Daß Frauen dazu neigen - und wie! - ihr Seelenleben, ihre Motive, ihre Ziele und Vorstellungen als höchst kompliziert darzustellen, liegt daran, daß sie ihre Einfachheit zu verbergen suchen. Die in dem bloßen Verlangen nach Hingabe, in der Forderung an den Mann, diese Hingabe anzunehmen, ja sich zu nehmen, einer ungeheuren Verletzbarkeit ausgesetzt ist. Sodaß sie sich schützen wollen.
Zumalen diese Hingabe mit einer Forderung verknüpft ist, und zwar dem Wesen nach: Nicht nur nämlich, EINEM anzugehören, und DIESEM EINEN ALLES zu sein.
Diese Selbstsucht, die eine Form des Geizes und der Gier der Habsucht ist, ist ihre Art der Selbstsucht, die unrealistisch und gefährlich ist. Sich von ihr zu reinigen ist ebenso geboten, wie sich der Mann von seiner Art der Selbstsucht reinigen muß. In der er undifferenziert nimmt, was ihm angeboten wird. Er muß somit eine Treue und Einzelzugehörigkeit lernen, die freilich der Frau wesenhaft ist.
Die Liebe ist rein, schreibt Thibon, wenn ihr Durst nach dem Glück vor der Leidenschaft nach dem Einssein zurücktritt. Daß hierin die Frau "keine Moral" kennt, ist - oh Quäkerseele, verschließe Dein Schandmaul - ihr wesensgemäß. Denn ihre Erfüllung ist die Hingabe, die nicht nach Kriterien fragt. Die Frau kann also jeden lieben, und sie fragt nicht mehr weiter.* Auch nicht nach Moral, denn Moral ist eine Sache des Mannes.
Er ist es, dem das Gesicht nach außen ein erstes Anliegen ist, etwas das ihr (vom Wesen her, nicht nach dessen Verbildungen, wie sie die Gegenwart zeitigt) völlig gleichgültig ist. Was dennoch beiden eigen ist, ist die wohl schönste Eigenschaft einer Liebe zweier Menschen, und das ist die der Verschmelzung zweier Schicksale zu einem. Zwei Liebende sind keine Summe, sondern ihr Einssein bildet eine neue, unvorhergesehene Wirklichkeit, die sich in dem Maß realisiert, als beide über das Nichts des Sterbens der Selbstlosigkeit, das darin liegt, wenn man dem anderen gehört. Es bedeutet erst jene Öffnung für das Geschenkhafte, das der höhere Sinn ihrer Liebe ist und beide - in ihrer jeweiligen Eigenart - zu neuen Menschen macht.
Insofern ist EIN Merkmal der Liebe doch konstatierbar. Es ist das der Achtung. Denn man kann nur lieben, was man auch achtet. Daß man dann der Welt auch diese Achtung abverlangt ist der sicherste Aufweis der Fügung, von der oben die Rede ist. Denn im anderen werde ich insofern geachtet, als das was jemand für mich ist als "ich selbst" geachtet werden muß.²