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Freitag, 10. September 2010

Da sagte die Ministerin

Da standen sie also alle herum, erzählte V, zu Dutzenden, und füllten das eigens errichtete Veranstaltungszelt. Die Kulturministerin hatte zur Eröffnung des Arbeitsjahres geladen, und viele waren gekommen, aus den staatlichen und offiziellen Kunst- und Kulturvermittlungsstellen. Zum Kennenlernen, zum Kontakteknüpfen, wie es hieß, waren sie gekommen. Hielten Smalltalk, in ihren Designerklamotten und aufreizend bunten Ringen mit Riesensteinen, Neoneinsprengseln im Haar, oder auch nur eleganten Anzügen. Ach, was sind wir heute wieder künstlerisch! Und während sie über tolle neue Ideen plauderten, naschten sie von den Häppchen, die hübsch beschürzte Mädels auf großen Tabletts durch die Menge jonglierten: man tut die Sauce aus dem Töpfchen in der Mitte des Serviertabletts gleich vor Ort drauf, und schiebt sich's dann in den Mund. Das ist derzeit hip!

Riesige Apparate, die neben unzähligen weiteren Kräften hunderte von Publizistik- und Kunstgeschichteabsolventen und  Theaterwissenschaftsgeeichten zu gewiß auskömmlichen Gehältern, vierzehnmal im Jahr, beschäftigen, und nichts anderes tun als Kunst zu "fördern" oder zu "vermitteln", an Kopfanzahl wohl kaum geringer als das Heer an Kunstschaffenden selbst, die es (immer noch das alte Spiel, und das wird und kann ja nie anders werden) kaum schaffen, von jener Arbeit überhaupt zu leben, von der dann all diese Hundertschaften an Beamten und Wichtigtuern sogar bestens leben.

Jene, die dann entscheiden, daß für diese oder jene künstlerische Leistung oft genug bloße Taschengelder bezahlt werden, die in den Gremien sitzen, wo sie mit hohen Nasen Macht ausüben indem sie inhaltlich (!) entscheiden, was denn nun förderungswürdig sei, oder nicht, was für die Betroffenen dann ein halbes Jahr, ein Jahr Brot, oder eben Not, oder Aufgabe der oder zumindest dieser Arbeit bedeutet.

Von jenen, die oft genug tatsächlich darben, ohne das meist selber so zu sehen, und so dennoch jenen Boden liefern, von dem dann ein Kulturstadtrat - man stelle sich diese Weltfremdheit, diesen Zynismus vor! - bei einem Empfang mit sonorer Stimme meint, es sei wirklich zu verwundern, wie mit "so wenig Budget" - so viel an kulturellem Angebot entstehen könne, wie das in dieser Stadt der Fall sei.

Als die Kulturministerin nach zehn Minuten, von denen sie eine für ihre Ansprache brauchte, in der sie den Wert von Netzwerken für die Kunst betonte, abrauschte, raunte sie ihrer Büroleiterin ihre Unzufriedenheit zu: kein einziger Künstler war gekommen!?

 
*100910*