Kaum aber ein Musikstück erscheint dem Verfasser dieser Zeilen so verlogen, wie Dvorak's 9. Symphonie "Aus der neuen Welt". Dvorak, der selbst aus Amerika zurückkam, wohin er zuerst auswandern wollte, aber dann bekennen mußte, restlos enttäuscht zu sein, überhöht damit das von ihm faktisch Gesehen ins Epische. Und das mißlingt.
Es wird ein eindrucksvolles Musikstück, gewiß, das aber aus europäischer Überformung lebt, die die Wirklichkeit, die Dvorak erlebt hat, überhöht, irrealisiert. Dieses Amerika der Hoffnung und Zukunft gibt es nicht.
In seiner 9. Symphonie schafft sich Dvorak eine Welt, die er erhofft und erträumt hatte, die aber nicht passiert ist. (3. Satz!) Er nimmt also auf, was er gesehen hat, bis hin zu den Negroe-Spirituals am Mississippi, aber er selber hat alledem, nachdem er es erlebt hat, keine Zukunftskraft beigemessen. Er hätte sie nur gerne gehabt. Das ergibt diese Ähnlichkeit im Gestus zur "Moldau" von Smetana, der die Geschichte des Flusses als Symbol für eine neu aufbrechende Zukunft erzählte. Dworak wollte das, was dem tschechischen Volk im Willen brannte. Er wollte es sehr. Und so hat er das Idealbild des (nie so erlebten) Amerika in eine Utopie für eine neue, utopische Tschechei umgemünzt.
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