dank. Weil es insoweit gar nie gelingen darf, als es soziale Organismen nicht mehr als subsidiäre Rechtsräume behandelt.

Der aber ein Pendant hat, vom eben Genannten in seiner metaphysischen Quelle nicht zu trennen - und das ist der König. Als Haupt eines Volkes, in dem auch das Pristertum enthalten ist bzw. ursprünglich war.

Aber Recht stammt aus der Moral. Und diese ist wiederum von der Religion bestimmt. Sodaß es eine unumstößliche Wahrheit ist, daß das heute (scheinbar) säkulare Recht ein bloß umgelegtes religiöses, theologisches Recht ist. Immer. In jedem Fall. Auf der ganzen Welt.

Historisch ist das auch nachweisbar: Der König (dieses Wort hier als Synonym für die höchste Leitung eines Volkes, das immer ins Transzendente reicht, also immer eine Doppelnatur hat: Prophet, Gottmensch und physisch präsenter Herrscher) 

Wie sehr das Thema, das sich sogar schon in einem der frühesten Kostner-Filme findet, in "The Untouchables - Die Unbestechlichen", ihm also scheinbar an den Füßen klebt, auch in "Let him go" aus dem Jahre 2020 Allgemeinwert hat wird noch deutlicher, wenn wir eine Analogie zur europäischen Geschichte ziehen. Denn die Legende vom Sheriff des Wilden Westens" ist das, was wir hier mit den Erzählungen aus der Ritterzeit im Erinnern präsent halten. Auch bei uns waren es Einzelne, auch bei uns waren es religiös bestimmte, todesmutige Männer, und auch bei uns setzten sie es als Minne, als Liebesdienst an der Frau um und damit als Recht durch. 

Die obere Schichte des (in generellem, weitestem Sinn) dreischichtigen Aufbaus eines Volkes (wie hier bereits spezifizierten, der Leser möge nachlesen, wenn er es nicht mehr präsent hat) ist dieser Sphäre der Verbindung mit dem Transzendenten generell zuzuordnen. 

Erst im 18. Jahrhundert, im Zuge der Aufklärung, setzte sich (von säkularer Macht verordnet; als hätte es vorher nie ein allgemein gültiges Recht gegeben! ist nicht das genaue Gegenteil der Fall?) in allen Ländern Europas so etwas wie ein abstraktes, aufs Land bezogenes Rechtssystem durch. Vorher gab es unzählige einzelne Rechtsräume, die stets ihren Ursprung in einem Kopf hatten, der sich auf den "Ritter" zurückführt: Auf den Pater familiae, selbst ans Transzendente als Quelle absoluter Legitimität - in der Kirche - gebunden, als Geber und Maßstab des Rechts als den Schöpfer des (weltlichen) Rechts, das nach und nach aufhörte, sich an einen Gott, das begann sich an das bloß Rationale zu binden.

Dieser Ausgang des irdischen Rechts ist also auch in Berufungen zu erkennen, für die das "Königtum" im weitesten Sinne gilt: Propheten, Dichter weil Poeten, und Priester generell. 

Erst hier setzte dann das ein, was wir heute "Nationalstaat" nennen. Als Staatsmaschine - siehe den Leviathan von Hobbes! - die über allem Persönlichen und schließlich über allem transzendenten Absoluten steht. Die Entwurzelung der europäischen Menschen im 21. Jahrhundert ist also kein Zufall. Sie ist systemisch im Löschen der persönlichen, dialogischen Beziehung zur Rechtsquelle.

Man kann darüber nachdenken, ob diese Zurechnung (die sich hier auf Einzelne und durch göttliche Vorsehung Herausgehobene - alle diese Genannten müssen eine "Berufungsgeschichte", also einen Ruf von außen, von "oben" haben - bezieht) auch durch Akklamation ("vox populi = vox Dei", also "Legitimität durch spontane Volkswahl durch Ausrufung im Konsens") real werden kann.

So glauben wir jedenfalls. Aber die Frage, ob das nicht dennoch auch heute so ist, daß sich also Recht im Subjektiven konstituiert, kann angesichts der Erfahrungstatsache, daß auch bei uns ein gar nicht unbedeutender, ja vielleicht sogar entscheidender Rest des scheinbar so objektiven, sachlich bestimmten Rechtssystems persönlich geblieben ist, auch heute nur bejaht werden. Wer einige Erfahrung damit hat (wie der VdZ) wird das bestätigen. Dieser Rest je Fall neu aktueller Rechtsschöpfung findet sogar in jedem Urteil statt, und zeigt sich nicht zuletzt in der Person der Rechtspfleger und Richter, die bei weitem nicht so "objektiv gerecht" sind, wie getan wird, und keineswegs frei von Einflüssen von außen sind. Ein Außen, das früher (stärker) aus der Religion stammte, das heute (als Beispiel) aus Ideologie und Politik kommt.

In so gut wie allen nicht-westlichen Völkern ist dieser Sinn für Menschen, die "heilig" (also von Gott auserwählt, in einer besonderen Nähe zu diesem) sind, oft sogar noch sehr lebendig. So, wie er das bei uns bis ins Hohe Mittelalter getan, hat, wo historisch das "santo subito" oder das "im Ruf der Heiligkeit stehen" noch erinnert wird.

Spätestens aber seit der "santo subito"-Akklamation von Hl. Johanes Paul II. meint der VdZ, daß diesen "spontanen Volksakklamationen" (zumindest im Westen) nicht mehr zu trauen ist. Zu sehr haben bereits massenpsychologische Phänomene um sich gegriffen. 
Selbst in der Bildung des "Rufs" eines Menschen sind die Elemente der gezielten, vernutzenden Manipulation (insbesonders durch die technische Entwicklung bei den Kommunikations-Medien) bereits enorm verbreitet.


*280321*