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Samstag, 12. Oktober 2013

Auslösung durch Verlust des Wesensbezugs (1)

Nicht der Wille ist frei, der sich als bloße Umsetzung der faktischen Zustände erweist. Dieser Wille ist gebunden. Wille ist nur frei, wenn Wollen und Verwirklichung in eins fallen. Und das kann nur im Maß der Wahrheit sein. Denn nur aus dem Faktischen heraus läßt sich auch wollen. 

Ist das Erkennen aber gebunden, vermag der Wille sich nicht nach der Vernunft zu richten. Er bleibt innerweltlich in das Spiel von Notwendigkeit verhaftet.

Also kann ein Wille nur wollen, nur frei sein, wenn er das Zuständliche transzendiert, und damit überwindet. Transzendiert in das Wesensbild hinein, das allem Sein zugrundeliegt, das nur eine mehr oder weniger vollkommene Abbildung (Analogie) des absoluten Wollens als ein der gesamten Schöpfung zugrundeliegender absoluter Plan ist.

Nur in diesem Hinrichten auf ein allem Dinglichen zuvorgehenden geistigen Wesensbild also ist Freiheit (als Ziel) möglich. Dabei kann aber dieses Wesensbild niemals ein historisch-relatives Absolutes sein. Sie kann nur in die faktischen Gegebenheiten, aus ihrem Material heraus, den Sinn des Wesensbildes verwirklichen.*

Der Mensch kann dies nur in der zeitlichen Aufeinanderfolge, weshalb seine Freiheit auch eine Freiheit ist, die mit der Zeit, mit der Auseinandersetzung mit der faktischen Welt wachsen muß, mit der Reifung zum freien Willen wird.

Um sich selbst aber zu erkennen, um einen Willen konkret fassen und verwirklichen zu können, braucht das "Ich" ein "Nicht-Ich". Jeder Mensch braucht also ein ihn übersteigendes Wesensbild, sonst kann er sich - der immer ein "auf dem Weg Seiender" ist - nicht auf ein Ziel orientieren. Und Identität heißt wesentlich: Auf ein Ziel (eines Seins) hingerichtet zu sein. Das "ergibt" sich nicht einfach teleonomisch, von selbst, dann wäre es im übrigen auch gar nicht "gewollt", sondern "passiert". Von schöpferischem Menschsein könnte man also dann überhaupt nicht mehr sprechen. Und auch nicht von Freiheit.

Nur auf der Grundlage eines solchen transzendenten Weltbildes und dynamischen In-der-Welt-Seins vermag sich Freiheit (und damit Geschichtlichkeit) zu entfalten, und das heißt aus dem Vorhandenen heraus Gestalt anzunehmen. Die wesensnotwendig schöpferisch ("neu") ist, weil sich die Freiheit sonst widersprechen würde, sie eben nicht mehr gegeben wäre. Selbstverwirklichung als humaner Akt ist immer die Verwirklichung eines Wesens, das einem voraus (weil zugrunde) liegt, zu dem eine Distanz erfahren wird.

Jemandem also zu sagen, er sei in jedem Fall "ganz" er selbst, würde so genügen, heißt also, ihn zu verführen oder anzuleiten, auf jede Reifung (und damit auf Wachstum der Welterkenntnis) zu verzichten.

Im Allgemeinbegriff hat sich aus der historischen Erfahrung eines Sprachraumes (und Volkes) eine Aussage über dieses Wesen gebildet. Und entsprechend hat sich jeder danach auszustrecken, völlig unabhängig von seinem physischen, faktischen Geschlecht. Es hat seinen tiefen Grund und seine tiefste Berechtigung, wenn die Allgemeinbegriffe in weiblicher oder männlicher Form gebildet wurden. Und nicht zufällig oft zwischen Völkern verschieden. Das relativiert nicht die Wesensbilder, löst sie auf, sondern verwirklicht einen realen Aspekt, der hier und mit Grund hier so verwirklicht wurde und wird, aufbauend auf der Erfahrung Zahlloser von geglücktem Leben. (Noch dazu, wo KEINE Bildung eines Selbst OHNE diese Zugesprochenheit - schon im Namen passiert sie, auch das übrigens als Wesens-Imperativ - überhaupt stattfinden kann. Denn wir empfangen uns! Wir machen uns nicht selbst.)

Hier kommen wir in einen Bereich, den man vielleicht nicht vermuten würde - in die Hintergründe des Gendering. Warum? Weil die Eliminierung von Allgemeinbezeichnungen genau das verhindern möchte. Sie wirft den Menschen aus dem transzendenten Bezug auf ein Wesen auf den faktischen Bezug des Konkreten, und will ihn darin halten. Sie spricht genau niemanden mehr an. Identität aber entsteht aus der Angesprochenheit.²

Wenn es heißt "der Student" (womit immer Studenten beider Geschlechter gemeint waren) so gibt dieses Wort zugleich eine Wesensform vor, die für jeden männlichen wie weiblichen Studierenden Sinnuntergrund seiner realen Tätigkeit, seiner Identität ist. Mit "Student_innen" wird dieser transzendente Bezug eliminiert, und auf das faktische Konkrete reduziert. Er verliert damit seine identitätsbildende Kraft, und regt in den Studierenden eine Haltung an, die sich ins Faktische hinein zurückkrümmt, weshalb sich jedes (!) konkrete Bild auflöst, Persönlichkeit damit nicht gebildet wird, weil Identität diffundiert, zufällig und voluntaristisch, von jedem neu zu "erfinden" wird, was bei Identität überhaupt nicht möglich ist, weil sich jede konstruierte Identität nicht nur im Vorhandenen einschließt, sondern solche Bilder keine reale Identitätskraft haben. Solcherart "Identifizierte" müssen sich pausenlos "behaupten". 

Der Kommunikationswahn über die entsprechenden Instrumente - social media - ist exakt dieses Selbsthalten in dieser Identität, die keinen Grund in der Wirklichkeit findet, weil jede Wirklichkeit nur fundiert ist, wenn sie sich aus dem transzendenten Wesensbild heraus nährt.

Die Benennung dieser Wesensbilder "DER Student" in seiner Geschlechtlichkeit hinwiederum ist zwar historisch relativ, das stimmt, aber es sagt damit nicht weniger über seine Absolutheit aus. Weil es die Stellung einer Sprachgemeinschaft, eines Volkes ZU einem Wesensbild aussagt. Auch der dagegen Opponierende steht genau IN dieser historischen Gemeinschaft, und auch er (obwohl er das Gegenteilige oft glaubt) bezieht seine Identität exakt AUS DIESER Festlegung. 

Mit zahlreichen weiteren Implikationen, die Aussagen zur Wesenhaftigkeit und Konstitution der Welt selbst sind. Denn diese Wesensbilder sind aus ihrer Natur heraus männlich. Sodaß sehr wohl auch das Weibliche seine Konstitution ALS WORT (bzw. aus dem Wort heraus) aus dem Männlichen heraus bezieht. Um nichts weniger, als der Mann, der ebenfalls erst zum Mann WERDEN muß. Er hat der Frau damit also nichts voraus.



Morgen Teil 2) Der Papst als Obergenderist



*Das berührt direkt das Problem der Ideologisierung, auch im vermeintlich "Richtigen".

²Nun könnte man sagen: Halt, im Gegenteil, Student_innen zu sagen spricht ja erst beide ("alle") Geschlechter an? NEIN. Denn wer nicht ALS jemand zuerst angesprochen wurde, und zwar als Wesensbild, kann diese Identifizierung mit einer Angesprochenheit gar nicht mehr herstellen. (Wobei in Wahrheit die Gendersprache sich selbst eliminiert, weil sie eine Umdeutung ihrer Begriffe als Symbole erfahren wird, aber das führt hier zu weit.) Und gleichzeitig nimmt er der Geschlechtswerdung das, was sie erst werden läßt: die Selbstüberschreitung in die begegnende Wirklichkeit hinein (die nur "als jemand" möglich ist, also mit angenommener, zugesprochener, also "fester" Identität), die nur passiert, wenn einem außenliegenden Wesen gemäß - dem Allgemeinbegriff - überschritten wird. Nur auf diesen bezogen läßt sich deshalb Individualität und persönliche Spielart überhaupt entwickeln. Was also auf jeden Fall gelingen wird ist die Eliminierung der Geschlechtsidentität überhaupt. Aber damit wird der Weg zur Selbstwerdung versperrt. Und damit zur Freiheit. Und damit - zum Schöpferischen.





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