Schon gar hier. Denn der VdZ hat das seltsame Gefühl, daß in der Antwort auf diese Frage der Schlüssel zur Zeit liegt. Und mit allen bisherigen Antworten (Sozialstaat, und so weiter und so fort, auch in den Artikeln hier finden sich jede Menge höchst plausibler, guter, ja genialer und hochgeistiger Erklärungen) ist der VdZ in einem kleinen Rest nicht zufrieden. Ein Rest, der nach so vielen Jahren und so vielen (leider höchst) unerfreulichen Erfahrungen dazu nötigt, einen radikal neuen Ansatz zu suchen.
In welche Richtung es gehen könnte, ja mehr noch: In welche Richtung es sicher geht, entzündete sich an einem Aphorismus von Gustave Thibon, den er zur Liebe schrieb. Der bewundernswerte Franzose, der immer eine offizielle akademische Ausbildung verweigerte, der darauf bestand, sich alles selbst anzulesen und anzueignen, dessen existentielle Art des Fragens aber den französischen Katholizismus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zusammen mit Personen wie Simone Weil oder Gabriel Marcel völlig neu aufstellte, schreibt einmal also:
Ihr die zerschlagt - Gesegnet seist du, die du genügend Unordnung, Taumel und Trümmer in mir schufst, daß ich nie wieder von mir selbst befriedigt sei und nie mich in einem verwundbaren Frieden ausruhen werde - die du mich vom Glück errettet hast.
Und an einer anderen Stelle, die damit in engem Zusammenhang zu stehen scheint, schreibt er Sätze, die zum Verständnis von Aussagen Christi, daß er zum Vater gehen müsse, essentiell sind. Er müsse gehen, sagt Jesus, DAMIT wir den Heiligen Geist erhalten könnten, der uns dann alles lehren etc. würde, von dem die Realpräsenz des "geistigen" Gottes (als Initium seiner Realpräsenz im Fleische, also im Zeichen des Brotes, in den Sakramenten generell) und der Kirche also abzuhängen scheint. Also:
Tod und Liebe - Lebte sie noch, so wäre unsere Gemeinschaft vollkommen. Doch ist sie gestorben, sie kann nicht mehr leben. Dieses Gefühl des Unwiederbringlichen verleiht meiner Vorstellung von der Vollkommenheit jene verzweifelte Reinheit und absolute Schärfe. Meine Vorstellung von der Vollkommenheit nährt sich an der Brust des Unmöglichen. Dadurch, daß ich dich verlor, wurde ich eins mit der tiefsten Tiefe unserer Liebe. Dein Tod hat mich in die vollkommenste Stimmung versetzt, mich deiner zu freuen, sie nahm das Objekt weg und krönte dadurch die Vorbereitung des Subjekts, sie vollendete meinen Hunger, in dem sie mir die Speise raubte. Das Schauspiel dieser tödlichen Gemeinschaft, die hienieden auf allen Gebieten die Fülle mit dem Unmöglichen vermählt, wirft eine wesentliche Frage auf - und die Antwort auf diese Frage trennt jede Art lebendiger Metaphysik von der toten: Ist der Tod ein überschreitbares Hindernis?
er VdZ hat die gesamte Passage gebracht, weil jede Aussage einen Horizont braucht, in den sie gefügt war und der für ihr Verstehen notwendig ist. Die entscheidenden Sätze aber sind durch Unterstreichung hervorgehoben.
Warum diese Sätze? Weil die Gegenwart Gottes eine Frage des Hungers nach ihm ist. Nur wer mit dieser Haltung an das Göttliche herantritt, bereitet sich dem Göttlichen, das in der Gnade als real und geschichtswirksames Hinzukommendes (Gnade ist also mitnichten, wie oft gesäuselt, ein rein psychisches Geschehen, eine Art Hochstimmung oder was auch immer, aufgebaut am Placebo des Kultischen) in die Welt tritt. Weil er nun an die Schwelle des Irdischen tritt, und von dessen Grenzen aus - und nur von dort wird er gehört! - ins Himmlische hineinruft.
Gottes Präsenz in dieser Welt, die sie zum Garten Eden macht - der Kirche - ist also eine Frage des absoluten Hungers nach ihr. Nur wer Gott wirklich herbeisehnt, und zwar mit allen Fasern seines Daseins, kommt in Kontakt mit ihm (wenn er denn will, aber diese Großmut wurde uns zugesagt: Wer bittet, der wird erhört).
Wenn also die Jugend satt ist, wenn ihr also nichts mehr fehlt, wird Gott aus der Welt herausgehalten. Den sie aber nicht einmal zu brauchen scheint!
Warum? Weil es einen Widerspruch zwischen "Glück" (als Lebensziel) und "Glückseligkeit" (also Heiligkeit, bei-Gott-Sein im Himmel, als Wandel im Paradiese) gibt. Beides kann man nicht erhalten, sondern man muß sich entscheiden. Denn das Himmlische verlangt den Verzicht auf irdische Sättigung.
Wenn aber (und der VdZ ist davon auch aus Überlegung völlig überzeugt) das Innerweltliche, "Natürliche" erst im Zusatz der Gnade, also in der Gemeinschaft mit der Übernatur in seiner Berufung vollkommen und vollkommen befriedet wird, dann muß es im rein irdischen Dasein eine Unzufriedenheit per se geben! Ein Leben ohne die jenseitige Welt des Geistigen kann dann nicht zu jener Lebenssattheit führen, ja ihm muß das Leben selbst fehlen, wie es somit die Jugend behauptet.
ber auch die eigenen Kinder verhalten sich den Vätern gegenüber so, als würde ihnen dieses Verlangen abnorm und sogar krank erscheinen. Denn einen psychischen Zustand, in dem dieses Bedürfnis verlangt wird, das zugleich einen Verzicht auf irdisches Glück (um des Hungers willen) bedeutet, diagnostizieren sie als "willentliches Beladen mit Unglück, um sich selbst für Schuld zu bestrafen."as heißt, daß sie auch von der Schuld ihres Vaters (ihnen gegenüber) überzeugt sind. Während sie keinerlei Schuld zu kennen scheinen. Denn dieses "freiwillige Sühneverhalten" ist ihnen ja abhold, wie sie sagen. Sie sind im Gegensatz zu ihrem Vater "geistig gesund," den sie schon deshalb auch nicht ernst nehmen. Sodaß sie auch nicht bereit sind, Argumenten auch nur zuzuhören, mit denen die Notwendigkeit zur Ehe (keines meiner Kinder ist verheiratet, obwohl ich schon fünffacher Großvater bin und fast alle mit einem Partner zusammenleben) gegeben ist.
Nun ist das Gegenhalten von eigenem Lebensglück immer ein schwieriges Unterfangen. Mit Gefühlen um die Wette zu balzen ist sinnlos. Was hat es für einen Sinn zu sagen, man sei doch nicht unglücklich, wie sie behaupten, ja im Gegenteil, freue sich Tag für Tag seines Lebens!
Steigen wir aber wieder einen Schritt zurück. Steigen wir zurück zur Frage, warum sie dieses Dürsten, das mich von Kindheit an (!) gekennzeichnet hat, und das bis zum heutigen Tag Antrieb, ja enormer Antrieb ist, nicht kennen. Woher sie diese Selbstzufriedenheit haben, diese Ruhe, in der sie es beim Vater ablehnen. Fehlt ihnen nichts? Warum haben sie nicht wie ich die irdischen Genüsse, die Erfolge, alles was auch in meinem Leben doch erreicht war, nie als befriedigend erfahren, sodaß ich immer mehr wollte - Ewiges vielleicht, Dauerhafteres, vor allem aber ... Echtes?
Warum ist die Suche nach dem Echten - und das war es immer - nicht auch für sie Antrieb, über das Irdische hinaus zu wollen? Denn wo immer ich auch hinsehe, so sehe ich bei ihnen ein enormes Maß an Selbsttäuschung und Irrtum und Widersprüchlichkeit. Warum auch kennen sie Antriebe nicht, in denen man um einer Idee wegen Dinge macht, selbst wenn es einem nicht gerade danach gelüstet? Sodaß man letztlich sagen müßte: Warum fehlt ihnen jeder Bezug zu einem Geistigen, das bei ihnen über ein Rationales nie hinausgeht? Während sie aber an Okkultem, Esoterischem oder Magischem durchaus Interesse zeigen.