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Dienstag, 29. Juni 2021

Sklaverei, Afrika, Geld und Steuern (4)

Der erste, der einen schwarzen Sklaven als materiellen Besitz rechtlich verankerte, war ... ein schwarzer Sklavenhalter. Der etwa 1805 bei Gericht (und gegen den heftigen Widerspruch der europäischen örtlichen Bevölkerung!) durchsetzte, daß ihm das Eigentum an einem Mann zustand, der von europäischen Farmern aus den unerträglichen Lebensverhältnissen befreit wurde, die er zu erleiden hatte, und auf die Einhaltung eines Zeitvertrages pochte, der irgendwo einmal existiert hatte, aber nicht mehr aufzufinden war. Tatsache ist also, daß ein Schwarzer der erste Amerikaner war, der Sklaven und unbeschränktes Eigentum per Gesetz verankern ließ. (Damals mit der gerichtlichen Auflage, fortan für den Mann, das Streitobjekt also, besser zu sorgen.)

Denn die starke Gebundenheit an soziale Verhaltenscodes hat auch Schattenseiten. Dabei funktioniert Soziales nur, wenn es auf der Bereitschaft steht, sich zu verschulden oder jemanden bei sich verschulden zu lassen! Das führte aber bei Verschuldung zu oft schrecklichen Lebensschicksalen. Sich selbst bei Überschuldung zu verkaufen etwa war in Afrika gängige Praxis, und den nunmehrigen Sklaven erwartete kein schönes Leben, soviel kann man sagen; in Amerika wurden sie meist besser behandelt, und vor allem hatten sie dort sicher zu essen.

Aus einschlägiger Literatur sind einige Zahlen vorzutragen. Sie überraschen. Etwa um 1830 gab es im amerikanischen Süden rund 2,5 Millionen Sklaven, die meisten schwarz. Der Anteil von ihnen, der unter weißen Herren verglichen mit dem unter schwarzen Herren, beträgt knapp die Hälfte.

Etwa ein Zehntel, also zehn Prozent, waren weiße Sklaven. Die aber durch ihre Vertragsverhältnisse etwas bessergestellt waren. Aber auch unter Europäern war es jahrhundertelang üblich, sich bei Überschuldung "auf Zeit" jemandem als Sklave zu "verkaufen". Die englische Marine wäre ohne solche (oft freilich quasi erzwungene, oder durch Täuschung entstandene) Matrosen zu keiner Zeit handlungsfähig gewesen. 

Sehr sehr viele der Zuwanderer in die Neue Welt (auch in Südamerika) kamen dort also an, und waren zuerst einmal schon durch die meist durch den Schiffseigner vorgestreckten Überfahrtkosten hoch verschuldet. Und noch mehr, wenn sie das Geld für einen Neuanfang leihen mußten.

Alleine aus Irland ist bekannt, daß aufgrund des Genozids der Engländer Mitte des 19. Jahrhunderts 300.000 Iren als Zeit-Sklaven in den englischen Kolonien der Karibik "arbeiteten", und zwar unter Bedingungen, die bei einer Vertragslaufzeit über fünf Jahre den sicheren Tod bedeuteten.

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Der Mensch der Ebene wird also zum Pantheisten, aus eigener Anschauung. Der Himmel umfaßt strukturlos die gesamte Erde, und alles ist grenzenlos, an nichts (und damit an alles; in der tiefsten Tiefe ist der Pantheist Atheist) gebunden, das sich den Sinnen darbietet und damit das Daseinsgefühl von Kindheit an begründet. Selbst wo der Lebenskreis noch im Haus bleibt - der runden Yurte, dem "endlosen" Zelt.

Selbst der Protestantismus (bei dem ebenfalls die Gemeinschaft - die Kirche - "mit ihm" herumläuft, also keinen eigenen Boden hat) hat sich dort am meisten ausgebildet, wo die Landschaft konturlos war. Siehe Deutschland. Siehe Europas Norden. Siehe England. 

Siehe vor allem Nordamerika. Dessen Landschaft vorgab, was bis heute zu sehen ist: Ein nicht greifbares, konturloses Land gibt eine Nicht-Beziehung zum Boden, und damit eine nur noch auf Ausbeutung abzielende Gleichgültigkeit. Weil das Land angesichts der Bedeutung des Sozialen (siehe: der Massenmensch) für das individuelle Dasein und Existieren aus dem Blick und damit aus dem individuellen Dasein verschwindet. 

Nicht nur das, kennzeichnen sich die protestantischen Sekten durch einen überzogenen weil ideologisierten Begriff von Familie, die in ihren Strukturen festgenagelt wird. Sodaß sie nicht aus dem natürlichen Lebensvollzug hervorgehen (und deshalb das Gesollte auch nicht mit bzw. als in der Natur vorgegeben, als unsichtbar über ihr schwebend gewissermaßen, sie immer als Gegenpol zum faktischen Dasein in einer Pendelbewegung - und nur aus dem Pendeln lebt etwas! - begleitend, identifiziert wird), sondern als positivistisches Konstrukt - Ideologie - dem Leben aufgesetzt werden müssen. 

Der Gleichsetzung von Denken und Sein von Descartes her folgend, erschöpft sich das menschliche Dasein eben in Gedanken, im Bewußten. Schwindet es dort, ist es nicht mehr vorhanden. Eine Verfleischlichung - Inkarnation! - gibt es nicht. Das Leben wird zu einem eingehegten Dasein, umgeben von Mitmenschen und Institutionen, die lediglich noch Warn- und Hinweisschilder sind, zwischen denen man durchtaumelt. 

Genau dasselbe geschieht mit der Religion, die im bewußten Vollzug steckenbleibt. Sodaß - ein sehr gnostisches Denken, also - der Mensch sich bereits verändert wähnt, weil er "anders denkt" oder "etwas einsieht". Was bestenfalls Anfang einer fleischlichen Änderung sein kann (und die ist nicht nur mühsam, sondern immer indirekt, also über andere Wege zu erzielen, die viel Klugheit und nüchterne Einsicht in das Sein verlangen, weil die Sprache der Gestalt, der realen Verfleischlichung zählt, nicht einfach der Gedanke, die "Absicht", das "Gefühl"), wird direkt adressierbares Kartenspiel vor Gott: Im Tod zählt dann, welche Karten jemand noch in der Hand hält.

Deshalb kann man zurecht von einer Nähe des Protestantismus zur geistigen Verfaßtheit des Afrikaners sprechen. Beide brauchen das soziale Umfeld in höchstem Maß, und die Erfolge der protestantischen Mission waren umso größer, als sie ... brutal waren. Weil sie Mission als Übertragen der Gebotewelt auf den "gebotelosen" Afrikaner verstanden.


*210621*