Dieses Blog durchsuchen

Montag, 9. September 2013

Als der Datenstaat anbrach

Es ist brillant, was James Burnham da in "Das Regime der Manager" 1949 vorlegt. Er zeigt, daß man zwar noch 1932 Nazi-Deutschland als letzte Form des Kapitalismus deuten hätte können, und vielfach deutet - der Marxismus-Leninismus legte sich darin bequemerweise überhaupt fest. Aber es ist falsch. Denn das von Hitler aufgebaute Deutschland zeigte alle Zeichen einer Sozialrevolution, des Übergangs zu einer neuen Sozialordnung.

Und zu diesen Anzeichen gehört nicht nur sein Expansionsdrang, den nur junge Gesellschaften haben, seine Fähigkeit einen Krieg zu führen, die eine dekadente Gesellschaft gar nicht mehr hat, sondern auch die Beseitigung der Massenarbeitslosigkeit durch staatlich-manageriale Maßnahmen. Dazu kommt das jugendliche Alter der Führungskräfte, ein weiteres Zeichen eines zukunftsorientierten, vergangenheitsabgewandten Gesamtgestus.*

Die Marktkräfte sind ausgeschaltet, staatliche Intervention erfolgt in viele Richtungen. Arbeiter sind nicht mehr frei Handelnde am Markt, sondern per staatlich festgelegte Löhne und Bedingungen tätig, mit dem Staat als mächtigstem Arbeitgeber überhaupt. Kein Wirtschaftsbereich hat noch freie Produktionsbedingungen, Kontrolle über seine Produktionsmittel, und steuert damit auf Enteignung zu, der Unternehmer wird als Oberschichte vom Beamten (Manager) abgelöst, mit gesellschaftlicher Ohnmacht. 

Es ist deshalb überhaupt kein Zufall, daß unter den Emigranten aus Deutschland ... KEIN Manager ist. Es sind Schriftsteller, Künstler, Ideologen, Politiker, freie Berufe, Lehrer und Kapitalisten. Aber keine Manager. Denn sie begreifen, daß es IHR Milieu ist, in dem sie sich bewegen.

Das Deutschland Hitlers war das Frühstadium ... der späteren dirigistischen Sozialstaaten, ein Managerstaat im Frühstadium. Der Zweite Weltkrieg war, anders als der erste, kein kapitalistischer Krieg mehr (entsprechend mußte auch bei allen Beteiligten die Staatsorganisation völlig geändert werden), sondern der Krieg von Managerstaaten. Die ihre Änderungen beibehalten haben, weil wollten.

Was damals Kriegswirtschaft hieß, hieß bald Wohnungswirtschaft, Verkehrswirtschaft, oder Kommunikationswirtschaft, oder ... Energiewirtschaft. Diese Managerorganisation zwingt den Kapitalismus, dieselben Methoden zu übernehmen, denn er wäre sonst aufgrund dessen besserer, zentralerer, konzentrierterer Organisation unterlegen. Und in "hydraulischen Staaten" (s. den Begriff bei Wittfogel) wird das Erfassen seiner Bewohner, das Zählen und Wiegen von immer mehr Faktoren, immer entscheidender.

Der Datenstaat, Grundlage des Despotismus, brach aber 1933 (bzw. 1914/18) an. Er hat seither seine technischen Möglichkeiten nur perfektioniert.**



*Nicht einmal mit nationalstaatlicher Ausrichtung läßt sich argumentieren. Schon das Bestehen so starker "fünfter Kolonnen", weltweit, also ausländischer Bewunderer, belegt den a-nationalistischen Charakter der Nazis. Wenn, haben sie sich höchstens des Nationalismus bedient, und DEM kann man tatsächlich seine Geschwisterschaft zum Kapitalismus nicht abstreiten.

**Das Ende Roms brach an, als es erstmals einen Kaiser hatte, der das Land zu erfassen begann, um es zentral steuern zu können. Zu diesem Zeitpunkt, als die Zeit erfüllt ward, ward Jesus geboren. Es war derselbe Augustus, der die römische Post gründete, um den Nachrichtenfluß zu beschleunigen. So, wie als im Europa der Nach-Renaissance der Zentralismus zunahm, die Herrscher staatliche Postsysteme schufen. Nicht anders, als das Internet heute funktioniert, dessen "privater Nutzen" nur "zufällige Nebenerscheinung" ist, im Gegensatz zur landläufigen Meinung. Übrigens entstanden die Geheimdienste ... aus den Postmeistern (nennen wir sie heute: Datenkraken? Google, oder Facebook?) Die (ausgezeichnet in so vielen Kulturepochen dokumentiert) auch regelmäßige Zustandsberichte über alles und jeden ablieferten.




***