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Samstag, 6. Juni 2015

Zynismus und Haß der sexuell Befreiten

Daß es bei Mädchen einen gewissen Erklärungsbedarf gibt, der mit der körperlichen Reifung zur gebärfähigen Frau entsteht, sei eingeräumt. Den haben dann die Mütter als Identifikationsfiguren zu erbringen, und das haben sie auch immer getan. Aber bei heranwachsenden Burschen und Männern bereits ist dieser Bedarf nicht mehr gegeben. Es braucht kein "wie es geht", das spitzt sich in der Zwischenmenschlichkeit von selbst auf ein körperliches Geschehen zu. 

Deshalb ist jeder Aufklärungsunterricht in den Schulen nicht nur unnötig, sondern zutiefst schädlich für die personale Integrität eines Heranwachsenden. Auch das Gerede von "Behutsamkeit" oder "Altersgerechtheit" ist ein plumper Nebelmythos, es gibt diese Behutsamkeit nicht. In öffentlicher Form von Sexualität zu sprechen ist immer ein direkter Eingriff in das Selbst, und er ist immer zu früh, er ist immer falsch. Es gibt nur einen Weg, wie eine an sich gar nicht herauszugreifende "Sexualität" in einem Menschen heranreifen kann, und das ist seine Einbettung in einen Raum der Intimität, des Tabus eines Geheimnisses, das isch nur in höchster Intimität einer Wirklichung zuwenden kann. Alles andere disintegriert Sexualität aus dem Insegesamt eines gesamtmenschlichen Vollzugs, der bis an die Grenzen der Welt vordringt, an die Grenze des Lebens selbst, das immer ein Geheimnis ist, und sich menschlicher Verfügbarkeit prinzipiell entzieht.

Der Aufklärungsunterricht ist aber vielmehr die Rache einer "befreiten Generation", die entdecken mußte, daß sie über den Weg einer für sich stehenden Sexualität zu keinerlei Glück oder Glückssteigerung gelangt ist. Deshalb drängt diese Lebensweise aus sich zu einer immer weitergehenden Technisierung, einer Vermehrung der Praktiken, die von Tür zu Tür eilt, um immer tiefer in ein Labyrint zu gelangen, das nicht nur endlich ist, sondern an dessen Grenzen sogar der Tod wartet. Und nur Leere interläßt, weil es das Wesentliche des Menschseins nicht erfüllt: Seine Ganzheit, seine poetische Gegründetheit, die im Schweigen beginnt wie endet.

Von technischen Notwendigkeiten zu sprechen, einer Anleitung "wie es geht", meint deshalb nur diese Technisierung des eigenen Leibes, sowie der Leiblichkeit des Menschen generell. Und sie meint im konkreten Fall die Zurüstung zu dieser Unkeuschheit, die Technisierung ist,  durch Beschränkung auf momentanes, aber rein körperliche Hervorrufung von Effekten, die der gesamtmenschlichen, geheimnisvollen, und mit enormer Wucht daherkommenden Begegnung zweier Menschen vorbehalten bleibt, aber nun zum billigen Abklatsch wird. Der die menschliche Würde in jedem Fall verletzt und zerstört. "Wie es geht" hat sich immer noch von selbst gelöst, der Mensch weiß im Grunde immer, wie etwas geht, zu dem es ihn treibt. Denn diese Gestalt des Vollzugs selber ist es, als "Kräftegefüge" vorstellbar, das ohne Leiblichkeit gar nicht möglich ist, die das Verlangen, das ohne ein konkretes Gegenüber, mit dem größtmögliche Nähe und Einung in einer gesamtmenschlichen Regung gar nicht denkbar ist, als immer mit einem Du zu tun hat, nur seine Gesamtform erst allmählich prägen muß, überhaupt erst auslöst. 

Diese Ganzheitlichkeit des Menschen, desse Innerlichkeit nicht als psycho-physischer Parallelismus vostellbar ist, sondern als ein geistiges, integreres Insgesamt mit je unterschiedlichen Seiten, sorgt damit auch dafür, daß jeder Mensch zu dem ihm gemäßen Zeitpunkt, und nie losgelöst von einem Du, auf das "wie es geht" kommt. Es ist in ihm da. Es muß nicht gelernt werden. Es muß aber immer entdeckt werden, und zwar von jedem Paar selbst.

Die Menschenverachtung, die aus dem in der Presse erschienenen Artikel der "Feministin und Journalistin" Sibylle Hamann (aus dem Kuriositätenkabinett der Gegenwart, in der intentionale Haltung zum Brotberuf werden kann) spricht, ist deshalb nicht zufällig. Wo die Wienerin sich sogar zu der Forderung versteigt, daß man Eltern, die einen keuschen Umgang mit der Leiblichkeit für ihre Kinder vorziehen, als "Fundamentalisten" ihrer Erziehungsrechte berauben muß. Forderungen, die an schlimmste totalitäre Zeiten erinnern.

Und Rechte. Die auch für hier ansässige Muslime gelten, denen es selbstverständlich zugestanden werden muß, daß sie ihre Töchter am Schwimmunterricht nicht oder nur eingeschränkt teilnehmen lassen wollen. Darüber hat niemand zu befinden, außer vielleicht der Lehrer in der Note für Leibesübungen, weil halt gewisse Leistungskriterien nicht erfüllt sind. Noch in der Jugend des VdZ war es übrigens auch hierzulande keineswegs allgemein üblich, schwimmen zu können, und in der Generation davor schon gar nicht. Beide Elternteile des VdZ konnten nicht schwimmen. Und niemand sah das als elementares Versäumnis, eher als Einschränkung des Wohlstands- und Freizeitspaßes, der die Zunahme von Freibadbauten möglich machte. In einem Binnenland, noch dazu, ist auch keine Veranlassung zu sehen, es als allgemeinen Standard zu fordern, in welchem Zusammenhang es noch irgendwie gerechtfertigt sein könnte. Da haben Schulschikurse durchaus mehr Sinn, denn der Umgang mit Schnee ist tatsächlich ein Stück Volkskultur. Aber auch sie müssen disponibel sein, wenngleich es eine kulturell-gesellschaftliche Norm sein darf, der man eben hinterherhinkt. Aber Schwimmen? Seit wann fährt Österreich wieder zur See?*

Aber in ihrem Haß auf sich selbst, in dem sie auch ihre Mitwelt in dieselbe Lebensverfehlung zwingen wollen, kennen viele schon lange keine Grenzen mehr. Daß jede gegenläufige Meinung dann postulativ zum Ausweis von persönlicher Unterentwicklung verleumdet wird, die natürlich nicht objektiv begründbar, sondern Resultat eines seelischen Defekts ist, ist schon alltägliches Erleben. Das genaue Gegenteil aber ist wahr. Und der VdZ scheut sich nicht, Frau Hamann krank zu nennen. Und - bösartig. Wie sonst soll man jemanden bezeichnen, der staatliche Eingriffe in elementarste Naturrechte verlangt? Und wie soll man ein gesellschaftliches Klima bezeichnen, das solche Eingriffe längst gewöhnt ist, ja sogar noch weiter fordert?

Genau das Gegenteil ist also von der Politik zu fordern. Die Wiedererstehung oder Stärkung einer Lebenssphäre der keuschen Intimität, die Re-Tabuisierung der Zwischengeschlechtlichkeit als kulturelles Verhaltensschema, sofern es überhaupt möglich ist, ein zerstörtes Tabu wieder aufzurichten, der Respekt vor dieser höchstpersönlichen und immer situativen, immer individuellen Lebenssphäre. Die auch Reifung braucht, sodaß auch die Formen der Zwichengeschlechtlichkeit einer Entwicklugn unterliegen, wie alles im Leben. Sodaß Freiheit, wie Guardini einmal schreibt, nicht am Anfang, sondern am Ende eines ganzen Lebens steht, das sich die Lebensbereiche nach und nach aneignen muß und auch aneignet.

Aber es ist auch eine solche, heute nahezu gigantisch fern anmutende Sphäre regenerabel, wenn auch gesamtgesellschaftlich nicht von heute auf morgen. Weil jedes Kind in eine neue Welt geboren wird. Aber es ist es nicht, wenn es nicht als gesamtgesellschaftliche Konvention akzeptiert wird. Denn es muß von außen empfangen werden, es muß als Außen wahrgenommen werden - als "Tanz des Wahren" sozusagen, in den man hineinwächst weil von der Mitwelt allmählich hineingenommen wird. Der Mensch hat seine Lebensregeln nicht "aus sich", wie Rousseau fälschlich meint, der amit meint, jeder Mensch müsse sich eine Kultur von Beginn an neu erfinden. 

Die Folgen dieser Nicht-Erziehungsverwahrlosung (mangels Verortung der gesamten Mitwelt, in der alles Gestalthafte zu reinen Abstrakta entstaltet wird) haben wir längst als gesamtgesellschaftlichen Verlust der Lebensdynamik zu tragen. In einer Verzögerung der Reifung der jungen Menschen, die immer länger wird, und für die die Lebenszeit bald gar nicht mehr ausreicht. Um dort anzulangen, wo man überhaupt erst zu leben, ein Leben in freier, schöpferischer Kraft aufzurichten beginnen könnte, weil sich zwangsläufig der individuelle Lebensgang in immer größere Widersprüche verstrickt. Sodaß der Kairos kaum noch gefunden wird, weil die Vergangenheit die Zukunft erschlägt. Aber ohne diese Anbindung an das zeitlos Wirkliche ist schöpferisches Tun unmöglich.

Und dazu gehört auch die völlige Eliminierung eines Sexual-Aufklärungsunterrichts an den Schulen, der ohne jeden Zweifel und ausnahmslos weil prinzipiell eine schlimme Form von Mißbrauch ist. Der in jedem Fall ein Verhalten konventionalisiert, das den Einzelnen aus seiner nur persönlich bewältigbaren Ausfaltung seines Lebens in diese große, ja größte und grundlegendste Dimension seines irdischen Lebens - den Eros, der Verfaßtheit der Welt als Zueinander von Mann und Frau, von Form und Materia - herausreißt, und ihn auf ein statistisches Verhaltensmerkmal hin abstrahiert, mit dem der Mensch dann alleinegelassen nichts mehr anfangen kann, weil er es nicht mehr in sein konkretes Leben zu reintegrieren vermag, und von einem abstrakten Wunsch getrieben wird, der sich prinzipiell der Erfüllung entzieht, weil er bestenfalls Äußerung eines ganz anderen Zieles ist - dem der Geglücktheit des Lebens, das nicht ohne den keuschen, ja scheuen Respekt vor dem Geheimnis des Lebens selbst auskommt.




*Was die Ungarn ganz anders sehen, weshalb das Land eine enorme Schwimmtradition pflegt, und durch entsprechende Wettbewerbserfolge stets neu festigt. Die Ungarn träumen bis heute von "ihrer" Adria, von ihrer Schifffahrtstradition (die Österreich heute gerne mal als die ihre ausgibt), und der Balaton (Plattensee) hat einen ganz anderen, mythisch-wurzelhaften Stellenwert im Bewußtsein der Bevölkerung, als ihn Seen in Österreich haben. Der Ungar sieht sich "wassergeboren".




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