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Dienstag, 25. November 2014

Wenn die Wirtschaft die Wirtschaft ruiniert

Die Blüten, die die Internationalisierungen von Unternehmen treiben, sind mit solchen - bravourös mutigen - Darstellungen ja noch lange nicht erschöpft. Denn es geht um den Ruin regionaler, kleinstrukturierter Wirtschaft, die jene Lasten jener Strukturen zu tragen haben, die größere Mitspieler mit größeren Möglichkeiten regelrecht ausplündern. Wer sich alleine mit Kostenrechnung ein wenig genauer befaßt weiß, wovon da die Rede ist. Hier erfolgen Wettbewerbsverzerrungen, die ganze Lokalwirschaften lehmlegen können. Mit einzelnen Branchen ist das ja längst geschehen. Die Folge wäre dafür wirtschaftlicher Nutzen für den Konsumenten? 

Dann müßten Sie aber gewaltig schönreden, was an realem Dienstleistungsverlust bereits eingetreten ist und weiter eintreten wird. Denn die Globalisierung funktioniert nur bei gleichzeitiger Umdefinition von Ware und Leistung, von Gut und Arbeit. Diese Mängel werden dann ausgelagert, werden zu psychischen Folgen, zu Veränderungen der Lebensqualität weg vom Leben - hin zu technisch definiertem Wohlstand und -genuß. Alleine die Geschmacksindustrie, die innere Qualität durch simuliertes Geschmackserlebnis ersetzt, eigentlich einen gewaltigen Bluff inszeniert, ja das gesamte Marketing, das Produkt als "Lebensgefühl" verkauft, sodaß das Produkt höchstens zweitrangig wird, erzählt eine beredete Geschichte der Aushöhlung von Arbeit und Wirtschaft - und Lebensqualität. 

Die zu einem technisch definierten, rein über Mengen und Meßbarem bestimmbares Ding wird, und dabei Begriffe benützt, die sie in Wahrheit entleert. Denn zwar kann eine Waschmaschine tatsächlich eine höhere Lebensqualität bedeuten, aber nur in einem Insgesamt von Lebensführung und Beziehung von Ding und Mensch, die sich aus ganz anderen Qualitäten nährt, in der sogar Mühe eine unersetzbare Rolle spielt. Lebensqualität wächst also nicht DURCH MEHR Waschmaschinen, um es simpel zu machen, indem es einen Begriff von Waschmaschine ausnutzt, der aus diesem gesamten Lebensrahmen überhaupt erst entstanden und definiert ist. 

Ersetzt somit diese "neue Waschmaschine" die "alte", verdunstet zugleich ihr Wert, und wird zur reinen technischen Größe, zu Geld und Zahl. Die Welt wird "entraumt" und leer, denn Raum ist keine absolute Größe, sondern entsteht durch Beziehungen der Dinge zueinander (in der Zeit). Solcherart in einem "leichteren Leben" Lebende werden gelinde formuliert dann von jener Mühe und Leere geplagt, was sie mit dem nun freigewordenen Lebenspotential überhaupt anstellen sollen. Um die Lebensillusion aber aufrecht zu halten, benötigen sie in einem sich selbst steigernden Spiel also immer lückenlosere Medien der Gefühlsaufputschung. Die heute schon alles umhüllende (und immer lautere) Beschallung, die Wirklichkeit selektiert und dabei ausschließt, zeigt genau das.

Selbstverständlich brauchen diese Systeme, diese Marketingstrategien, auch einen entsprechend entwurzelten Kunden - ohne Internet, ohne neue Medien als Instrumente der Entwirklichung vieler Lebensvorgänge, durch Verlagerung in Virtualitäten, sind so gut wie alle dieser global player undenkbar. Wenn also die Politik von "Ausbau des Internet" schwafelt, dann setzt sie den nächsten Schritt, um die Regionalwirtschaft zu zerstören.

Durch solche Wirtschaftsformen wird nicht "besser (oder gar: freier) gewirtschaftet", hier werden Volkswirtschaften ausschmarotzt, denen ihre Freiheit genommen wird. Hier ersetzt und pervertiert skrupellose Cleverness menschliche Leistung. 

Aber dazu muß gar nicht nur auf Internationalisierung hingehackt werden. Es genügt in vielen Fällen bereits die Überregionalisierung. Das Großwerden der Diskont-Märkte, egal welchen Zuschnitts, wäre da zu nennen. Hier werden nicht Märkte genutzt oder gemacht, hier werden Märkte und Landschaften durch Zurüstungen zum inneren, wurzellosen Universalismus ruiniert.

Hier muß deshalb sehr wohl obrigkeitliche (meist zuerst regionale - so eine Unternehmensbude steht ja irgendwo "regional" -, dann, nach dem Subsidiaritätsprinzip, staatliche) Regelung einsetzen. Indem sie dafür sorgt, daß die jeweilige volkswirtschaftliche Rechnung einfach stimmt, als Frage der Gerechtigkeit, als Frage des Überlebenswillens eines Landes. Aber dazu braucht es auch eine Politik der Angstfreiheit. Denn diese Form des Wirtschaftens, die sich in den letzten fünf, sechs Jahrzehnten über unsere Länder ausgebreitet hat, setzt auf die Erpressbarkeit von Regierungen durch Drohszenarien. Und hat sie einmal die Regionalstruktur zerstört, ist ein Land auch tatsächlich von ihnen abhängig.

Das Bedauerliche an Sendungen wie dieser (was man im Gesamtlauf der Sendung sieht) ist halt, daß die Proponenten letztlich doch nie über simple sozialistische Klischees hinauskommen. Sodaß die Frage offen gestellt werden muß, ob die Freimut der Kritik bei sozialistischer Regierung nicht deutlich brustschwächer wäre.








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