Dieses Blog durchsuchen

Sonntag, 29. September 2013

Der Sprache entzogen

Es ist bekannt, das Glaubenswahrheiten dem Skeptiker nicht bewiesen werden können; - aber nicht, wie jener meint, deshalb nicht, weil sie zu vage seien, sondern weil sie einer Sphäre zugehören, die jenseits dessen liegt, wo Argumentation und Beweis sinnvoll sein können. 

Das geistig Ursprüngliche entzieht sich der Diskussion. Es kann nur, insoweit es sich überhaupt der menschlichen Sprache preisgibt, erklärt werden und ein-leuchten. [...] Unser empirisches Denken wie unsere empirische Schau reichen nicht in die absolute Bodenlosigkeit, in die Todesnacht des Nicht-seins hinab, in der es seine Wurzeln schlägt.

Es wird wohl in den mystischen Überlieferungen verschiedener Religionen gelehrt, daß es möglich sei, daß der Mensch nicht nur der Gottheit begegne, sonder sich auch mit ihr eine. Wer weiß, welche Erfahrungen es sind, auf denen sich solche Lehren begründen? Welche Wirklichkeit sie in der Wirklichkeit Gottes sind, und was sie, als menschliche Erfahrungen, in ihr bedeuten? Wer vermag das, was an den Grenzen der Möglichkeit des Bewußtseins in es einbricht und seine Grenzen aufbricht, sprachlich zu bestimmen und zu begrenzen? Denn wenn eine solche Einung des Menschen mit Gott, die vollkommen die Grenzen des empirischen Daseins der Seele aufhebt, möglich ist - und ich, der dies schreibt, weiß nicht, ob es möglich sei, noch, was es bedeute -, wer wäre in einer solchen Einung "der Mensch"?


Matthias Vereno, in "Vom Mythos zum Christos"




***