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Samstag, 15. April 2017

Auch wenn es nicht an diesen Tag paßt

(In Ankünpfung an das gestrige Posting über Brahms:) Das aber, werte Leser, ist das wirkliche Werk von Brahms: Das Lied, der Mensch, der Tanz, der Gesang. Und im "Deutsches Requiem" hat er es in seine größte Gestalt gebracht. Es ist zum Tag stimmig, dem Karsamstag, denn es sind immer dieselben Archetypen, Topoi, die der Mensch hat. Und im Tod hat er ebenso neu EIN Topos - den Tod selbst, der in Christi Tod ein für allemal in die Welt kam, als Gestalt.

Und an diesem Tag des Heiligen Todes darf nur einer wie Karajan ans Werk, dem Meister der objektiven Sachlichkeit. Auch wenn es noch lange nicht ... katholisch ist. Denn Brahms ist kein geistlicher Musiker, er reißt Werk und Anlaß auseinander. Vielleicht sollte man also so ein Werk bewußt an einem Mittwoch im Juni hören, bei einem Glas Burgunder oder Blaufränker aus Plattenseerieden, während die Sonne sinkt. Und nicht an einem Karsamstag. Naja. Lassen wir es hier. Aus anderen Gründen. Aber Topos selbst ist noch kein Erweis. Topos ohne Raum, ohne Ort ist tot. Aber die großartigen Stimmen - was für eine Elisabeth Schwarzkopf! - mögen unserem Herren Jesus Christus ins Grab klingen, ein Gruß der Menschheit, der auch wenn sie alles aufbietet, zu dem sie fähig ist, verzweifelt ungenügenden Menschheit, die auf ihren Gott und seine Auferstehung hofft und wartet.

Brahms "Deutsches Requiem" aber ist tief ungeistlich. Und man hört es im Grundton der Verzweiflung, wo menschlicher Wille versucht, das Heil doch noch an sich zu reißen. Insofern, und insofern sogar gut, paßt es an diesen Tag. Als Antithese. Sehr protestantisch. Dem Protestantismus ging im 19. Jhd. endgültig jede Substanz aus, von der er bislang noch gezehrt hatte. Von da an begann sich erst eine eigentliche protestantische "Theologie" zu entwickeln die versuchte, die Brüche in der Logik irgendwie zu kitten, die Luther repräsentierte, ohne deswegen gleich wieder katholisch werden zu müssen. Von ihr gilt nichts anderes als von der Kunst aus dem protestantischen Kulturraum: Wo sie "gut" war, war sie nur eine vorsichtige Ausgrabung des Katholischen als Kulturerbe.

Irgendwie hat deshalb Brahms "Deutsches Requiem" auf den VdfZ immer gewirkt als sei es ein Beitrag zur Gründung eines wirklichen "Deutsch-National-Christentums". Zumal ja sein gesamtes übriges Schaffen ein "Volkstum" als geistige Quelle sucht. Der VdZ hat genug erlebt, wie hiesige Oberschullehrermentalität tat, als sei der Konflikt zwischen Bruckner (bzw. Eduard Hanslick; wiewohl dieser Bruckner schwer kritisierte, vertraten beide dieselben Ansichten) und Brahms der aus heutiger Sicht milde zu belächelnde Streit gewesen, ob man Photo mit "ph" zu schreiben habe oder schon ein "f" zulässig sei. Ist doch alles "tolle Klassik". Nein. Handwerksbeherschung reicht nicht für Kunst. Hier ging und geht es um geistig zutiefst Eingemachtes.










*020417*