Man kann die Weisheit und Poesie nur bewundern, die sich in diesem Filmchen über ein Wirtshaus, seine Gäste, und vor allem seine Betreiber zeigt. In solchen Leben ist alles drin. Wie oft werden die Menschen unterschätzt. Fast immer nur, weil man sie zu wenig trifft.
Der Mensch ist Sozialwesen. Nicht als Zusatzmöglichkeit, sondern konstituionell. Ohne den anderen, ohne Überschreitung auf das Du, in dem er Ich wird, bliebe er bloß unerfüllte Möglichkeit. In den Wirtshäusern, die am direktesten als Vorstufe zu den antiken Foren gesehen werden können, wird er (nach der Familie) weiter in seiner irdischen Gestalt herausgebacken, verwebt sich mit den anderen zur weiteren Familie - als Spielgemeinschaft. Und erhält, ohne daß ihn gleich der Ernst des Lebens erschlägt, seinen Ort im Gefüge der Menschen zugewiesen, an dem er (weil als wer) und aus dem er sein Leben in freier Zustimmung führen kann. Der Stammtisch arbeitet ihn heraus, läutert ihn, beweist ihn, und niemand macht es ihm streitig. Ein Ort des Spieles, des Festes, des Tanzes. Deshalb ist es auch kein Ort der Politik. Es ist zu alledem nur Vorstufe.
So ist Volk - die Mutter - in jeder Hinsicht, weltlich wie religiös, der Schooß des Einzelnen, der erst in dieser Bestimmtheit, die er hier im Spiel vor sich sieht, frei sein kann, weil "den Rücken frei, Boden unter den Füßen hat", sich so als "Ich" in höhere Stufen mutig transzendieren, sich am nächsten Tag wieder ins öffentliche Leben bis zum Vaterland, dem Staat, als Reich der Ideen, ausstrecken kann.
Um, zurück, im Wirtshaus zu berichten, ins reale Leben zurückzuordnen, im Abstand seine Schemen als eigentliche Wirklichkeiten zu sehen. Es ist also ein Ort der Erzählung, der Mythen und Legenden. So, wie der Kult der Ort der Heiligen Erzählung ist, die je in der Erneuerung, im "Gedächtnis", gegenwärtig und wieder und wieder wirksame Namensrufung von Vorhandenem, aber Stummem, Unerlöstem werden, um dann im Einzelnen Fleisch zur volleren Gestalt zu bringen weil dem lückenhaften, aus dem Fluch unvollkommenen Erkennen wieder zu Besitz gebracht.
Das Wirtshaus ist aber auch ein umhegter Ort, an dem alle zu Kindern werden, und in einer Art geschütztem Zwischenreich - nicht Welt, nicht Mutterhöhle - Rollen proben, korrigieren, spielerisch testen. Jeder unbotmäßige, hemmende weil festlegende Welternst wird mit Wein und Bier und Schnaps - Drogen, die jede Kultur als Hilfsmittel braucht² - hinausgedrängt.
Die Welt sinkt ins Dunkel zurück, wird zur erinnerten Erzählung, zum Theater der Schemen, und reines Lebensblut des ursrünglichen "Ich" kann jedem Einzelnen wieder einströmen. Im Erzählen, im Zuhören, spielt der Mensch mit seinem Ich, und lernt es kennen. So steht das Wirtshaus in einer Linie - wenn auch nicht auf je derselben Ebene - mit allen Festen, aber auch mit dem schon höher zu reihenden Theater, und gar seiner höchsten weil sakralen Stufe, dem religiösen Kult, der höchsten Spitze des Menschen im Geist. An dessen Ende sich jeweils nicht zufällig auf der ganzen Welt Speis und Trank als letzter, aber unverzichtbarer Akt des Festes einreihen.
Bei vielen Völkern unterschiedlichster Klimazonen ist das Abendessen heute noch die Haupt- weil Festmahlzeit. Man vergesse die umgehängten Erlärungen aus angeblichem "Nutzen", der Ursprung ist anders, und zeigt sich noch in der Sehnsucht nach dem aus dem Fluch der Erbsünde Verlorenen, dem die Schweißesarbeit entstammt, in der sich der Mensch zum Objekt machen, sich sein Leben verdienen muß.
Im Vergessen dieser Tatsache setzt ja jede Utopie an. Und deshalb hat jedes Fest etwas Utopisches, wie Y Gasset einmal schreibt. Denn wenn man begreift, daß jedes geführte Leben, auch das Alltäglichste, aus dem Heiligen stammt, als unendlicher Kult, zu dem es gar wieder werden will, in der Himmlischen Liturgie, dann begreift man auch den täglichen Feierabend - im Wirtshaus, diesem Versammeln um die Dorflinde, der Sehnsucht nach dieser zur Utopie gewordenen Ursprungswelt.
Wo die Gemeinschaft im Täglichen differenzierter, ja gespaltener ist, zeigt sich das in den Charakteristiken der Wirtshäuser. Diese Stunde verträgt keinen ernsten Widerspruch, und je größer eine Gemeinschaft wurde, desto differenzierter wurde sie auch, desto reiner werden Aspekte darstellbar, die sich sonst noch vermischter, weniger ausgebildet halten - ein Naturgesetz, weil alle Abstammung, aller Fortgang in der Geschichte Entfaltung einer Synthese bringt. Im Guten wie im Schlechten.*
Aber immer ist es die Wirklichkeit der Dorflinde in der Dämmerung. Wo jemand die Fiedel spielt und ein anderer singt, ein Dritter die alten Geschichten erzählt, die als Geister über jedem Zentimeter Bodens, über jeder Mauer, jedem Stein, jedem Hügel und jedem Baum schweben und ihn als Wesen tragen.** Einfach zur Steigerung der Freude der Mitwelt, weil zur Hebung des Gemüts aller ins Höhere, wo noch mehr Freude wartet, sich in der Gewohnheit verfleischlicht, sodaß sich sich allen mehr und mehr höheres Dasein eröffnet. In dieser Stimmung, in dieser Gemütsverfaßtheit geht er dann zu Bett, und im Traum fügen sich alle seine Ebenen, losgelassen, innerlich neu, je nach ihren Kräften, denn der Schlafende kann nicht mehr akthaft in die Vernunft ordnen.
Wenn man sagt, daß die Originale aussterben, oder vom Neurotiker und Sonderling verdrängt werden, so ganz sicher immer (und nur) dort, wo diese beiden Quellen des Individuums - Kult, dessen Profanstufe Theater, und Wirtshaus, je als selbstverständlicher Taskt im Rhythmus des alltäglichen Lebens - versiegt sind. Die unersetzlicher Bestandteil für die Gesundheit der Menschen sind. Wenn die Wirtshäuser*** sterben, stirbt ein Volk.
Der Mensch ist Sozialwesen. Nicht als Zusatzmöglichkeit, sondern konstituionell. Ohne den anderen, ohne Überschreitung auf das Du, in dem er Ich wird, bliebe er bloß unerfüllte Möglichkeit. In den Wirtshäusern, die am direktesten als Vorstufe zu den antiken Foren gesehen werden können, wird er (nach der Familie) weiter in seiner irdischen Gestalt herausgebacken, verwebt sich mit den anderen zur weiteren Familie - als Spielgemeinschaft. Und erhält, ohne daß ihn gleich der Ernst des Lebens erschlägt, seinen Ort im Gefüge der Menschen zugewiesen, an dem er (weil als wer) und aus dem er sein Leben in freier Zustimmung führen kann. Der Stammtisch arbeitet ihn heraus, läutert ihn, beweist ihn, und niemand macht es ihm streitig. Ein Ort des Spieles, des Festes, des Tanzes. Deshalb ist es auch kein Ort der Politik. Es ist zu alledem nur Vorstufe.
So ist Volk - die Mutter - in jeder Hinsicht, weltlich wie religiös, der Schooß des Einzelnen, der erst in dieser Bestimmtheit, die er hier im Spiel vor sich sieht, frei sein kann, weil "den Rücken frei, Boden unter den Füßen hat", sich so als "Ich" in höhere Stufen mutig transzendieren, sich am nächsten Tag wieder ins öffentliche Leben bis zum Vaterland, dem Staat, als Reich der Ideen, ausstrecken kann.
Um, zurück, im Wirtshaus zu berichten, ins reale Leben zurückzuordnen, im Abstand seine Schemen als eigentliche Wirklichkeiten zu sehen. Es ist also ein Ort der Erzählung, der Mythen und Legenden. So, wie der Kult der Ort der Heiligen Erzählung ist, die je in der Erneuerung, im "Gedächtnis", gegenwärtig und wieder und wieder wirksame Namensrufung von Vorhandenem, aber Stummem, Unerlöstem werden, um dann im Einzelnen Fleisch zur volleren Gestalt zu bringen weil dem lückenhaften, aus dem Fluch unvollkommenen Erkennen wieder zu Besitz gebracht.
Das Wirtshaus ist aber auch ein umhegter Ort, an dem alle zu Kindern werden, und in einer Art geschütztem Zwischenreich - nicht Welt, nicht Mutterhöhle - Rollen proben, korrigieren, spielerisch testen. Jeder unbotmäßige, hemmende weil festlegende Welternst wird mit Wein und Bier und Schnaps - Drogen, die jede Kultur als Hilfsmittel braucht² - hinausgedrängt.
Die Welt sinkt ins Dunkel zurück, wird zur erinnerten Erzählung, zum Theater der Schemen, und reines Lebensblut des ursrünglichen "Ich" kann jedem Einzelnen wieder einströmen. Im Erzählen, im Zuhören, spielt der Mensch mit seinem Ich, und lernt es kennen. So steht das Wirtshaus in einer Linie - wenn auch nicht auf je derselben Ebene - mit allen Festen, aber auch mit dem schon höher zu reihenden Theater, und gar seiner höchsten weil sakralen Stufe, dem religiösen Kult, der höchsten Spitze des Menschen im Geist. An dessen Ende sich jeweils nicht zufällig auf der ganzen Welt Speis und Trank als letzter, aber unverzichtbarer Akt des Festes einreihen.
Bei vielen Völkern unterschiedlichster Klimazonen ist das Abendessen heute noch die Haupt- weil Festmahlzeit. Man vergesse die umgehängten Erlärungen aus angeblichem "Nutzen", der Ursprung ist anders, und zeigt sich noch in der Sehnsucht nach dem aus dem Fluch der Erbsünde Verlorenen, dem die Schweißesarbeit entstammt, in der sich der Mensch zum Objekt machen, sich sein Leben verdienen muß.
Im Vergessen dieser Tatsache setzt ja jede Utopie an. Und deshalb hat jedes Fest etwas Utopisches, wie Y Gasset einmal schreibt. Denn wenn man begreift, daß jedes geführte Leben, auch das Alltäglichste, aus dem Heiligen stammt, als unendlicher Kult, zu dem es gar wieder werden will, in der Himmlischen Liturgie, dann begreift man auch den täglichen Feierabend - im Wirtshaus, diesem Versammeln um die Dorflinde, der Sehnsucht nach dieser zur Utopie gewordenen Ursprungswelt.
Wo die Gemeinschaft im Täglichen differenzierter, ja gespaltener ist, zeigt sich das in den Charakteristiken der Wirtshäuser. Diese Stunde verträgt keinen ernsten Widerspruch, und je größer eine Gemeinschaft wurde, desto differenzierter wurde sie auch, desto reiner werden Aspekte darstellbar, die sich sonst noch vermischter, weniger ausgebildet halten - ein Naturgesetz, weil alle Abstammung, aller Fortgang in der Geschichte Entfaltung einer Synthese bringt. Im Guten wie im Schlechten.*
Aber immer ist es die Wirklichkeit der Dorflinde in der Dämmerung. Wo jemand die Fiedel spielt und ein anderer singt, ein Dritter die alten Geschichten erzählt, die als Geister über jedem Zentimeter Bodens, über jeder Mauer, jedem Stein, jedem Hügel und jedem Baum schweben und ihn als Wesen tragen.** Einfach zur Steigerung der Freude der Mitwelt, weil zur Hebung des Gemüts aller ins Höhere, wo noch mehr Freude wartet, sich in der Gewohnheit verfleischlicht, sodaß sich sich allen mehr und mehr höheres Dasein eröffnet. In dieser Stimmung, in dieser Gemütsverfaßtheit geht er dann zu Bett, und im Traum fügen sich alle seine Ebenen, losgelassen, innerlich neu, je nach ihren Kräften, denn der Schlafende kann nicht mehr akthaft in die Vernunft ordnen.
Wenn man sagt, daß die Originale aussterben, oder vom Neurotiker und Sonderling verdrängt werden, so ganz sicher immer (und nur) dort, wo diese beiden Quellen des Individuums - Kult, dessen Profanstufe Theater, und Wirtshaus, je als selbstverständlicher Taskt im Rhythmus des alltäglichen Lebens - versiegt sind. Die unersetzlicher Bestandteil für die Gesundheit der Menschen sind. Wenn die Wirtshäuser*** sterben, stirbt ein Volk.
*Deshalb ist es wahr, daß der Bauernstand der Mutterkuchen jeder Gesellschaft ist, worin sogar die vielfach zu beobachtende Verachtung ihren Grund hat. Denn was alles ist, ist nichts. Aber aus ihm hat sich jede Kultur material entfaltet, und entfaltet sich noch, bis sie in ihrer Spezifiziertheit kollabiert. Nicht notwendig, aber realistisch betrachtet, weil der Mensch eben immer hinter der Vollkommenheit zurückbleibt, dem Sein tagtäglich, ja jeden Augenblick seiner irdischen Zeit, etwas schuldig bleibt.
**Ohne daß ihnen jemand einzureden versucht, daß sie nach den Symphonikern streben sollten.
***Wirtshäuser können auch nicht von Restaurants - einer Geschäftsform - ersetzt werden. Es ist bedauerlich, daß manche meinen, das Überleben der Wirtshäuser durch "Geschäftsmodelle" sichern zu können. Man sichert damit keine Wirtshäuser, sondern man verlegt sie auf reinen Erwerb. Das sind Wirtshäuser aber nur bedingt. Man wird Wirt aus Berufung, aus Lebens- und Menschenliebe, nicht aus Geschäftssinn. Leider beginnt man in Österreich nun durch neue Steuergesetze, auch die Wirtshäuser zu Geschäftsmodellen umzuzwingen, damit eigentlich: zu vorgeschobenen Steuereintreibungsbüros zu machen, wie es die meisten Unternehmen mittlerweile sind. Sie sind aber Lebensformen, die eine gewisse Unfaßbarkeit brauchen, sonst funktionieren sie oft nicht.
Sie haben ohnehin bereits unter so vielen Gesetzen und Auflagen zu leiden, die nur Brüsseler Beamten eingefallen sein können, die abends gerne auf Geschäftskosten in exquisiten Restaurants ihr "Boeuf Stroganof an Trüffelreis", samt einer Flasche "Chateau neuf du Pape 1976", verlustieren, sich über Anleihenkurse austauschen, und ob der lispelnden Zunge des livrierten Kellners ihre Witze reißen, während sie die winzige Flachse angewiedert an den Tellerrand schieben, während ein Pianospieler dezent Gershwin-Songs spielt. So, sagen sie dann, ehe sie etwas unsicher in den Knieen ins Taxi steigen und ihre Rechnung in die weinrote Rindslederenvelope stecken udn ihr Gebiß im Rückspiegel kontrollieren, so muß jeder Gastronomiebetrieb in Europa ausschauen, damit er eine Zukunft hat, sagen sie dann - geht doch, wie man sieht?! Der lebt doch gut? Und bei uns in Wien jammern sie. Man müßte aber endlich weitere länderübergreifende Qualitätsstandards festlegen, sagen sie dann, das Fleisch war zu kurzfaserig, da hat er gespart, die paar Euro mehr sind doch jedem Kunden auch schon egal, wenn es das Fleisch wert ist, sprechen sie dann in ihr Diktaphon. "Titel: Vorschlag zur Tourismusförderung".
²Aus derzeitiger Sicht ist der VdZ kein Verfechter der Freigabe von Marihuana, wie es derzeit in Österreich diskutiert wird. Es greift seiner Beobachtung nach weit substantieller und rascher in den Persönlichkeitsaufbau ein als Alkohol (außer im Falle des schweren Alkoholismus, nicht aber schon im Rausch), und ist deshalb keine Kulturdroge, sondern eine Kultur-Verhinderungsdroge.
²Aus derzeitiger Sicht ist der VdZ kein Verfechter der Freigabe von Marihuana, wie es derzeit in Österreich diskutiert wird. Es greift seiner Beobachtung nach weit substantieller und rascher in den Persönlichkeitsaufbau ein als Alkohol (außer im Falle des schweren Alkoholismus, nicht aber schon im Rausch), und ist deshalb keine Kulturdroge, sondern eine Kultur-Verhinderungsdroge.
***