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Sonntag, 13. April 2008

Keine zweite Tabor-List (1805)

Die List an der Taborbrücke (siehe voriges Post in Titelverlinkung) wiederholt sich ein paar Tage später - wenn auch mit umgekehrten Vorzeichen:

Die Russen bei Krems unter Kutusow sind zu schwach, um den Franzosen zu begegnen, und müssen nun fürchten, daß sie durch die nach Brünn, dem Wiener Kaiser nach, der bereits hektisch seine Sachen packt, über die gute Znaimer Straße rasch vorankommenden Franzosen eingekesselt werden, sich mit den aus Rußland erwarteten weiteren Truppen nicht vereinen können. Kutusow schickt in Eilmärschen eine Abteilung von viertausend Mann ins Weinviertel, sie sollen die Franzosen wenigstens einen Tag aufhalten, um die Hauptstreitmacht mit 35.000 Mann entkommen zu lassen.

Die Franzosen, aus Wien kommend, glauben tatsächlich, beim Dorf Grund (Hollabrunn) der Strecke Wien - Znaim die Hauptstreitmacht mit Kutusow selbst vor sich zu haben, dem sie momentan aber an Kräften bestenfalls gleichwertig sind. Die Marschälle probieren die bewährte List: Sie schicken Unterhändler zu den Russen und erzählen, daß Napoleon mit Russen und Österreichern einen Friedensschluß verhandele. Deshalb sei es angeraten, die noch drei Tage dauernden Verhandlungen abzuwarten, um unnötiges Blutvergießen zu vermeiden. Die Russen gehen - scheinbar - begeistert darauf ein.

In der Zwischenzeit schicken die Franzosen einen Kurier zu Napoleon, der mit seiner Hauptmacht erst südwestlich von Wien steht, um Verstärkung anzufordern. Napoleon, der weiß, wo Kutosow liegt, erkennt sofort, daß seine Marschälle einem Irrtum aufsitzen, und schickt den Kurier postwendend zurück mit dem Befehl, sofort anzugreifen.

Als die Franzosen angreifen und die Russen tatsächlich auf so tapfere Weise Widerstand leisten, daß Napoleon sie in seinen Aufzeichnungen auf St. Helena später ausdrücklich mit Hochachtung erwähnt, ist Kutosow mit seiner Hauptarmee längst in Znaim, während der Wiener Hof Brünn Richtung Budweis verlassen hat.

Auch diese Begebenheit erzählt Tolstoi in "Krieg und Frieden", und baut sie zu einer wunderschönen (und langen) Passage über die von so viel individuellem Mut bestimmten Kampfeshandlungen aus.





*130408*