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Donnerstag, 27. April 2017

Weil sie den logos suchen

Der VdZ wurde wiederholt und mit etwas vorwurfsvollem Unterton gefragt, warum er auf seinen Seiten so viele englischsprachige Beiträge bringt.  So mancher Leser sei doch nicht so firm in der Beherrschung dieser Fremdsprache, und ob es nicht in der Nähe genug Gutes zu entdecken gäbe. 

Das eben nicht, und damit sind wir schon beim Grund dafür angelangt. Der VdZ hat den besorgniserregenden Eindruck, daß derzeti die relevantesten Auseinandersetzungen im amerikanischen Raum stattfinden. Und zwar zu allen brennenden Themen, und in allen Stufen. Was sich im deutschsprachigen Raum derzeit abspielt wandelt immer mehr an der Grenze zur Irrelevanz. Und zwar gerade im sogenannten "kritischen Medienraum". Die entscheidenden Fragen werden nicht gestellt (die Gründe sind vielfältig), und die Antworten treffen keinen Nagel auf den Kopf, eben weil die wichtigsten Fragen nicht gestellt werden, als wären sie ins All entschwunden. Ob Kirche, ob Politik, ob Weltpolitik, alles hier dreht sich im Kreise, und zwar seit Jahrzehnten und zunehmend.

Das zeigt sich auch in der eigentümlichen Befassung mit Phänomenen und Symptomen, in der Disput wie ein Werkzeug behandelt wird, um bestimmte Erscheinungen zu qualifizieren, Geist also zur Methode, zum Werkzeug wird. Man nennt es dementsprechend "Meinungsbildung", und meint damit Ausrichtung. Das betrifft alle Richtungen,  und es betrifft alle Themenbereiche. Würde es so bleiben, was auch der VdZ nicht hofft, so wäre das Abendland tatsächlich und endgültig am Ende.

Salopp formuliert: Europa ist derzeit nicht in der Lage, seine Lage zu erkennen und schon gar nicht fähig, schöpferische Antworten zu finden. Bis auf ganz ganz wenige Ausnahmen, ist Europa als Teil des Abendlandes nur noch langweilig und ausgelutscht.

Im amerikanischen Raum (vor allem dort) aber, diesem Randbereich des Abendlandes, ist derzeit eine Suche zu beobachten, die sich um das Kernproblem der Geschichte überhaupt dreht - die Suche nach logos. Was immer man den Amerikanern völlig zurecht vorwerfen kann, so regt sich dort ein Freimut (und Freimut hat immer mit logos zu tun), der dem Abendland erschreckend abhandengekommen ist. Er wird auch dort bekämpft, ja mehr als in Europa, aber er zeitigt Relevanz, die Europa völlig fehlt. Wo sich alles im Kreis dreht und nicht zu den entscheidenden Fragen vordringt.

Dazu kommt, daß die neuere Zeitgeschichte der USA aus verschiedenen Gründen die Entwicklungen in Europa regelrecht vorexerziert (hat), und es wäre höchste Zeit, daraus wenigstens manche Lehren zu ziehen. Die USA haben immerhin etwa 50 Jahre Vorsprung, gerade im Verfall. Europa läuft nämlich nur nach. Bedeutende Menschen, die schöpferisch wirken würden und könnten, gibt es hier bestenfalls in Gestalt ganz weniger Solitärer. Relevante, öffentlichkeitsweite Kritik gibt es in Europa nicht mehr. Und was auch kritischeste Seiten als solche ansehen ist meist nur lächerlich impotenter Narzißmus.

Die Naivität der Amerikaner, der sie sonst für Geschichte als Konstituensmoment der Gegenwart eher disqualifiziert, läßt sie aber momentan zumindest ein letztes Fenster ins Sein offenhalten, das in Europa bereits geschlossen ist. Am sichersten ist dies in der amerikanischen Haltung zur katholischen Liturgie bemerkbar, denn nur sie kann die Quelle von Erneuerung sein. Alles andere ist Zeitverschwendung.

Es fehlt den Amerikanern fast immer an den Fundamenten, gut, und das bleibt auch so, Amerika bleibt pragmatisch wie alles, was keine Fundamente hat. Aber im letzten Durchschlag der Nichtung wird jede Metaphysik tatsächlich pragmatisch, weil sie die realste Realität betrifft. Die Fundamente sollte, ja die muß man also zwar in der abendländischen Tradition suchen. Aber in dieser solcherart unterfütterten Zusammenschau ist derzeit Amerika - und das ist englischsprachig - der interessanteste und realitätsorientierteste geistige Raum. Dort spielt sich derzeit die entscheidende geistige Auseinandersetzung ab. Und zwar in Kreisen und in Gestalt von Personen, die in Europa defacto unbekannt, noch weniger aber verstanden sind, auch wenn sie selbst in den USA eine kleine Minderheit sind. Aber diese Minderheit gibt es in Europa gar nicht einmal mehr, zumindest findet sie der VdZ nicht.

Zusammengefaßt: Weil derzeit (!) die entscheidenden Fragen in Amerika gestellt werden, und nicht in Europa, und schon gar nicht in unseren deutschen Ländern, finden sich hier - analog zur Lektüre des VdZ, die mittlerweile schon mehrheitlich englischsprachig ist - mittlerweile so viele englischsprachige Beiträge, v. a. in Videoform, so konsumabel wie möglich gehalten. Der VdZ wird sich aber noch mehr als bisher bemühen, die Inhalte als Kommentare und in Deutsch so aufzubereiten, daß auch jener daran teilnehmen kann, der sich nicht so in dieser Fremdsprache orientiert fühlt. Versprochen.





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