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Mittwoch, 23. Juni 2021

Auch gegen dieses "Leisten" gewettert (1)

Auf Funktionen zu gehen läuft genau im Gegensinn zur wirklichen Verfaßtheit der Welt. In der ein Sein stabil und auf "ewig" angelegt ist. Sodaß ein Ding, eine Maschine, nicht wegen einer temporären Funktion gewollt wird, sondern weil das Ding - nicht die Funktion! - zu meinem Lebensbereich gehört. Sodaß sich auch die Funktion nach der Potenz ausrichtet, in der ich für das Sein des Dings in meinem Hause sorgen kann.

Hier geht es aber um einen zweiten Sinn des Wortes "leisten". Nicht nur als Leistungsfähigkeit im Sinne von Talent oder Fähigkeit. Sondern im Sinne von "sich kaufen können", "sich beschaffen können", dafür sorgen zu können, daß mir etwas nach Lust und Laune zur Verfügung steht.

Da ist auch dieses Gejammere völlig kontraproduktiv, und wendet sich gegen die Verfaßtheit des Menschen. Wie es Köppel gerade auf "Weltwoche daily" regelrecht zelebriert, als die Essenz des "fröhlichen Schweizertums" gewissermaßen: Die Reichen, nur die Reichen sollen sich das "leisten" können.

So und nicht anders hilft man den Oligarchen. Die genau das tun, was jeder Marketing-Fachmann als Traumland definiert, wenn sie erzählen, daß man sich "Märkte" schaffen und Märkte besitzen muß, nicht in Konkurrenz stehen soll. Sie schaffen damit genau das, indem sie sämtliche Konkurrenz auf den Märkten beherrschen. Die einen, die so tun, denken, handeln, und die anderen, die scheinbar in unversöhnlichem Gegensatz dazu stehen. Auch wie der Gegensatz arm und reich.

Der Armut - und diese Kost fressen wir schon seit hundertfünfzig und mehr Jahren, und wir haben uns längst so daran gewöhnt, diesen Schleim zu schlucken, daß wir ihn mittlerweile "gut" finden - als unbedingt zu vermeidenden Daseinszustand definiert. Der Armut deshalb als Zustand beschreibt, in dem man "sich nichts leisten kann".

Armut als gute Lebensform, wie sie die Klöster vorgelebt haben, und wie er das Abendland überhaupt erst aufgebaut hat - weil er dem Ausgangszustand der Menschen voll entsprochen hat und erstmals in der Geschichte sogar die Arbeit (die zuvor immer verachtet wurde, und noch heute von manchen Kulturen verachtet und als Angelegenheit von Sklaven oder in sklavenartigem, jedenfalls dem meinen nicht gleichberechtigten Zustand "Beschäftigten" zu erledigen ist) mit höchstem Sinn gleichgestellt hat. Armut ist sogar jener Zustand, in den jeder Mensch "fallen" muß, weil nur in dieser Losgelöstheit von Besitz und Dingen die Haltung der Freiheit möglich ist. In der dann erst der rechte, sachgemäße, aber auch dem Gemeinwohl durch die Liebe nicht schädliche Gebrauch der Dinge erfließt.

Agere sequitur esse! Das Handeln folgt dem Sein.

Diese Mär vom "Leisten" als das hohe Merkmal der Freiheit und des Kapitalismus als freien Hort des Wirtschaftens. Als ginge es ums "sich leisten können". Im Gegenteil, das meint im zumeist verwendeten Sinn die Fähigkeit, meinen Ort zu verlassen und zu überschreiten, durch Gelüste und Bedürfnisse, die meinen Ort übersteigen, also gar nicht für mich vorgesehen sind. Denn das, was ich tun soll, bemißt sich nach der Potenz des Ortes, an dem ich bin, und dessen, was darin integriert ist.
 
Der VdZ ist sich nicht sicher, ob dem Leser klar ist, wie "so völlig anders" seine Definition der Substanz der Dinge der Welt (also auch des Menschen, der Person) ist. Wie sie hier vertreten wird, und wie sie als Ergebnis jahrzehntelangen Reflektierens und Disputierens mit den Philosophen der Geschichte eines Tages vor den Augen des VdZ stand. Es geht um den Ort, und dieser Ort ist es, der das Wesen der Dinge vorgibt. Das dynamisch und zugleich doch "fest" ist. 

Dynamisch in dem Sinn, als sich die Inkarnation des Wesens der Dinge, aber auch der Person (wo es nur in anderer Weise und in anderer Zuordnung - weil zur Krone der Schöpfung heißt, daß die Weltdinge auf den Menschen ausgerichtet sind - geschieht als beim Tier oder bei der unlebendigen Welt) erst in der Selbstüberschreitung realisiert, also im Tod, also in der Armut. 

Die Form des Umgangs mit diesem Tod ist es, die man dann Existieren nennt. Als ständiges Lauschen auf das, was in die Welt aus der Ideenwelt Gottes - im Heiligen Geist - hereinströmt. Als Zuhauchen aus Vater (Idee, Wissen) und Sohn (Welt, Inkarnation, Dingwelt), in welche Beziehung der Mensch in der Ähnlichkeit zu Gott hin mit Freiheit begabt ist, und damit auch zum Schöpferischen als Teilhabe. Durch die Teilhabe (damit keine Vergottung des Menschen daraus wird wieder und wieder wiederholt: in der Ähnlichkeit) am innertrinitarischen Leben.

Aber wie sehr diese Vorstellung (die tatsächlich eine Revolution in der Philosophie darstellt, die sich zu Anfang des 20. Jahrhunderts vollzogen hat: was dort in der Philosophie geschehen ist, ist tatsächlich kein Bruch, wie es eine Revolution wäre, sondern ein enormer Sprung der Weiterentwicklung als Loslösung von der Starre, wie sie die abendländische Philosophie seit Plato und Aristoteles im Hauptstrom des "Denkens" befallen hat. 

Das ja gar kein Denken war. Denker waren immer selten, wie es ein Thomas von Aquin war, bei dem der VdZ nicht nur keinen Widerspruch zu seinem Denkbild findet, sondern von dem der VdZ sogar der Meinung ist, daß er nur so überhaupt verstanden werden kann. Aber wie sie in Ortega Y Gasset, in Dilthey, Misch, Husserl, Hengstenberg, ... ach der Namen wären so viele ... ja da waren. Und in diese Richtung gedacht haben. 

Die dann durch das Erkennen der Notwendigkeit, Wesen mit Ort gleichzusetzen, es so dynamisch zu machen, ohne seine Festigkeit aufzulösen, die unbedingt notwendig zu denken ist, weil sich sonst alles ins Beliebige auflöst. 

Wie es ja einer großen Denkströmung seit der Aufklärung passiert ist, die zu keinem Boden der Welt und des Denkens mehr gefunden hat. Und deshalb so katastrophal auf das Abendland gewirkt hat. Nicht aus "denkerischen" Gründen, sondern aus persönlichen, subjektiven Gründen. Eine Denkverfehlung, die sich heute als vollumfänglich entfaltet zeigt.

Aber in dieser Weise der Sicht haben wir es mit einem Problem zu tun, das zwar kein Problem ist, im eigentlichen Sinn, das aber für viele als solches erscheint. Weil es sich den Kategorien des rein Rationalen entzieht. Aber nicht, weil es nicht rational wäre! Sondern weil wir es nicht "konstruieren" können. 

Es ist nicht zu denken, weil uns in unserem "Denken des Nacheinander" etwas zu denken nicht möglich ist, das "als Ganzes" (im Schauen nur, da wäre es "sichtbar") erfahrbar mehr als "denkbar" ist. Ohne aber je in Irrationalität abzusinken: Alles bleibt innerhalb der Logik und Widerspruchsfreiheit. Doch bleibt es offen für die Einsenkung der Ideen aus dem Transzendenten.

Morgen Teil 2) Aber war nicht im Anfang genau das - das Wort?


*170621*