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Dienstag, 18. August 2020

Ein Blick hinter das Wirtschaftswunder (1)

Untersucht man wirtschaftswissenschaftlich unterlegt die tatsächliche Situation Deutschlands nach 1945, so kommt man vielleicht zu einem völlig anderen Ergebnis: Das Wirtschaftswunder Deutschland gab es gar nicht. Es ist ein virtuelles Bild.

Zumindest war es kein Wunder, und auch nicht das Produkt eines weltweit unübertroffenen deutschen Fleißes. Der war nicht höher als anderswo. Und niemand geringerer als die Amerikaner und Briten selbst kamen zu dem Ergebnis, daß die Zerstörung der Wirtschaftskraft Deutschlands durch die gigantischen Bombardements so gut wie gar nicht beeinträchtigt worden war. Die Zivilbevölkerung war das Opfer. Nicht das vorgebliche Ziel, den Kriegsfeind wirtschaftlich in Klump und Asche zu bombardieren.

Der Witz dabei: Die Briten zumindest ("Bomber Harris") hatten das sehr bald erkannt. Und zwar auch aus den völlig wirkungslosen deutschen Bombardements.

In Wirklichkeit hatte sich also recht bald die Strategie der alliierten Bomber bewußt auf das Ausradieren von Wohnbezirken - geschlossene Innenstädte - ausgerichtet. Der Bomberkrieg war deshalb ein Kriegsverbrechen, weil er gezielt auf die Auslöschung eines Volkes ging! NICHT auf Kriegsziele. Selbst das Argument, man würde den Kampfeswillen brechen, war - und auch das wußten alle! - falsch.

Das Gegenteil war der Fall, je mehr Bomben fielen, desto entschlossener, je radikaler die alliierten Beschlüsse waren (die keine Kapitulation anerkennen wollten, sondern schon 1942 eine Zerstörung Deutschlands zum Kriegsziel erklärten) desto alternativloser-patriotisch wurde die Haltung der Bevölkerung Deutschlands.

Es ging also in den Zerstörungsakten nur um die Zivilbevölkerung. Denn die Wirtschaftsanlagen waren einfach nicht effizient durch Bomben zu bekämpfen. Die deutsche Industrie stand 1945 weitgehend noch, ja war sogar weiter ausgebaut als vor dem Krieg. Hatte das gar etwas damit zu tun, daß amerikanische Konzerne (etwa an der IG-Farben) an deutschen Industrieunternehmen maßgeblich beteiligt waren?

Ach ja, es war die völlig selbstlose Hilfe der Amerikaner durch den Marshall-Plan? Diese ZDF-Dokumentation räumt mit diesem Mythos etwas auf, und zeigt die wirklichen Hintergründe des "Wirtschaftswunders Deutschland". Tatsächlich wirkten dieselben Mechanismen wie seit den 1920er Jahren - Antikommunismus, Angst vor dem Kommunismus. Die Überlegungen der Amerikaner waren umfassend: Zum einen stand eine amerikanische Wirtschaft - durch überhitzte Kriegsproduktion nicht mehr gebraucht - kurz vor einer Stagflation.

Man mußte Geld aus dem Markt nehmen - etwa durch Investitionen oder gar Geschenke an Europa. Dann fehlten Absatzmärkte. Und nicht zuletzt war die Angst recht konkret, daß ein wirtschaftlich daniederliegendes Deutschland, ja Westeuropa, für den Kommunismus anfällig war.

Die strategische Position der Amerikaner als eigentliche Siegermacht stand also möglicherweise auf dem Spiel, blieb Europa längere Zeit "arm". Also wurde eine Gesamtstrategie entworfen, wie Westeuropa mit dem notwendigen Kern Deutschland in den Westblock dauerhaft und unausweichlich zu integrieren war.

Dazu gehörte sogar ein gezielter brain-drain von Ost- nach West-Deutschland. Gezielt versuchte man, kluge Köpfe aus der kommunistischen Zone zu holen. Audi in Ingolstadt wurde sogar weitgehend mit ostdeutschem Ingenieurswissen aufgebaut.

Dazu kamen gewaltige Transfers von Know-how aus Amerika selbst, das helfen sollte, die deutsche Wirtschaft ähnlich auf Massenprodukte umzustrukturieren, wie es in den USA bereits geschehen war. VW etwa wurde gleich einmal auf amerikanische Fließbandproduktion umgerüstet. Dann kam der Korea-Krieg, der für die deutschen Exporte als verlängerte Werkbank der Amerikaner eine "Initialzündung" wurde. 

Vorbereitet hatte sich dieses Denken bereits im Krieg, wo die deutsche Industrie allmählich lernte, Quantität vor Qualität zu stellen, lernte "in Maßen schlecht zu werden". Nicht Spitzentechnologie hat deshalb nach 1945 den Weltmarkt erobert, sondern die deutsche Umstellung auf billige Massenware. Sie fand ihre Entsprechung in einer Managergeneration, die in der NS-Zeit an den Methoden der Kriegs-Zwangsbewirtschaftung gelernt hatte. Sie trafen auf eine sehr dienstbereite Bevölkerung, die ähnliche Vorgangsweisen wie unter Kriegszwangsbedingungen leicht durchsetzbar machte und mit niedrigen Löhnen zufrieden war.

Morgen Teil 2)



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