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Samstag, 22. Januar 2011

Vom Umgang mit dem Opfer

Richard Schenk weist in "Opfer und Opferkritik aus der Sicht katholischer Theologie" darauf hin, daß in der Verwendung des Begriffs "Holocaust" der religiöse Hintergrund, der sich damit verbindet, meist aus Unwissenheit übersehen und ausgeblendet wird. "Holocaust" bezieht sich aber auf das dargebrachte Tempelopfer, das vom Priester verbrannt wird, und wo im Teil das Ganze zu verstehen ist.

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Ferner schreibt er: "Eine angemessene Theorie des Opfers muß zur selbstkritischen Solidarisierung mit den Opfern in der Weise befähigen, daß die Selbststilisierung von einem, der stets und voll auf der Seite des Opfers stehe, nicht zur Ursache neuer Opfer wird. Wenn sich herausstellt, daß´zum Wesen des Opfers ein Element des wahrgenommenen (zumindest des illusorischen) Genötigtwerdens gehört, dann verlangt eine anteilnehmende Solidarität mit den Opfern die Einsicht, daß sie keine bloß freiwillige sei. 

Das Neue an der anzustrebenden Wahrnehmung und Akzeptanz der Solidariät mit den Opfern wird in der Vertiefung einer schon vorgegebenen, unwillkürlichen Gemeinschaft sein. Moralisch kann solche Solidarisierung erst werden, wenn das moralisch-freiheitliche Moment als fundiert und sekundär anerkannt wird. 

Die allzu willkürliche Solidarisierung mit Opfern läuft Gefahr, das Element der Nötigung am Opfer so zu überspringen, daß keine wahre Solidarität entstehen kann; statt Anteil am Leiden der Opfer steht dann die Suche nach dem eigenen Erbauungsvorteil im Vordergrund. Entgegen einer verbreiteten rhetorischen Figur ist das bereitwilligere Opfer nicht ohne weiteres das wahre Selbstopfer. Es enthält auch ein Element des Widerwilligen."

Aeschylos tadelt Agamemnon, daß er  die Opferung der Iphigenie allzu bereitwillig hinnimmt. Das Opfer wird damit trivialisiert!

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