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Dienstag, 27. Juli 2021

Unfähig, Gefahren abzuschätzen (1)

Wir haben hier schon oft - und zwar wirklich oft - über das verdammte Wesen des Liberalismus feuchte Lehmpatzen mit verderblichem Verdauungsinnerem geschleudert. Regelmäßigen Lesern könnte das sogar bereits zuviel geworden sein.* Aber man kann es nicht genug betonen. Denn der Liberalismus hat eine entscheidende, ja dramatische Komponente, die nicht oft genug betont werden KANN. Und das ist die - Wehrlosigkeit des Liberalen. 

Was nicht weniger heißt als daß der moderne Mensch, der sich des Geschirrschranks voller Instrumente und Löffel und Kochbücher des Liberalismus bedient, um seine Mahlzeiten der Identität zu kochen, in seinem tiefsten Wesen ... wehrlos geworden ist. Wieviel gemacht, wieviel einfach geworden ist so eine Sache, die kaum entschieden werden kann. Beides trifft nämlich zu, das ist gewiß, und was die einen selber machen, dient den anderen. Die mit Menschen, die vorgeben (und damit vorgeben müssen), LIBERAL zu SEIN, die sich damit (wollen sie nicht aus der Gemeinschaft fallen, die ihnen ihre Identität abstützt und zuspricht) sogar des inkonsistenten, widersprüchlichen, aber saftig vollmundig klingenden liberalen Sprachwirrwarrs bedienen MÜSSEN. Der sie regelmäßig ohne Hosen dastehen läßt. Aber wen stört das schon, wenn das Wulliwulli stimmt.

Somit und also ist der Mensch der Moderne mehr und mehr wehrunfähig geworden. Weil er in diesem Liberalismus, der sich und den er mehr und mehr ausgebaut hat, allmählich jede Identität verloren hat, und nur noch das Fetzenkleid trägt, das da den chiquen Namen "Nixerl von Nihil" trägt. Nichts darf mehr für sich beansprucht werden, weil die Identität keine Grenzen mehr hat. Außer die, die man im groben Egoismus durchkämpft, und in denen man sagt "Aber ich will das so!" oder "Nein, das mag ich nicht, ich mag es einfach nicht." 

Weil es sowieso nicht argumentierbar ist, und alles bekanntlich, so sagt es uns der Heilige Liberalas, dessen Lehren wir fei befolgen, und damit vor allem dieses herrlich paradiesische "gesellschaftliche Harmonie" und "Äquilibrium" sich rein nur dadurch herstellt, weil sowieso (sic!) jeder im Grunde Egoist ist. Und wie sonst sollte sich eine Evolution anders rechtfertigen können, bei der am historischen Ende des Generationenstreifens ein immer stärkerer Kerl rauskommen soll, der natürlich WIR, die Früchte und Kronen der Evolution, sind? 

Also sagen alle einander brav und höflich, was sie wollen, und dann wird am Abend, beim Lagerfeuer oder am Grillomaten von Philipps mit Veganistensteak-Wendeautomatismus, und einer Flasche Bröndby-Kühlem darüber gesittet diskutiert, unter Anleitung eines in Familientherapie wohlgeschulten Akademikers, den das Sozialamt herzlich dünn bezahlt, wessen "Ich will" denn am nächsten Tag berücksichtigt wird, und zu wieviel Prozent. 

Natürlich, so ist die Welt. So ist sie für den Liberalen. So ist sie zumindest für den Liberalen. Nur hat die Sache einen entscheidenden Haken, und den wollen wir endlich einmal am Krawattel erwischt sehen. Und dieser Haken ist, daß jemand, der keine Grenzen kennt, der groß wird (denn wir sagen bewußt nicht "erwachsen"; bei uns und in der modernen Zeit werden alle nur älter, und dicker, und größer, nicht erwachsener) und stark, auch nie abschätzen kann, wann er in Gefahr ist! 

Der Leser stelle sich das einmal vor (denn von sich kennt er es sicher nicht), da wachsen lauter Menschen heran, die je älter desto mehr jemanden brauchen (weil die Bedürfnisse seltsamerweise mit dem Älterwerden wachsen) der ihnen sagt, ab welchem Moment sie in kleiner, dann größerer und schließlich gaaanz großer Gefahr sind. Die nur noch die Lehrbücher kennen, die ihnen sagen, wo die Grenzen welcher Dinge sind, und wo nicht, und die deshalb auch (und da wird es noch skurriler) gar keine anderen Gefahren mehr kennen und erkennen als die, die ihnen diese Lehrbücher vorschlagen. Oder die zumindest den Lösungsschemata entsprechen, die diese Lehrbücher lehren wollen. 

Versteht der Leser, worauf der VdZ hinauswill? Hört er hinter diesen Sätzen bereits den Chor der Furien, die da erst leise, dann lauter und schließlich, als alle Vorhänge aufreißen, ganz laut brüllen: Klima! Corona! Homophobie! Antisemitismus! Haßposting! Rassismus! Frauenfeind! Und so weiter! Und so fort!

Gehört? C o r o n a. K l i m a. Zwei von den vielen und noch mehreren, die da nicht mehr vom Einzelnen wirklich beurteilbar sind, sondern die dazu die Lehrbücher (nennen wir sie beim alternativen Wort für sie: Medien) brauchen. Wobei Schulsituation, Klassengetümmel und gesellschaftlicher sonstiger Alltag ("der Erwachsenen") ist dermaßen in eins geflossen, daß alles das nicht mehr unterscheidbar ist, sondern nur noch älter heißt, weil es mit dem zunehmenden Alter eben anders benannt wird. 

Also ab 17 Lehre. Ab 21 Magistertitel, ab 27 zweiter, ab 34 Doktor h.c., ab 37 Leitender Angestellter oder Professor oder "univ. doc. Kleinkindpädagoge" ("Kindergärtnerin" ist ja eines der Haßworte, eh schon wissen; mit vollem Recht! wo kommen wir sonst noch hin) und so weiter und so fort. (Wenn der VdZ das verwendet, dann darf der Leser voll seine Phantasie bemühen, um sich noch mehr vorzustellen; seine Erfahrung wird ihm dabei helfen). 

Aber das ist unser Problem. 66 % der Österreicher rennen brav hinter den Bildschirmen her, die ihnen Konterfeis von erfolgreich Ältergewordenen vorzeigen, denen sie nun zu folgen haben, wie der Moderator sagt. Und sie tun, was ihnen gesagt wird. Lauter sinnlose Dinge, die sie nie im Leben getan hätten, wenn sie auf ihren eigenen vier Buchstaben gesessen wären, und sich so einfach durchs Leben zu schlagen gelernt hätten, wie das früher mal der Fall gewesen sein soll. Wo ihnen kein Komplettprogramm der Regierung so etwas wie ein Lebens-Ersatzmenue vorgesetzt und gefüttert hätte, nicht ohne viel Zucker darüber zu streuen, bis sie schließlich gelernt haben, daß das ja viel besser, billiger und einfacher ist: Sklave zu sein, und dafür gut zu leben. Dafür hätte Opa doch glatt sein Holzbein verpfändet, wenn es ihm auch so gut gegangen wäre.

Morgen Teil 2) Und wie dankbar sie sind, weil ihnen nun ständig andere vorsagen, wo es gefährlich wird.