Wo die Ausübung der Macht, die Verwirklichung des Rechts oder die Darlegung des Gedankens auf der Rationalität der Mitteilungen begründet ist, die zwischen Menschen hin- und hergehen, da besteht Autorität im strengen Sinne. Also nicht Glauben oder Hingabe oder ähnliche psychologische Prozesse begründen die Autorität, schreibt Carl J. Friedrich, sondern nur die Mehrung solcher Vorgänge durch die Vernunft, wie sie sich in dem Urteil der Alten (der "patres") oder in einem Urteil der Schriftgelehrten oder der Weisen äußert. Nur durch solchen Venunftbezug tritt zur Machtausübung, sei sie nun autokratisch oder demokratisch, die Autorität hinzu, die ihr die Chance gibt, rechtsschöpfend zu wirken, indem sie Legitimität begründet.
Wir haben also auch hier den Bezug zur Vernunft an sich - zur göttlichen Vernunft, der die Quelle von Legitimität und Autorität bedeutet. Wo diese Öffnung auf die Vernunft hin besteht, ist auch die Autorität legitim, und Gehorsam zurecht gefordert, weil vitales, von oben her durchblutendes Prinzip eines Organismus. Nur in dieser Anbindung an die Vernunft kann jenes fundamental wichtige Vertrauen entstehen, das aber diese Anbindung lebendig herzustellen vermag. Dies ist aber ein Gebot für die Autorität selbst! Sie unterliegt nicht der Entscheidung des hierarchisch Untergestellten, sondern ergibt sich aus dem formalen Wesensgefüge, in das beide gestellt sind. So, wie jeder Mensch, immer und überall, an einem Ort in einem solchen Gefüge steht.
Urbild jeder gesellschaftlichen Autorität ist damit (!) die Autorität des Vaters in der Familie, denn sie ist die erste Erfahrungsumwelt des Menschen. Über ihn, über die urbildhafte Erfahrung dessen was er ist, findet der Anschluß der Lebenswelt der Familienmitglieder, vor allem der Kinder, aber auch der Frau und Mutter, an diese Vernunft statt.
Wird die familiäre Autoritätsfolge zerbrochen, durch Schulen, politische Agitation, das Säen von Mißtrauen, Ungehorsam der Frau, fehlt zumalen den Kindern jeder Begriff von Autorität, und damit auch der Zugang zur Vernunft, die alles übergreift, und nicht Sache des Individuums, der bloßen Rationalität damit, ist.
Der Begriff der Autorität ist also konstitutiv für die Vernunftfähigkeit. Er wird über die erste Identifikation mit der Mutter als Haltung ebenso vermittelt, wie in der Erfahrung durch den Vater, auf den diese Haltung Bezug nimmt - eine archetypische Erfahrungskonstellation, die für jede weitere Erfahrung (und vor allem für den Zugang zur Vernunft, der auf denselben Grundhaltungen basiert) grundlegend ist. Sie muß (als Gestalterfahrung, damit als Gestaltpotenz im Kind, die sich erst allmählich vom faktischen Vater löst) gegeben werden, und wird erst im Erwachsenen - wenn es denn Vernunft war - zum aktuierten personalen Akt, in der Identifikation mit der Vernunft selbst.
Fehlt diese Erfahrung, zerfällt auch der Staat, weil seine Begrifflichkeiten (die hinter seinen Institutionen stecken) auf keine Erfahrenswerte weil Haltungen bei seinen Bürgern mehr treffen. Seinem Recht fehlt die Autorität und Legitimität, es muß der Gewalt und dem Rationalismus - der Vernunft auflöst - überantwortet werden.
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