Die Frau selber ist Teil des anonymen Weiblichen an sich, so wie sie von einem anonymen Phallus begattet wird, und dient allem, das der Fruchtbarkeit dient. Den Schleier trug jede Frau, die unabhängig war, die ungebunden lebte: die Frau darunter blieb unbekannt, die persönliche Trägerin war unwesentlich: das Frausein an sich war heilig, denn diese Hetären-Dienst war ein priesterlicher Dienst.
Im Brautschleier lebt diese Anonymität noch symbolisch fort - aber der Bräutigam hebt den Schleier. Er ruft die Frau beim Namen, und erlöst sie aus dem Allgemeinen, ruft sie ins Besondere, ins Persönliche der heiligen Ergänzung. (In diesem Sinne gehört also auch die Übername des männlichen Namens dazu bzw. erhält ihren Sinn.) Ihm ist sie dann zugeschrieben, ihm ist sie zugeordnet. (Das diesem Zeichen ähnliche Lösen der Haare war ja bis vor kurzem, ja ist es heute noch, eine zutiefst erotische Geste.) Und sie setzt seine tiefsten Schichten in Bewegung, in der Sexualität. Die deshalb heilig ist, weil sie beide aus dem abgeteilten Individuellen ins Überpersönliche, in eine gemeinsame Persönlichkeit - ein Fleisch - stellt.
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