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Dienstag, 21. September 2010

Ein Grafschafter Seliger

Sel. John Henry Cardinal Newman
Am Sonntag, 19. September, wurde nicht nur John Henry Kardinal Newman (1801-1890) vom Papst höchstselbst seliggesprochen, jener Konvertit, der als Anglikaner nach langem Ringen um die Wahrheit zur Katholischen Kirche übertrat, und aus diesem geistigen Ringen heraus eine gewaltige und inhaltlich beeindruckende Fülle an Schriften hinterlassen hat. In denen sich viele Schlüssel zum Verständnis der geistigen Lage unserer Gegenwart finden. Denn Newman hat viele jener geistigen Probleme überwunden, die heute ein schier unentflechtbares, für viele verwirrendes Blütensammelsurium an weltanschaulichen Ansätzen liefern. Newman mußte sich selbst also Wege suchen, seine Zweifel und Fragen - als Bischof der Anglikanischen Kirche - rational zu durchdringen, damit seine Haltungen in einem Urteil, einer Entscheidung rational verantwortbar wurden. Dieser rationale Weg, indem Newman den Katholizismus durchdrungen hat, macht seine Schriften so besonders wertvoll und modern. Newman macht damit den Katholizismus verstehbar, auch und vor allem in seiner letztlich nicht mehr begreifbaren Verbindung von Glaube und Vernunft, von Gnade und Tugend. Bereits "heimlich", nun wohl bald aber offiziell, wird Newman, dem ein sehr britischer Sinn für Humor attestiert wurde, deshalb "Kirchenlehrer" betitelt.

O. p. n.

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Newman, zu dessen Begräbnis 1890 (dies zur Illustration seiner Beliebtheit und Stellung in England) fünfzehntausend Menschen kamen, war etwa um 1830 Mentor der "Oxford movement", einer Bewegung innerhalb der anglikanischen Kirche, die im Rahmen einer europaweit zu begreifenden romantischen Bewegung Erneuerung suchte. Und dazu die Wurzeln ausgrub - im Volkstum, das sehr klar als in seinen religiösen Wurzeln zusammengehalten, nur so zu einigen, begriffen wurde. Daraus erwuchsen ihm immer größere Probleme mit der Anglikanischen Kirche selbst, die er zunehmend aus ihren katholischen Ursprüngen heraus zu begreifen, aber genau deshalb zu kritisieren begann.

Es heißt, daß die vom unter den Nazis mit Publikationsverbot belegten Theodor Haecker 1940 übersetzten Schriften Newmans maßgebliche Inspirationsquelle für Hans und Sophie Scholl waren - die Proponenten der "Weißen Rose", die 1943 hingerichtet wurden.

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An eben diesem 19. September 2010 wurde in Münster aber auch der kleine schlesische Kaplan Gerhard Hirschfelder, vom dazu vom Papst ermächtigten Joachim Kardinal Meisner, ebenfalls ein Schlesier (so wie unter anderem die deutschen Bischöfe Lehmann und Mixa), seliggesprochen (1907-1942).

Sel. Kaplan Gerhard Hirschfelder
Und zu ihm hat der VdZ ja direkte Beziehung, weil Hirschfelder war nicht nur Grafschafter, Glatzer, sondern sein Martyrertod, den er 1942 im Konzentrationslager Dachau erlitt, bezog sich (natürlich: unter anderem) auf ein Bekenntnis, das auch des Verfassers (der sich damit einmal mehr als von der Mutterseite Glatz-stämmig bekanntgibt) Großvater Heinrich Fischer - möglicherweise hat also Hirschfelder den Boden für so manche Tat der Größe mit aufbereitet, es wäre nicht überraschend - erlitt.

Man dürfe den Kindern nicht den Glauben aus der Seele reißen, meinte Hirschfelder, als man die Kreuze aus den Schulen entfernte. Und er wurde unter dem Vorwand der Zersetzung und Verhetzung verhaftet. Schon lange hat man einen Anlaß gesucht, ihn aus dem Verkehr zu ziehen, denn der Glatzer Kaplan, Dekanatsjugendseelsorger in der Grafschaft, war höchst beliebt und unbeugbar. Ein Hindernis für die Ideologie, Macht über die Jugend zu bekommen. Er soll wunderschön gesungen, dazu mit seiner Gitarre gespielt, durch seine frohe Haltung die Herzen der Jugend erobert haben.

O. p. n.

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Heinrich Fischer, geboren 1900, wurde denunziert, weil er denselben Ausspruch getätigt hatte. Als Vater von acht Kindern war er zwar militärdienstfrei gestellt, aber als Strafe wurde er nun doch noch eingezogen, in den Kampf an vorderster Linie gegen die längst aussichtslos überlegen heranrückenden Russen geschickt, im Herbst 1944. Nur einen Monat später, im Oktober 1944, war er tot. Kopfschuß, hieß es.

O. p. e.


*210910*