Dieses Blog durchsuchen

Mittwoch, 2. Juni 2021

Leistungsprinzip - umflort von Leichengeruch (2)

Leistung heißt nicht "Ziel", sondern sogar "kein Ziel". Menschliches Entfalten aber ist eine Frage des Zieles, dem dieses Entfalten dientWie sehr diese Feststellung stimmt, also Tatsache der Natur des Menschen ist, zeigt sich gerade in dieser Zeit. Wo wir vor der Situation stehen, daß das Funktionieren der Organismen zunehmend von Einzelpersonen und deren Kompetenz abhängt. So einem Prinzip könnte (dürfte) man nur vertrauen, wenn diese Person Gott selbst ist, also Person und Struktur in ihm zusammenfällt (Jesus: "Ich BIN der Weg, die Wahrheit und das Leben.")

Das ist nicht nur so, weil Leistung in eine solche (als Sachgerechtheit definiert;  wie auch immer diese selbst gesehen wird, weil schon sie nicht "abstrakt" und für sich stehend ist und somit unabhängig von allen realen, historischen Bedingungen existiert, sondern nie aus dem Naturganzen herausnehmbar ist), aber auch in ein Leistungserkennen (und damit -anerkennen) auseinanderfällt. Jedes Kriterium trägt aber seine Er- und Anerkenntnis wiederum in sich selbst, und zwar demnach, wie sie ihm gemäß ist.*** 

Ziel kann nur heißen: dem alles zu- und beigeordnet sein muß. Deshalb muß das Ziel des menschlichen Wirkens und Seins nicht "Leistung" sein, sondern die Entfaltung des Lebens, je nach Vorhandenheit an Organismen. Sodaß auch klar wird, daß es in der Ablehnung von "Leistung" als maßgebliches Prinzip einer Gesellschaft ein Prinzip geben muß, das seinen Auftrag aus der bloßen Vorhandenheit der in einem Organismus (Gesellschaft) befindlichen Teile bezieht. Weil es nur so zu jenem Existenzrecht einerseits, zu jenem Entfaltungsauftrag anderseits kommt, der JEDEM gleichermaßen gilt.³

Leistungsdenken war früher (und ist es bei einzelnen Völkern sogar noch heute, von uns oft genug verachtet - was für ein peinlicher Fehler!) ein Ausschließungsgrund für höhere Positionen. Es war ein Ausweis persönlicher Schwäche und charakterlicher Fragwürdigkeit, das im "Karrierismus" noch in unserem Bewußtsein steht. 

Kein Organismus nimmt ein ihm dienliches Organ an, weil es sich aus sich selbst heraus als nützlich oder leistungssteigernd erweist. Sondern er nimmt ungeformte Materia und formt sie nicht nur, sondern gibt dem Organ das Motivans für jenes Selbstsein, in dem es dem Organismus dann dienlich ist. Es ist also das Ganze, die Spitze, die von einem Anforderungsfeld aus (das sich wiederum aus der Beziehung ergibt, die der Ort, an dem jemand steht, zu allen übrigen Orten hat) das in ihm enthaltene Einzelne orientiert. Indem es dessen Selbstsein fordert wie durch alle in ihm angelegten Anlagen fördert, sodaß man in gewisser Weise davon sprechen kann, daß das Ganze in allen seinen Teilen sogar von allen übrigen Teilen erzählt. Auch die Nasenschweißdrüse erzählt von der Niere, sozusagen.

Das Prinzip, das alleine eine Gesellschaft beherrschen darf ist, sich aus dem von Gott her nicht nur allen Lebewesen gleichermaßen gegebenen Auftrag, sich in die Welt und zur Welt selbst hin zu entfalten, sondern dies auch seiner Art nach zu tun. 

Diese Art aber ist dem Einzelnen, dem Individuum vorangehend, und darin Verpflichtung. Die Individuierung selbst wiederum - als dieses "Sein als einzigartiges Individuum", nach dem alles strebt - erfolgt nicht nur mit Recht, sondern notwendig. Weil jedes Ganze nur AUS Individuen bestehen kann. 

Massenmensch also heißt nicht einfach nur möglichst zu vermeidende Verarmung, weil wir egal warum, wir sein sollen. Es heißt Auslöschung und Auflösung des Ganzen im Verlieren des distinkt Einzelnen. 

Somit muß auch die hierarchische Struktur von einem über ihm stehenden Ganzen, und das ist hier nun das Absolute, die Transzendenz, gefordert und geformt sein. Sie kann nie ihre eigenen Strukturbedingungen aus sich selbst beziehen, sondern diese müssen ad extra, also von außen hinzukommen und -gegeben werden. 

Was das induktive Denken aber fordert, muß sich letztlich auch in der Natur der Sache finden, über die gehandelt wird. Und das ist auch bei sämtlichen lebenden Organismen der Fall und zu beobachten! Keiner hat sich selbst konstituiert und geformt, sondern immer ist es eine "Idee" die allem vorangeht, was dann die Naturwissenschaft beschreibend und beobachtend als "Funktionsweise" feststellen kann.

So, wie das Soziale nur entsteht, wenn sich der Einzelne in einer Bringschuld dem Ganzen gegenüber - einer Gesellschaft in allen Formen, ausgehend von einer Familie, in Integrität und als kleinster Zelle eines Insgesamt, aber natürlich auch bis hin zu einem Betrieb und Unternehmen - begreift. 
Leistung ist dann die logische Folge einer Pflichterfüllung, die sich an der Sachgerechtheit einerseits, und dem individuellen Tugendleben, als Haltung des selbstverständlichen Tuns des Guten andererseits, bemißt. Für sich gesehen, oder auf einen Teilprozeß reduziert, gibt es somit gar keine "Leistung", sondern nur einen mehr oder weniger gut verborgenen Mißbrauch der Schöpfung.

Daraus folgt, daß auch viele der sogenannten "Berufe", mit denen wir es heute zu tun haben, im naturrechtlichen Sinne, aber auch im Sinne des uranfänglichsten, nach wie vor die Welt total durchdringenden Schöpfungsauftrags über den Status eines Mißbrauchs nicht hinauskommt. 

Wenn man also von Neuorientierung spricht, muß der gesamte ständische Aufbau unserer Gesellschaften reformiert werden, der im ontischen Feld, also in der ideenhaften, der Natur ihre Richtung und Kraft gebenden Ordnung ansetzt. Insofern ist selbst nach kapitalistischem Leistungsbegriff - als "Output" in einer mathematischen Gleichung - die Leistungskraft aller Teile wie des Ganzen von der Rückbesinnung auf die Natur abhängig.

Somit können wir zusammenfassend sagen, daß wir mitten unter uns einen wuchernden, alles durchdringen wollenden Krebsschaden mittragen. Den zu exzidieren höchste Zeit ist, in jedem Fall bei einem Vorwurf der Zukunft nicht mitgedacht werden darf. Weil er es ist, der uns in dieses Chaos geführt hat, das vor uns liegt und das wir allmählich bereits zu spüren bekommen.


*Wir belassen es an dieser Stelle bei einer Definition von Volk als das einer ostentativ begründeten Organisationsform zubehörigen Organismus von einer Gemeinschaft unterliegenden Menschen. Also Staat, Fürstentum, Insel, Landstrich, usw. Nicht immer dort, wo ein Name für eine Einheit vorhanden ist, immer aber nur dort, wo es einen solchen gibt.

**Was auch von dieser Warte aus deutlich macht, welche substantielle Bedeutung der Bezug des Menschen auf ein Absolutes Wesen, auf Gott, hat, das das in der Welt Vor- und Zuhandene in jeder Ebene und Betrachtungsweise übersteigt, also jeder Weltdimension noch die Öffnung ins Transzendentale aufgibt. Ohne einen solchen Bezug fiele und fällt der Mensch ins Nichts, und seine Vitalkraft erlahmt unausbleiblich: Kein Mensch kann in solcher Verzweiflung leben und sich vollziehen, was - leicht vorstellbar - alleine schon ein Gegenüber braucht, AN DEM sich etwas vollziehen kann.

***Das einfache illustrierende Beispiel, hier schon oft strapaziert: Es ist nicht nur das eine, eine Leistung ALS Bundeskanzler zu liefern, und ein anderes, Bundeskanzler zu WERDEN, sondern die Eigenschaften, die notwendig sind, um es zu WERDEN sind solche, die dem Bundeskanzler selbst NICHT anstehen, das heißt: die dieser nicht haben darf, weil sie von den sachlichen Anforderungen ans Kanzleramt ausschließen. Also: Gemäß dem Leistungsprinzip "nach oben" zu kommen, erfordert Eigenschaften in der strebenden Person, die in dieser oberen Position selbst. Es ist das Amt, das die Person macht, sozusagen, es ist das Amt, das die Leistung macht, und es ist das Amt, das verliehen, nicht angestrebt werden muß.

³Nur in diesem Belang kann man also von Gleichheit sprechen: Als jedem Lebewesen innerhalb der ihm zubehörigen Kategorie dasselbe Existenzrecht zukommt. Also jeder Mensch es in gleichem Maß hat! Sich aus keinem Grad der Selbstentfaltung und "Leistung" heraus ein Existenzrecht ableiten kann. 

Und darf, weil die Folgen verheerend sind: Ein Behinderter hat nicht weniger Lebensrecht als ein Gesunder, und ein Fauler nicht weniger als ein Fleißiger. Wobei wir ausdrücklich erwähnen, daß sich aus der bloßen Vorhandenheit nicht jene Gleichheit ergibt, die der Art der Begegnung zukommt, die andere jeweils zu leisten haben. 

Das realitätsferne "Inklusionsgebot" der Gegenwart etwa, in dem so getan werden soll, als könnte jeder alles machen - im Grunde auch hier sogar: Leistungsprinzip als Hierarchie- und Wertprinzip! - ist also nicht nur Unsinn, sondern unmoralisch und Unrecht. Es verstößt gegen den Seinsauftrag des Menschen.


*250521*