Geboren 1961, sind diese Rhythmen und Gefühle Kindheitserinnerungen, die nachgeweht haben. Denn seine Geburtsstadt war russische Besatzungszone, 1955 "frei" geworden. Man beachte vor allem das musikalisch großartige "Eij uch nem" ab ca. Minute 13. Mit dem "Puth" (gleich zu Beginn; richtig übersetzt: "Marsch! Der Weg ist unsere Aufgabe!") ist er aufgewachsen. Und mit den Erzählungen seiner Mutter, die die Russen als einerseits wilden, dabei von Gefühlen (vor allem für Kinder, freilich, auch für Frauen; die Mutter des VdZ hatte sich durchaus zu wehren, auch wenn die Russen die älteren Geschwister regelmäßig mit Zucker oder Butter - rare Güter damals - versorgten) regelrecht überschwemmten Haufen, anderseits als von hochkultivierten Offizieren großartig in Schach gehaltene Armee erlebte. Amstetten in Niederösterreich hatte als Besatzungsregime das russische Garderegiment. Die Zeremonien etwa zur Totenehrung (Amstetten hat bis heute zwei russische Friedhöfe) müssen beeindruckend gewesen sein.
Russophilie? Vielleicht. Vielleicht als Erbe übernommen, als Grundhaltung. Vom Vater. Wenn der VdZ später, mit dem ersten Radio, das er etwa 1976 als Weihnachtsgeschenk erhielt, war das Hören von "Radio Moskau" verbunden. Und damit verbunden war eine tiefe Sympathie mit dem Volk, seiner Seele, allen politischen Intentionen abhold. Ein Volk. Man nannte ihn später "Kommunist". Dabei liebte er nur das Volk, das was er davon in Musik (und Sprache ist pure Musik) fühlte. (Und die Schule, die er später besuchte, die Russisch als Pflicht- und Schwerpunktfach eingerichtet, weil den Handel mit der UdSSR zum Schwerpunkt hatte, Frucht der Besatzungszeit, diffamierte ihn sogar - im übrigen: erfolglos - dahingehend bei Anfragen späterer Unternehmen, in denen der VdZ beschäftigt war.)
Die vom Vater des VdZ gegründete Zeitung - die erste in Niederösterreich nach dem Ende des 2. Weltkrieges, die es schaffte, wirklich periodisch in tausend Exemplaren gar zu erscheinen, unter unendlich schwierigen Bedingungen, die zu bewältigen der enormen Kommunikationskraft des Vaters des VdZ zu verdanken ist, die wie jede Zeitung in Kaffeehäusern vorgelesen wurde: auf ein Exemplar kamen zehn "Leser"="Hörer" - berichtet freilich auch von "verschwundenen" Frauen und Mädchen. Tragisch, diese Nachrichten zu lesen, man ahnt das Furchtbare dahinter. In einer Zeitung, die aus russischen Papierbeständen gedruckt wurde, die der Vater des VdZ mit so viel Klugheit losgeeist hatte, daß hier wirklich Diskussionen stattfanden, die den Boden für das spätere Österreich bereiten halfen. Ehret die Väter!
Als die Pläne des groß Denkenden aber die Horizonte der Bauernschädel des Dorfes Neuhofen (Wiege Österreichs! im Dritten Reich eine berüchtigte "Nazihochburg") überstiegen, man ihn absetzte, ihm im Amt getroffene Entscheidungen aus formalen Verfehlungen privat anlastete (und damit die gesamte Entwicklung der Familie des VdZ entscheidend beeinflußte), rückte die in Amstetten stationierte Gardeeinheit aus, um ihn wieder in Amt und Würden zu setzen. Nur das Einlenken des Vaters - Josef Wagner, r. i. p. - verhinderte eine Eskalation der Lage. (Im übrigen: nicht das erste Mal; sein ausgezeichnetes Verhältnis zum Kommandanten der Russen verhinderte mehrmals blutiges Einschreiten der Roten Armee; weil der russische Major in Amstetten ihn nicht nur als "Freiheitskämpfer", sondern wie ganz Amstetten "als Kopf" hoch schätzte; als Freiheitskämpfer bezeichnete man damals jene, die zwar nicht "im Widerstand", aber doch unter lebensgefährlichen Umständen ein Wiedererstehen Österreichs noch unter der Nazi-Herrschaft vorbereiteten und jene Strukturen vorbildeten, auf denen dann wie aus dem Nichts 1945 DOCH ein Österreich erstehen konnte.)
Neun seiner elf Geschwister waren also noch unter russischer Besatzung geboren. Das zumindest emotionale Urteil des VdZ über die Russen beruht also durchaus auf sehr persönlicher Überlieferung, weil Familiensaga. Es ist damit auch sehr differenziert und war immer von Sympathie für den russischen Menschen selbst begleitet, in all seinen Höhen und Tiefen. So hat er es von schwer kriegsgebeutelten, opferreichen Vorfahren übernommen. Kann jemand, der so singt - und Singen, Musik heißt: Einordnen in den Rhythmus der Ideen, also der Ordnung Gottes - einfach nur böse sein?
Martin Mosebach hat übrigens zum VdZ einmal tatsächlich die Meinung geäußert, daß dessen Seele "etwas Russisches" habe. Das bestreitet er überhaupt nicht, auch wenn es einen Mangel ausdrückt. (Der Leser dieser Zeilen möge das durchaus berücksichtigen.) Zu dessen Lieblingslektüre immer Dostojewskij, Gogol ("Tote Seelen"), Puschkin, später auch Leskow, vor allem aber immer Ivan Gontscharow ("Oblomow") gezählt hat. Und der kaum je etwas leidenschaftlicher gesungen hat als russische Volkslieder, schon ab fünfzehn in Aufführungen (mit Hintergrundchor) im Pfarrsaal seiner alten Heimatpfarre. Und dessen Sangesweise bis heute von kaum jemandem so geprägt worden war wie von Ivan Rebroff. Neben der seiner Mutter. Neben Rudolf Schock. Neben Peter Alexander. Neben ... Man verdankt alles irgendjemandem. Die Welt zeugt sich aus sich selbst, wenn sie dem Sein folgt, offen für das Schöpferische Gottes ist.
Russophilie? Vielleicht. Vielleicht als Erbe übernommen, als Grundhaltung. Vom Vater. Wenn der VdZ später, mit dem ersten Radio, das er etwa 1976 als Weihnachtsgeschenk erhielt, war das Hören von "Radio Moskau" verbunden. Und damit verbunden war eine tiefe Sympathie mit dem Volk, seiner Seele, allen politischen Intentionen abhold. Ein Volk. Man nannte ihn später "Kommunist". Dabei liebte er nur das Volk, das was er davon in Musik (und Sprache ist pure Musik) fühlte. (Und die Schule, die er später besuchte, die Russisch als Pflicht- und Schwerpunktfach eingerichtet, weil den Handel mit der UdSSR zum Schwerpunkt hatte, Frucht der Besatzungszeit, diffamierte ihn sogar - im übrigen: erfolglos - dahingehend bei Anfragen späterer Unternehmen, in denen der VdZ beschäftigt war.)
Die vom Vater des VdZ gegründete Zeitung - die erste in Niederösterreich nach dem Ende des 2. Weltkrieges, die es schaffte, wirklich periodisch in tausend Exemplaren gar zu erscheinen, unter unendlich schwierigen Bedingungen, die zu bewältigen der enormen Kommunikationskraft des Vaters des VdZ zu verdanken ist, die wie jede Zeitung in Kaffeehäusern vorgelesen wurde: auf ein Exemplar kamen zehn "Leser"="Hörer" - berichtet freilich auch von "verschwundenen" Frauen und Mädchen. Tragisch, diese Nachrichten zu lesen, man ahnt das Furchtbare dahinter. In einer Zeitung, die aus russischen Papierbeständen gedruckt wurde, die der Vater des VdZ mit so viel Klugheit losgeeist hatte, daß hier wirklich Diskussionen stattfanden, die den Boden für das spätere Österreich bereiten halfen. Ehret die Väter!
Als die Pläne des groß Denkenden aber die Horizonte der Bauernschädel des Dorfes Neuhofen (Wiege Österreichs! im Dritten Reich eine berüchtigte "Nazihochburg") überstiegen, man ihn absetzte, ihm im Amt getroffene Entscheidungen aus formalen Verfehlungen privat anlastete (und damit die gesamte Entwicklung der Familie des VdZ entscheidend beeinflußte), rückte die in Amstetten stationierte Gardeeinheit aus, um ihn wieder in Amt und Würden zu setzen. Nur das Einlenken des Vaters - Josef Wagner, r. i. p. - verhinderte eine Eskalation der Lage. (Im übrigen: nicht das erste Mal; sein ausgezeichnetes Verhältnis zum Kommandanten der Russen verhinderte mehrmals blutiges Einschreiten der Roten Armee; weil der russische Major in Amstetten ihn nicht nur als "Freiheitskämpfer", sondern wie ganz Amstetten "als Kopf" hoch schätzte; als Freiheitskämpfer bezeichnete man damals jene, die zwar nicht "im Widerstand", aber doch unter lebensgefährlichen Umständen ein Wiedererstehen Österreichs noch unter der Nazi-Herrschaft vorbereiteten und jene Strukturen vorbildeten, auf denen dann wie aus dem Nichts 1945 DOCH ein Österreich erstehen konnte.)
Neun seiner elf Geschwister waren also noch unter russischer Besatzung geboren. Das zumindest emotionale Urteil des VdZ über die Russen beruht also durchaus auf sehr persönlicher Überlieferung, weil Familiensaga. Es ist damit auch sehr differenziert und war immer von Sympathie für den russischen Menschen selbst begleitet, in all seinen Höhen und Tiefen. So hat er es von schwer kriegsgebeutelten, opferreichen Vorfahren übernommen. Kann jemand, der so singt - und Singen, Musik heißt: Einordnen in den Rhythmus der Ideen, also der Ordnung Gottes - einfach nur böse sein?
Martin Mosebach hat übrigens zum VdZ einmal tatsächlich die Meinung geäußert, daß dessen Seele "etwas Russisches" habe. Das bestreitet er überhaupt nicht, auch wenn es einen Mangel ausdrückt. (Der Leser dieser Zeilen möge das durchaus berücksichtigen.) Zu dessen Lieblingslektüre immer Dostojewskij, Gogol ("Tote Seelen"), Puschkin, später auch Leskow, vor allem aber immer Ivan Gontscharow ("Oblomow") gezählt hat. Und der kaum je etwas leidenschaftlicher gesungen hat als russische Volkslieder, schon ab fünfzehn in Aufführungen (mit Hintergrundchor) im Pfarrsaal seiner alten Heimatpfarre. Und dessen Sangesweise bis heute von kaum jemandem so geprägt worden war wie von Ivan Rebroff. Neben der seiner Mutter. Neben Rudolf Schock. Neben Peter Alexander. Neben ... Man verdankt alles irgendjemandem. Die Welt zeugt sich aus sich selbst, wenn sie dem Sein folgt, offen für das Schöpferische Gottes ist.
***