Man
 kommt bei dem am Schluß angefügten Film mehrfach ins Grübeln. Er befaßt sich mit der 
geologischen Forschung im Süden Libyens, das unter Gadhafi in mehrfacher
 Hinsicht eine beachtliche zivilisatorische Entwicklung genommen hat. 
Der pöhse Diktator hat mit dem Geld aus dem Öl sein Land in die Neuzeit 
katapultiert. Oder das zumindest begonnen. Wie es in Libyen nach der 
Zerstörung durch USA und NATO weitergeht, die auch jene sozialen 
Strukturen zerstört hat, die wie eine Klammer alles zusammenhielt und 
halten sollte, wird sich nun freilich zeigen. Zurückgeworfen auf die 
Stammesstrukturen, fehlt Libyen das, was es zum Staat machte: die 
Klammer eines Zusammenhalts. 
Wobei
 die Geschichte arabischer Staatsgebilde zeigt, daß vom Zweistromland 
bis nach Marokko - also für sämtliche arabischen Völker, nicht nur die 
mit dem Schwerpunkt Mittelmeer geltend - nur eine diktatorische 
Staatenbildung erfolgreich sein konnte. Schon Friedrich II.,der Staufer,
 hat deshalb das muslimische Staatenmodell genau studiert und mit 
Sehnsucht betrachtet, sogar überlegt, überhaupt in den Orient zu gehen. 
Weil die Gegebenheiten dort seiner Vorstellung von Herrschaft und Volk 
am nächsten kamen. Einer Vorstellung, die er ja auch in Europa 
durchzuzsetzen versuchte, und zwar vordergründig damit scheiterte, 
dennoch aber Strukturen einleiten konnte, die in Europa über Renaissance
 und Absolutismus (wo das Volk, Wirtschaft, Staat bereits als "Objekt", 
als Mechanismus, als Maschine betrachtet wurde) und Demokratismus 
schnurstracks in den als Symbiose von Finanzkapitalismus und Staat 
manifestierten Zentralismus der westlichen Staaten der Gegenwart führte.
Das
 hat mit der Religion zu tun, dazu ein andermal noch  mehr. Aber die 
islamische Religion ist - anders als der Katholizismus - auf der Basis 
der Religiösität der Menschen alleine nie die Klammer gewesen, die 
diesen geographischen Raum zu einem Kulturganzen durchgestalten hätte 
können. Sie brauchte immer die politische Stütze zentraler weltlicher 
Macht. Und es war politische Macht, die im 9. Jhd. über eine Reform der 
in zahllose Richtungen auseinandergehenden, sehr stark je regional 
variierenden Religion die Grundlage legte, daß man überhaupt von einer 
"islamischen Welt" mit islamischen Staaten sprechen kann. Was Libyen 
also nach Gadhafi fehlt ist - ein neuer Gadhafi, wie immer man darüber 
denken mag. Alles andere ist unrealistisch.
Und
 das Land hätte Perspektiven. Daß es im Süden Libyens noch riesige 
Ölvorkommen gibt, gilt  als sicher. Die Frage ist nur wann es gelingt, 
an sie heranzukommen um sie auszubeuten. Denn die geologischen 
Verhältnisse in den südlichen Landbecken des Landes sind komlex, durch 
tektonische Verschiebungen vielfach fragmentiert. 
Und 
werden auch von etwas anderem gestört - Wasser. Denn unter der Sahara 
gibt es einen riesigen Grundwassersee, der unter Gadhafi auch bereits 
angebohrt wurde. Womit beeindruckende Versuche betrieben wurden, die 
Wüste wieder zu begrünen. Beim Bohren nach Öl störtr dieses Wasser 
allerdings, das von höher gelegenen Tiefenschichten in Algerien her 
befüllt wird.
Noch vor 5000 Jahren (dann ging die letzte der Grünperioden der Sahara zu Ende) gab es in diesem Teil der Sahara einen Süßwassersee, der etwa 360.000 km2 umfaßt hat.
 Das Land war grün und fruchtbar, wie die zahlreichen Funde, aber auch 
Höhlenmalereien beweisen. Der Grund war der größte bekannte Süßwassersee
 der Erde, zumindest in jener Zeit. Amerikanische Forscher meinen nun 
allen Grund zur Annahme zu haben, daß es in diesem Raum einen gewissen 
Rhythmus von 21.000 Jahren gibt, denn diese Wechsel von Wüste zu 
Gründland und umgekehrt dürften sich mehrmals schon wiederholt haben. 
Schließen
 wir mit einer Spekulation, daß einer der Gründe, warum dieses Land nun 
wieder Wüste wurde (wobei das Potential zum Grünland in den Seen der 
Tiefe ruht) der war, daß es den Menschen nicht gelungen ist, eine höhere
 Kulturstufe zu erreichen. Ihr Leben blieb von den Zufällen aus Wetter 
und Gegebenheiten abhängig. Erst menschlich-planende, vernünftige 
Tätigkeit vermag in einem in Besitz genommenen Raum jene Bedingungen zu 
schaffen, in denen das Wetter mehr oder weniger gebändigt und auf 
relativ gleichbleibendem Niveau gehalten wird. So, wie es seit 1000 
Jahren in Mittel- und Nordeuropa der Fall ist, das vor 1500 Jahren den 
Römern noch als unwirtliche Landschaft galt, in der Besiedelung nahezu 
unmöglich war.  
Doch die katholischen Mönche haben die 
hier genauso von Zufälligkeiten lebenden Menschen (also v. a. die 
Germanen und Slawen) gelehrt, wie durch vernünftige Arbeit auch diese 
Welt unter vernünftige Lebensbedingungen gestellt und auf eine Weise 
bewohnbar werden kann, die sich zuvor niemand hatte vorstellen können. 
So wurde der Boden für eine Hochkultur geschaffen, wie sie die Erde noch
 nie gesehen hatte. Ausschlagebend dafür war, daß im Katholizismus der 
menschlichen Arbeit einen neuen Wert beigemessen wurde. Arbeit war nicht
 mehr das Gehaßte, das man möglichst anderen auszwingen mußte um sie 
dann auszubeuten, das man den Sklaven überließ, sondern Teil einer 
sinnerfüllten, ja heiligmachenden menschlichen Tätigkeit. Das hatte es 
noch in keiner Kultur zuvor gegeben. Unter dieser Voraussetzung schufen 
die Europäer eine Lebenswelt, die oft bis in den letzten Winkel unter 
das Gesetz der Schönheit weil Vernunft gestellt und durchgestaltet war. 
Wer ältere Siedlungen und Städte durchwandert kann deshalb nur staunen, 
wie jeder Quadratmeter Boden dazu beiträgt. Wo jeder Weg, jedes Haus, 
jede Gasse, jeder Blickwinkel unter einem Laubengang ein weiterer 
Beitrag zu einem gesteigerten Leben leistet. Nichts, das deshalb reinen 
"technischen Nutzen" bedeutete. Alles war ein Ineinander von 
Zweckhaftigkeit, Sinn und Ästhetik.
Und so hat man auch
 Lebensbedingungen geschaffen, als Fülle lauter mehr oder weniger 
stabiler - durch menschliches Tun stabiler - kleinklimatischer Räume, 
die mit der Zeit jenen großen geographischen Raum umfaßt, nein, 
geschaffen haben, den wir heute als Europa bezeichnen. Erst mit der 
Neuzeit begann ein Prozeß, der diese Ganzheit zu zerstören begann. Erst 
mit der Neuzeit wurde technischer Nutzen nicht mehr im Rahmen eines 
Dings gesehen, das eine Beziehung zu erfüllen hat, sondern als Ausfluß 
einer bloßen Mechanik, zu der die Welt mehr und mehr degradiert wurde. 
Genau
 das ist aber auch der Weg, wie man eine Kulturlandschaft wieder 
verlieren kann. Das ist auch das tragische Geheimnis vieler Landschaften
 der Erde, die einmal blühende Kulturlandschaften waren, und heute 
verödet sind oder Wüste, wie in der Sahara. Das war mit hoher Sicherheit
 kein Ergebnis einer "Klimaveränderung", ein Wort aus einer 
Terminologie, die "Klima" wie ein schicksalshaftes Ereignis betrachtet, 
das über die Menschheit hereinbricht. Vielmehr ist es eine Resultante 
aus zahllosen kleinen Wetterereignissen, die mit menschlichem Tun sehr 
direkt zu tun haben. 
Morgen Teil 2) Nur ein Gadhafi II wird das Klima verändern
*180317* 
 
