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Freitag, 17. September 2010

Mit Staatsidee - Fülle

Es ist auch der Schlüssel zum Verständnis des 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts, das für Deutschland und Österreich ein Zeitalter unglaublichen geistigen Schaffens war. Und die Frage, zu der sich die Antwort augenblicks wandelte, lohnte eine Untersuchung, ob es dafür nicht Parallelen in der Geschichte gibt, ob sich diese Disposition nicht ständig zeigt - dann, wenn nämlich ein Volk - aus einer Phase der Suche und Orientierung - um seine Staatswerdung ringt! In dieser höchsten Spitze des Menschseins aufgehangen, befeuert und getrieben vom und zum Höchsten, das der Mensch zu leisten vermag, lag nämlich eine geistige Befreiung zur kulturellen Großtat, die weiterer Beschreibung nicht bedarf!

Befeuert, ja getrieben von der Idee des Eigenen, vom Suchen nach Wegen, dieses Eigene darzustellen, zu konstituieren, in einem Staat auszudrücken, wuchs der Schmelztiegel "Romantik" zu einem Vulkan der Kultur. Alle die Namen, die wir als Fundament unseres Selbstseins betrachten, als Ausweis des uns Möglichen, von Mozart, Beethoven, Goethe, Schiller, ja wo wäre ein Ende mit den Namen, sie alle wurden letztlich aus dieser einen einzigen Idee heraus befeuert und geboren, und wenn nicht direkt, so indirekt, aus allem, was herum geschah.

Aus dem, was sich geschichtlich als Ringen um einen Staat fand, zu dem sich Gleiches zusammenbinden wollte, weil zu sollen meinte. Weil der Staat als Ausdruck und darstellender Organismus des seine Bewohner Verbindenden, Vorhandenen begriffen wurde. In einem neu entstehenden Deutschland, in einem neu entstehenden Österreich (das sich ja spätestens ab 1804 ebenfalls neu zu definieren begann), in den Nationalstaaten rundum, so vielschichtig auch alles zu verstehen ist, das da geschah. Staat hieß hier logische, fast unausweichliche Folge des bewußt gewordenen Gemeingeists.

Wieviel wird durch diese Erkenntnis doch erhellt, wie sehr taugt sie als Schuhlöffel, um in der Geistesgeschichte der Völker, unseres Volkes, nach Zusammenhängen dieser Art zu suchen, und sie nicht nur mit einem Mal zu sehen, sondern ein Gefühl zu erleben, als hätte man in das Innerste eines bislang welchern Apparats geblickt.

Augenblicks auch wird einem verständlich, was in den 1920er, 1930er Jahren geschah, als diese Kräfte erneut eine Gestalt suchten. Und aus dieser Feuerquelle heraus so gewaltige Geistesleistungen zeugte wie gebar. Gerade in Österreich - was nicht nur gerne vergessen, sondern so oft denunziert, verleumdet wird. 

Aber bis zum heutigen Tag (!) lebt die Wissenschaft der Politik und der Wirtschaft, der Staatsgestaltung, des Naturrechts, von den Leistungen gerade aus Österreich. Und auf künstlerischem Gebiet? Wer den Gedanken Hollywood ausspricht, und dies nur als plakativstes Beispiel, kann es nicht tun, ohne die ungeheure Riege an Österreichern, die im Film der ganzen Welt eine neue, und historisch maßgebliche Kunst des Darstellens formte. In Namen wie Billy Wilder, Fred Zinnemann, Robert Altmann, Fritz Lang, etc. etc., Ausfluß einer Kunst die gerade in Österreich eine heute kaum begreifliche Dimension angenommen hatte, unabhängig von allen Furchtbarkeiten, die in den späten 1930ern eintraten. Und die als Pervertierung, gezielten Frevel all des Guten anzusehen ist, das sich da anschickte, wahrhaft schöpferisch zu sein.

Bis aus diesem Ringen dann - ein Staat erwuchs, und die Politik, das Dasein selbst, das jeden Einzelnen betrifft und betraf, ans Tageslicht trat, und alle Kraft benötigte, allen schöpferischen Willen an sich band. Ehe er sie, zuzeiten, wieder entließ ... und sei es, in die Katastrophe stieß.

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Jedes Zeitalter, meint Josef Nadler einmal, hat nur eine begrenzte Menge an schöpferischer Kraft zur Verfügung. Es ist eine jeweils historisch zu entscheidende Frage, wohin diese Kraft fließt. Wird es in der Kunst verbraucht, so bleibt für den Staat und die Wissenschaft nur Ausschuß. Saugen Staat und Wissenschaft das Zugemessene auf, so feiert der Kunstbetrieb.
 
Jedes Zeitalter setzt die verfügbare Lebenskraft dort ein, wo die Not brennt. Diese Brandherde wechseln den Ort von Geschlecht zu Geschlecht; sie liegen bald im Umkreis des Wissens, bald in dem der Kunst, der Wirtschaft, des Staates. Darum muß die Frage lauten: auf welchem Felde war Brache und auf welchem die Reihe an der Arbeit. Dann wird sich zeigen, ob die staatsschöpferischen Kräfte sich künstlerisch oder wirtschaftlich entladen oder ob künstlerisches und wissenschaftliches Vermögen sich staatsbürgerlich befriedigt. Und so wird denn der künstlerische Wille oft genug nicht in den überlieferten Kunstformen wirksam, die man erfahrungsgemäß erwartet, sondern etwa im Entwurf und Werk und Beihilfe einer großen staatlichen Schöpfung.

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Aber, kann man hinzufügen, es geschieht im Dialog mit den höchsten Ideen - die Staatsidee ist im Wirken in der Welt gewiß die höchste, und sie betrifft in ihrer Dimension jeden Bürger, der in ihr seine größte Möglichkeit hat.

 
 
*170910*