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Donnerstag, 21. Januar 2016

Lehrvideos der Realität (1)

Es macht betroffen sieht man die Reaktionen der Politik auf die Kölner Vorkommnisse. Die nun beweisen will, daß sie handlungsfähig ist und die Probleme am Schopfe packt. Aber nicht alle Probleme lassen sich direkt bekämpfen, das ist das Problem. Die meisten sind sogar Folgen ganz anderer Entscheidungen. 

In das Reich der Kneipenwitze fallen politische Reden, die von konsequenter Abschiebung dudeln. Sie verdienen keine weitere Erwähnung. Schon gar, wenn nach wie vor nur so weit Realität eingestanden wird, als gerade notwendig ist, weil die bekanntwerdenden Tatsachen die Realitätsverweigerung nicht mehr länger gestatten. Wie der Umstand, daß unter den Kölner Tätern ein großer Anteil gerade zugewanderte Asylwerber - noch dazu aus Syrien - waren. Die, wie ein Kölner Polizist meinte, direkt auf "sexuelles Amüsement" aus waren. Also keine "organisierten Banden" aus Nordafrika mit dem "Antanztrick". So nebenbei werden Schauermärchen mittlerweile aus vielen Städten bekannt, die Ereignisse in Bielefeld hatten sogar fast Kölner Dimension.

Wenn aber nun angekündigt wird, die Videoüberwachung in Deutschland zu verstärken, die Polizeipräsenz zu erhöhen (die man erst vor kurzem aus Budgetgründen abgespeckt hat - braucht es mehr Ausweis der Realitätsferne?), und die Sexualstrafgesetze zu verschärfen, muß man sich vor allem aber die Frage stellen, wen diese angebliche Sicherheitserhöhung am meisten betreffen soll.

Wer vieles retten will, wird alles verlieren. Denn alle diese Maßnahmen hätten Köln, Hamburg etc. etc. kaum verhindert. Bestenfalls verändert oder verlagert. Vor allem aber richten sie eines an: Sie beschränken ausnahmslos allen Bürgern die Freiheit, zu der vor allem das Recht auf Intimität und Unschuldsvermutung gilt, um eine relativ kleine Teilgruppe vorgeblich zu beherrschen, die sich dieser Hoheit nicht unterstellen will oder sogar kann. Das ist das Übel der Prävention! Denn alles läßt sich nicht verhindern, niemals, ja meist genau das nicht, was man zu bekämpfen sucht. Weil (siehe oben) die Ursachen dafür viel tiefer liegen. Und sich bei Gegendruck an dieser Stelle an anderer Stelle äußern. An die die Prävention gar nicht gedacht haben KANN. (Das Suchen von Ausweichwegen gilt ja für alle Seiten.)

So zu tun, als würde sich der Themenkomplex "Zuwanderung" über mehr Polizeistaat und allgemeiner Präventivüberwachung regeln lassen, ist nicht nur naiv. Die Täter in Köln sind beispielsweise nicht einmal dingfest zu machen. Was beweist das schon, wenn man bei einem der wenigen Verhafteten einen Zettel findet, auf dem er ins Arabische übersetzte Phrasen wie "ich tote sie" oder "ich werde dich fucken" mitführt? Sie wären auch nicht mit mehr Videoüberwachung das, was sie sind: Beschreibung einer wirklichen Wirklichkeit. Und das Ziel, jedem Spaziergänger einen Polizisten zur Überwachung beizustellen, ist ja offensichtlich nicht erfüllbar und schon gar wünschenswert. Ein Rechtsstaat funktioniert erst dann, wenn seine Exekutive kaum einmal notwendig auftritt. Die Aussage läßt sich exakt in Gegenteil wenden.

Alles das ist deshalb die Überschreitung dessen, was ein Staat, der nur von der Freiheit und dem Geheimnis seiner Bürger, von seinen schöpferischen Quellen leben kann, überhaupt darf, will er nicht totalitär werden. Ein Gebilde, das sich nur noch als Ablaufzwangsoptimierung versteht und deshalb alles an sich zieht, was gerade "nicht funktioniert", gleich welche Kollateralschäden entstehen, indem das einzige was eine Gemeinschaft halten kann - die Fähigkeit, selbst zu bestehen - beseitigt, ist aber kein Staat. Es ist eine Zwangsanstalt geregelter Fütterungszeiten. Da sind ja noch Bürgerwehren oder Selbstverteidigungskurse für Ehemänner sinnvoller.

Denn auf diese Ebene hat es der Staat hierzulande mmittlerweile gebracht. Nur will er vertuschen, daß Rechtssicherheit direkt und untrennbar mit dem Rechtsempfinden seiner untersten Bürgerschichten zu tun hat. Es sei denn, er baut sich auf Parallelgesellschaften um. Ist das Rechtsempfinden eines Staates nämlich nicht homogen, hat es die unwiderstehliche Tendenz, das zu werden - und zwar auf der untersten Ebene. Unser Gesetzessystem ist im Dialog mit der Entwicklung und Verfeinerung des Rechtsempfindens und Verhaltens der Bürger gewachsen. Es korrespondiert also mit dem eigentlichen Recht, ohne das es gar nicht möglich ist: Nur so kann es RECHT SPRECHEN. Das kann es nicht willkürlich erfinden, denn die Bürger werden aufbegehren, wenn ihnen nicht RECHT gesprochen wird - durch die Gesetze. Einem gröberen, elementareren Rechtsempfinden, das die Feinheiten kultureller Entwicklung gar nicht mittragen kann die uns so vertraut sind, daß sie uns gar nicht bewußt sind - das erst werden, wenn sie gefährdet sind -, ist es gar nicht gewachsen. Sondern spielt diesen Ebenen sogar noch den nützlichen Idioten.

Es ist deshalb alles andere als Zufall, daß die US-amerikanische Polizei immer wieder durch Gewaltunfälle von sich reden macht. Und dabei grundsätzlich sogar richtig liegt. Anders kann man in einem Staat mit stark inhomogenem Rechtsgefühl gar nicht agieren, was vor allem eine Frage der quantitativen Momente ist. Denn eine Gesellschaft kann nur eine bestimmte, klein bleibende Menge von Unrecht ertragen (die sie immer ertragen wird müssen, das so nebenbei; den pefekten Staat gibt es nicht).

Man sollte deshalb die zahllosen amerikanischen Kriminalfilme, die auch über unsere Bildschirme laufen und sich als seltsame Fernsichten weil Vorausschauen entpuppen (die Dinge lügen nie, wenn man die Begriffe genau studiert!), als das nehmen, was sie sind: Einblicke in die Probleme, die sich aus genau dieser Konstellation ergeben. Sie zeigen uns ganz unverblümt (und die Amerikaner haben einen masochistisch auflösenden Zug zur Selbstkritik), was auf uns zukommen wird, ja wo wir schon sind, würden wir es endlich wahrnehmen. Man achte speziell darauf, welche Rolle bei amerikanischen Dramaturgen das kathartische Element der Selbstjustiz spielt! Das Rassismusgewäsch, das diese Realität begleitet wie die Jagdhörner in einer Wagner-Oper, ist wesenlos. Viele Hollywood-Thriller zeigen das ganz präzise, und werden damit zu Lehrstunden der Realitätsräume, die wir dabei sind zu betreten.  




Morgen Teil 2) So bombt die Politik ihre eigenen Völker in die Vergangenheit zurück


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