Die Tatsache, daß die jungen Spartaner beiderlei Geschlechts sich nackt begegneten, war keineswegs Anzeige von Promiskuität! Dabei galten die in körperlicher Ertüchtigung großgewordenen Spartanerinnen als die schönsten Frauen Griechenlands, und man nannte sie "Schenkelentblößerinnen". In geschlossenen Systemen finden eben auch Absonderlichkeiten den Schein von Normalität, selbst wenn Natur in völlig neuem Zusammenhang mißdeutet und mißbildet wird.
Der Kollektivismus der Spartaner, denen wörtliche Gleichheit alles galt, ließ keine Persönlichkeiten zu, die in mehr Gebieten ausgeformt waren als im Dienst an Staat und Gemeinschaft. Nur Sieg und Erfolg galt.
Daß die Familie sich solchermaßen völlig in den Staat hinein auflöste, dessen Bestand alles galt, hatte noch bemerkenswerte Auswirkungen. Und zwar namentlich auf die (in keinen Familienverband wirklich gehörigen) Frauen, die weniger einem Manne, als einem Idol und Sieger anhingen.
Als im 5. Jhd. v. Chr. die Thebaner einmal die Spartaner besiegten, und das Land besetzten, staunten sie nicht wenig, und freuten sie sich noch mehr, über die so offenkundige Bereitschaft der Spartanerinnen, sich zu Liebesdiensten anzubieten!
Getreu ihrer charakterlichen Formung waren diese nur dem Staat unterworfen. Und weil der nun von einem anderen ersetzt, sohin nur die Elite ausgewechselt war, war es ihnen selbstverständlich, diese durch Körperlichkeit an sich zu binden. Dem Sieger so zu dienen, und sich in erstaunlicher Treulosigkeit dem neuen Staate wieder einzugliedern.