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Samstag, 16. Januar 2016

Vom bequemen Erwarten des Endes

Die Huffington Post schreibt über das Ergebnis einer Studie, die ergab, daß die permanenten Negativnachrichten über die bevorstehende Katastrophe über den Klimawandel die Menschen kontraproduktiv stimmten. (Jene Bevölkerung der USA ist damit gemeint, die, wie eine jüngste Erhebung "schockartig" ergab, zu 70 Prozent den Klimawandel immer noch nicht als großes Menschheitsproblem sehen.) Und sie versucht es damit zu begründen, daß diese ständigen Nachrichten über Bedrohungen der ganzen Menschheit die Bürger in schlechte Stimmung versetze. Wer aber in schlechter Stimmung sei, sei auch nicht mehr bereit, sein Leben zu ändern.

Nun glaubt der VdZ das nicht. Nicht in dieser Form. Vielmehr glaubt er, daß ein anderer "Mechanismus" (und hier handelt es sich tatsächlich einmal um einen solchen) im Menschen einsetzt. Denn er erlebt die völlig abgehobene, abstrahierte Klimakatastrophenstimmung als etwas, das er in seinem Leben und Erkennen gar nicht wiederfindet. Es ist wie ein reines und vor allem nominelles Wortproblem, das ja nicht zufällig das Problem der "gebildeten Schichten" ist. Sodaß von Klimakatastrophe zu schwafeln sogar zum Ausweis für die Zugehörigkeit zu dieser Elite wurde. Ein Geschehen, das ja in seiner Schematik längst allgemein wurde und auf die neue Art der Moral zurückzuführen ist, die uns zu beherrschen versucht. Man denke nur an die "Flüchtlingsfrage", man denke an die Genderthematik.

Überall ist es mittlerweile dasselbe: Dringlichkeiten und moralische Imperative werden zu solchen erhoben, die mit dem realen Erleben der Menschen nicht nur nicht korrelieren, sondern diesem sogar widersprechen. Der Effekt dieser Zweitwirklichkeit (Pseudologie) ist dann die wirkliche Katastrophe - denn die Menschen beginnen längst, die Ratio, den Verstand als irrelevant einzustufen. Damit fallen sie auf ein Stadium des puren Nachfolgens ihrer Stimmungen* und (wahllosen) Gefühle zurück, und damit fällt der Mensch auch tatsächlich zurück. Aber das ist ihnen gar nicht zu verdenken.

Weshalb an der hier immer wieder gemachten Vorhersage, daß wir auf ein Zeitalter eines Irrationalismus zusteuern, weil das Gefühlte, das sinnlich Erkannte, ja eigentlich das "Gewußte", von keinem öffentlichen Disput - und das IST die Sprache! - erfaßt wird. Weil die Sprache, das Denken die erlebte, noch einmal, die GEWUSSTE Wirklichkeit nicht mehr erfaßt. Diese Entwirklichung hat ja schon längst auch die auffälligsten Teile der Kirche erfaßt, weshalb die Tore für ein aufkommendes Neuheidentum (das im übrigen keine Religion ist, hier täuschen sich viele!) weit weit offenstehen. 

Um das Gesagte in einem Beispiel nachvollziehbarer zu machen: Daß die politische Agenda "Klimakatastrophe" sich mit dem Mantel der Wissenschaft umgetan hat, daß sich so viele Wissenschaftler dazu laufend mißbrauchen haben lassen und weiterhin lassen, daß von so vielen der Begriff so mißbraucht wurde, wird dazu führen, daß "der Wissenschaft" ihr prinzipiell gebührender Rang verlustig gegangen ist und noch viel mehr verlustig gehen wird. Bei vielen Begriffen ist das längst der Fall: Vom Künstler erwartet niemand mehr Wahrsicht. Vom Politiker nicht mehr Hüten des Gemeinwohls. Von Klerikern niemand mehr leuchtturmartige Wahrheit.**

Während die Kartenhalter des öffentlichen Diskurses - Politik, Wissenschaft, Kirche, Künstler, Intellektuelle, mit einem Wort: die Eliten - als irrelevante Schwätzer jede Bedeutung verlieren. Vielmehr warten die Menschen nunmehr zu, bis jene (und es werden Personen sein) auftreten, die ihren unartikulierten Willen zu einer bestimmten Stimmung aufgreifen, um sich davon dann bewegen zu lassen.

Der VdZ hat deshalb immer mehr den Eindruck, daß wir in einer Situation stehen, die mit immer mehr Verlangen auf einen Messias wartet. Es ist wie die Ruhe vor einem Sturm. Aber sie wartet auf einen Messias, der eine längst entsittlichte Menschheit in ihrer Bequemlichkeit beläßt. Jedoch die Menschen wissen in Wahrheit, was sie erwarten. Sie werden es deshalb sofort erkennen. Was im übrigen für beide Pole gilt. Da ist einmal die Wahrheit, die aber mühsam ist, weil den Einzelnen zur Sittlichkeit fordert, und da ist zum anderen das Versprechen, diese Mühe sei nicht notwendig, das "erreichbare Ergebnis", das Paradies aber dennoch dasselbe. Sprechen wir das Wort aus? Das Wort vom "Antichrist"?

Vielleicht ist hier der Punkt darauf hinzuweisen, daß die "Apokalypse" keineswegs (zumindest nicht: nur) ein verdinglichbar zu machendes, einmaliges historisches Ergebnis ist. Sondern eine Grundwahrheit des Menschen - zu allen Zeiten und in allen historischen Situationen Fleisch und Realität wird. So, wie das ganze Leben, ja die ganze Welt je nur die Konkretion solcher Grundideen ist, die der Welt nicht nur zugrundeliegen, sondern sie überhaupt erst zur Welt (und zur Geschichte) machen. Wir dürfen uns die Geschichte nur nicht simpel als technischen Apparat vorstellen, an dem sich mit Notwendigkeit eines nach dem anderen abspielt, bis der Prozeß zu Ende ist. Daß es im Endeffekt aber doch zu einer Folgerichtigkeit und einer historischen Aufeinanderfolge kommen wird, steht auf einem ganz anderen Papier geschrieben. Das wirkliche Ende der Welt aber liegt nur in einer Hand und in einem Willen und in einem Beschluß: Dem, Gottes des Vaters. Und es ist ein Akt.





*Nur sind Stimmungen (und damit zusammenhängend auch Gefühle, denn diese nähren sich aus derselben Quelle) nicht einfach etwas, das es passiv einfach zu durchleiden gilt. Sie sind im Gegenteil sittliche Entscheidungen, sie sind Ergebnisse von Willensakten, und sei es daß man die Gestaltung, das Aufraffen zur Gestaltung einer bestimmten Stimmung - die ja auch aus zufälligen Gefühlen heraus aufsteigen - aufgibt. Sie sind damit direkt von der Vernunft - und darin mit dem Verstand - abhängig. Gilt der Verstand aber als irrelevant, die Welt als unfähig von ihm durchdrungen zu werden - gilt also die Welt nicht mehr als "logos-basiert" - verliert er seine Rolle in der Selbstgestaltung.

**Mit einer ganz wichtigen Reserve sei auch die Kirche hier angeführt: Denn anders als in der Politik, in der Kunst etc. ist sie durch ihre sakramentale Dimension - die ja in die tiefsten ontischen Gründe führt - nicht mit weltlichen Institutionen gleichzusetzen. Das wird viele Kleriker noch staunen machen, auch jene, die sich "gegen" ihre Lehren wenden. Nie wird die Kirche sich nämlich dieses Anspruchs entledigen können, und nie werden die Menschen sie anders sehen als unter diesem Anspruch. Umso mehr werden die Kleriker Objekte der aufkommenden Wutausbrüche werden. Sie werden an etwas gemessen, das ihr faktisches Verhalten unbedeutend macht. Sie werden am Ewigkeitswert der Kirche gemessen, den sie sakramental vertreten, immer und unter allen Umständen. Auch wenn die Menschen es scheinbar vergessen oder nie gehört haben, oder ignorieren wollen, oder Faktisches kritisieren: Was in der Kirche wirklich passiert, ist für die Menschheit ALS SOLCHE zutiefst wesentlich. Sie erwarten von ihr die Darreichung der Wahrheit, die in ihr auf die Erde gekommen ist. Und Wahrheit ist die erste und fundamentalste Dimension jedes Menschen, ob er das rational durchdringt oder nicht. Nur in der Wahrheit ist überhaupt Menschsein (das wesentlich in seiner sprachlichen Ausquellung zum Menschsein in der Welt wird) möglich.





*160116*