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Warum verwundert es aber nicht, daß über eben diesen General zu erzählen ist (und von der in der Filmdokumentation, auf die hier verwiesen wird, mit dem Beiton des "Gutseins" berichtet wird) daß er in seinen Putschgelüsten gegenüber Hitler am weitesten (wie am frühesten und langandauerndsten) gediehen war.
Wir können natürlich nur aus den uns vorgesetzten Daten folgern, ableiten, aus exemplarischen Archetypen den Einzelfall herstellen, der durch das Exemplarische erhellt wird. Aber immerhin läßt sich recht plausibel auf eine nervliche Überspannung schließen, auf die auch andere Details aus seinem Leben schließen lassen.
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Sodaß ihn dieser 1938 sogar zum Chef des Generalstabs machte. In welcher Position er Generaloberst Beck ablöste, der Hitler schon zu ungemütlich wurde und vor allem nicht zulassen wollte, daß die deutsche Armee zum reinen Instrument der deutschen Politik gemacht werden sollte. Auch sprach er sich viel offener gegen Hitlers Kriegspläne aus. Wenn auch aus Sicht des Militärs, das frühestens 1944 so hochgerüstet war, daß es den taktischen Aufgaben, die sich aus der Strategie ergaben - Beweglichkeit, um schnell an sich im Ganzen unterlegene Kräfte punktuell zusammenziehen um damit Überlegenheit schaffen zu können - gewachsen war.
Beck dann später sogar in die Putschpläne rund um den 20. Juli direkt eingebunden, und erschoß sich (als Ehrenlösung, sonst wäre er erschossen worden), als der Putsch scheiterte. Für Generale dieses Stils waren die Interessen Deutschlands wichtig, und dazu brauchte es eine innere Lage, in der sich die Armee nicht prostituierte.
Wie gesagt.
Haben aber somit beide Generäle tatsächlich Parallelen, auch in der Persönlichkeit? Waren nicht beide in ihrem Tun über das Militärische hinaus auf ein politisches Ziel hin ausgespannt, sodaß nur der eine eine robustere Natur als der andere hatte, der eine schon bei kleinen Erschütterungen weinte, der andere nicht, weil er ein roheres Gemüt hatte?
Um darauf eine Antwort zu finden, zugleich hier ein Exemplarisches vorzustellen, wollen wir diese charakterliche Grundlage abstrahieren und dann analysieren. Ob es so war, möge der Leser selbst entscheiden. ABER für Franz Halder müßte man doch sagen, daß seine Überspannung, die auf seinen Nerven lastete, auf eine kategoriale Selbstüberforderung zurückzuführen war. Wie sie auch heute sehr häufig ist! Halder hatte nämlich das gemacht, was nach 1945 überhaupt zur Meßlatte für Generale (bzw. Militärs) gemacht wurde. "General heißt eben General, also für das Allgemeine zuständig" heißt es im Film. Und der Kommentar meint damit, daß Halder sich auch für die großen ideologischen und politischen Vorgänge in Deutschland hätte interessieren müssen.
In der Halder den verbrecherischen Charakter des Hitlerismus erkennen und bekämpfen hätte müssen. So wie ja alle, die gute Menschen sind, nicht ihre eigenen Grenzen respektieren, das Gesetz der Welt, in dem alles nur ornen kann und vermag, was in der Macht seiner Aufgabe liegt, nicht wahr? In der es heute üblich ist, sich für keine eigenen Kreise mehr zu interessieren, sondern für alles. Und ... nichts? Ja, irgendwie haben heute alle den Anspruch, daß der andere General ist, und sich für "alles" kümmert. Jeder Fußsoldat soll dann die Welt verändern, und alle großen Vorgänge durch die Straßendemokratie kommentieren. Halder freilich hat sich jedem Herren dienstbar gemacht. Indem er die Grenzen seiner Verantwortung im Militär selbst gesehen hat. Das mußte funktionieren. Wem es diente? Das war nicht mehr seine Angelegenheit.
Das ist nicht genug? Vergessen Sie das, werter Leser, dieses heute übliche Urteil entstammt einem einzigen sinnlosen Schwammhaufen der gleichfalls üblichen Orientierungslosigkeit mangels Kenntnis des Seins. Der Kriegshäuptling darf gar nicht über seinen Tellerrand hinausblicken, deshalb macht man ihn ja zum Kriegshäuptling in der Krise Krieg. Wo er nur eines zu tun hat: Schlachten mit allen gebotenen Mitteln zu gewinnen.
Er braucht allerdings eine Begrenzungsmacht, die nicht bei ihm liegt und über ihm steht - den Friedenshäuptling, und in diesem das Absolute und Ganze. Sodaß diese Verbindung mit dem Ewigen und Leben dafür sorgen muß, daß der Krieg nicht die Fundamente des Lebens zerstört, und deshalb in den "zivil" festgelegten Grenzen von Angemessenheit und Kultiviertheit bleiben muß.*
Genau das hat aber Generaloberst Beck NICHT gemacht, der dafür heute gerne als "moralisch höherstehend" bewertet wird. Beck hat erst in dem Moment größere politische Agenden in seine Überlegungen einbezogen, als das Militärische ausgereizt war. Im Juli 1944 war allen Putschisten klar, daß es keinen militärischen Lösungsweg mehr geben konnte. Was auch immer in Deutschland passierte, es würde die Alliierten nicht daran hindern, von Deutschland eine bedingungslose Kapitulation zu verlangen. Die zu einem Verlust der Souveränität führen würde, in dem Fremde, Außenstehende bestimmen würden, wie die Zukunft der deutschen Völker beziehungsweise Deutschlands überhaupt aussehen würde.
Beck (wie andere), der seit 1938 zum Privatier verdammt war, also innerhalb des Militärs keine Funktion mehr hatte, wollte lediglich das angesichts der militärisch aussichtslosen Lage drohende, also sinnlose Abschlachten von Millionen deutscher wie alliierter Soldaten und Einwohner verhindern helfen. Und stellte dazu seine in der Vergangenheit erworbene Reputation zur Verfügung.
*Nicht so wie beim jüngsten Corona-Krieg, wo nicht einmal jemand sagen kann, wann er je vorbei sein kann. Weil ihm sämtliche Kriterien fehlen. Warum? Weil der Friedenshäuptling machtbesoffen das Schwert in die Hand genommen und die Kriegsführung weder installiert, noch entmachtet hat. Kein Volk dürfte solche Friedenshäuptlinge dulden! Welche Gegenmacht bräuchte es deshalb? Richtig, werter Leser, der die Geschichte ein bißchen kennt: Die gesellschaftlich fest installierten und etablierten Hüter der Moral, die Priester. Und also die Kirche.
Es mag nur ein unbedachtes SMS-Geplänkel gewesen sein, das jüngst anläßlich parlamentarischer Untersuchungen bei Kurz-Blümel-Korrespondenzen (Kanzler - Finanzminister; Anm. für den deutschen Leser) aufgetaucht ist und sich am "Fertigmachen" der Kirchenvertreter delektiert. Aber die hier offenbar gewordene Demütigung und Entmachtung der Kirche ist ein staatspolitisches Verbrechen, das eine unerträgliche charakterliche und moralische Verrottetheit der politischen Führung zeigt.